Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
wie der Wicht einen Becher mit dem Gebräu füllte. »Nu schmetter schon.«
    »Tu, was der Zwerg sagt«, fiel Isabella ein.
    Vitus hob den Becher an die Lippen und merkte, wie seine Zähne gegen den Rand schlugen. Er fühlte sich tatsächlich ziemlich elend.
    Isabella sagte: »Bei den alten Meistern steht, du sollst schwitzen, am ganzen Körper schwitzen, und darfst auf keinen Fall kalte Füße haben.«
    »Ja, ja, schon richtig«, knurrte er.
    Der Zwerg füllte den Becher nach und wisperte: »Schmetter schnell. Der Kräuterplempel is schon lau. Un hör nich auf die Metze, auch wennse mir alles nachplappert.«
    »Was hast du eben gesagt, Zwerg?« Isabella hatte feine Ohren.
    »Nix, du Schlitzhase! Bin sowieso schon wech. Wenn du noch was für’n Örl stechen willst, Schlitzhase, sach Bescheid. Für’n Örl geb ich alles. Adjö.« Der Kleine hüpfte zur Tür hinaus.
    Vitus seufzte und legte sich hin. Er hatte beschlossen, Isabella einfach nicht zu beachten, doch das war leichter gedacht als getan, denn sie sprach pausenlos mit ihm, fragte ihn, ob er noch mehr von dem Trank wolle, ob er eine zweite Decke wolle, ob er kalte Umschläge für die Stirn wolle und so weiter.
    Irgendwann fauchte er sie an: »Lass mich in Ruhe, ich habe nicht mehr als einen kleinen Schnupfen und ein wenig Fieber. Je weniger du sagst, desto schneller werde ich genesen.« Aber während er sie anpfiff, begannen seine Zähne wieder zu klappern und Kälteschauer über seinen Rücken zu laufen.
    Sie ging nicht auf ihn ein. »Es ist nicht gerade warm in der Kammer«, sagte sie. »Ein Kohlenbecken wäre gut, aber wir haben keines. Ich werde den Capitán darum bitten.«
    Er wollte protestieren, aber sie war schon fort.
    Wenig später kam sie mit einem Matrosen, der vorsichtig ein brennendes Kohlenbecken auf einem Dreibein trug. Sie sorgte dafür, dass er es in Vitus’ unmittelbarer Nähe abstellte, damit die Wärme auf seinen Körper abstrahlen konnte. Als der Matrose gegangen war, fragte sie: »Schwitzt du schon?«
    »Mich friert.« Er war ihre Fürsorge leid und drehte sich zur Wand. Er wollte schlafen, aber er wurde abgelenkt. Kleiderrascheln drang an sein Ohr. Was hatte das zu bedeuten? Er schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen.
    Doch das Gegenteil trat ein.
    Plötzlich merkte er, wie sie seine Bettdecke anhob und zu ihm in die Koje kroch. Er fuhr hoch, wurde aber wieder in die Kissen gedrückt. »Ich lege mich an deinen Rücken«, sagte sie. »Der Hautkontakt ist wichtig. Aber keine Angst, ich werde dich nicht unsittlich berühren. Ich will dich nur mit meinem ganzen Körper wärmen.«
    Er grunzte irgendetwas. Es sollte abweisend klingen, aber es hörte sich eher zustimmend an. Der Grund dafür war ihre betörende Nähe. Der Duft ihres Haars und ihrer Haut. Dennoch war es unmöglich, was sie tat.
    Aber es war sehr angenehm.
    Und wenn es zehnmal angenehm war: Es ging nicht. »Verlasse meine Koje.«
    Statt ihm zu gehorchen, drückte sie sich fester an ihn. Er spürte, dass sie nackt war. »Verlasse meine Koje … bitte.«
    »Nein.«
    Da war es wieder, ihr hartes, trotziges Nein. Stets widersetzte sie sich damit seinen Wünschen. Aber wünschte er wirklich, dass sie seine Koje verließ? »Ich muss schlafen.«
    »Ist dir jetzt wärmer?«
    »Äh, ja.«
    »Dann schlafe … Liebster.«
     
     
     
    Am Sonntagmorgen bei sechs Glasen schlug Vitus die Augen auf. Der Klang der Schiffsglocke hatte ihn geweckt.
    »Fühlst du dich besser?«, fragte Isabella.
    »Ja«, sagte er und musste an die vergangene Nacht denken. Viel wusste er nicht mehr über sie, nur dass er immer dann, wenn er wach wurde, Isabellas wärmenden Körper in seinem Rücken gespürt hatte. Trotz aller Bedenken, die ihm gekommen waren, hatte er sie gewähren lassen. »Ich glaube, ich bin wieder gesund. Habe ich draußen etwas verpasst?«
    »Die Morgenandacht im ersten Tageslicht. Capitán Steel hat sie gehalten und irgendeinen Unsinn erzählt von einem Mond, der seinen Schein verlieren wird. Genau konnte ich es durch die Wände nicht hören.«
    Vitus wollte aufstehen und merkte, dass er nackt war. »Gib mir meine Wäsche. Sie müsste inzwischen trocken sein. Dreh dich um und bleibe so, sonst …«
    »Was sonst?« Isabella schob ihr schönes Kinn vor.
    »Nichts. Dreh dich um.«
    Sie gab ihm die Wäsche und wandte sich ab.
    Er zog sich an und spürte den trockenen Stoff auf seiner Haut. Der Stoff fühlte sich bei weitem nicht so angenehm an wie Isabellas Haut. »Es ist ein

Weitere Kostenlose Bücher