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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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verantworten hatte. Er war als Cirurgicus an Bord der
Camborne
gekommen, und als solcher hatte er alles zu tun, um die beste ärztliche Versorgung für Kranke und Verwundete sicherzustellen. Dazu gehörte nicht nur die Vorbereitung auf alle Eventualitäten – diesbezüglich glaubte er, umfassend vorgesorgt zu haben –, dazu gehörte auch ein gesunder Arzt. Und gesund fühlte er sich im Augenblick nicht. Ihn fror, er hatte kalte Füße, und er zitterte. Außerdem hatte er trotz der Wachstuchkleidung keinen trockenen Faden mehr am Leib. Er brauchte dringend frische, warme Leibwäsche, und um die zu bekommen, würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als seine Kammer aufzusuchen. Seine Kammer, in der Isabella sich breitmachte.
    »Mir reicht’s erst einmal, McQuarrie«, sagte er. »Ich gehe in meine Kammer.«
    »Aye, Sir.« Der Schotte grinste. »Einen schönen Gruß an Lady Nina.«
    »Danke.« Vitus verließ das Kommandantendeck.
    Er hatte nicht die Absicht, den Gruß auszurichten.
     
     
     
    Isabella saß am Tisch und las im Schein einer Laterne ein Buch. Als er eintrat, blickte sie auf und zeigte ihre schönen Zähne. »Da bist du ja endlich, wo warst du letzte Nacht?«
    Er trat näher und sah, dass sie sich in das Buch
De morbis
vertieft hatte. »Das ist mein Buch!«
    »Natürlich ist es dein Buch. Dadurch, dass ich darin lese, stehle ich es dir nicht.«
    »Was hast du damit zu schaffen?«
    »Ich finde es höchst interessant. Besonders, was die alten Meister bei einer Erkältung anraten.«
    »Das weiß ich selbst.«
    »Du hältst dich aber offenbar nicht daran. Dass bei dir ein Schnupfen im Anmarsch ist, sieht ein Blinder. Zieh das nasse Zeug aus. Wie kannst du nur in diesem Zustand draußen herumlaufen.«
    »Ich bin nicht draußen herumgelaufen, ich habe die Armada gesehen.«
    »Was? Wieso sagst du das erst jetzt? Wie groß ist sie? Wohin segelt sie? Was hat sie vor?«
    Er zog den nassen Mantel aus und hängte ihn an einen Haken. »Dass sie in Sichtweite ist, müsstest du eigentlich auch unter Deck mitbekommen haben. Nun, vielleicht hat es am heulenden Wind gelegen.«
    »Du sollst mir mehr über die Armada erzählen!«
    »Sie ist gewaltig. Nur der Himmel weiß, ob wir sie je besiegen können.«
    »Das ist es, was ich immer sage! Niemand kann unserer Seemacht etwas entgegensetzen. Sei froh, dass du mit mir verheiratet bist, als Mann einer Spanierin wird es dich nicht den Kopf kosten.«
    »Lächerlich!« Er zog weitere Kleider aus und hielt dann inne. »Dreh dich um, ich möchte frische Leibwäsche anziehen.«
    »Gern, Liebster.« Wider Erwarten gehorchte sie prompt.
    Er zog den Rest seiner Wäsche aus und grub in seiner Kiepe nach langer Unterhose und Unterhemd.
    »Findest du nichts Passendes?«
    Er fuhr hoch und sah, dass sie sich umgedreht hatte. »Was soll der Unsinn!«
    »Du siehst … gut aus.«
    Er nahm ein Stück der nassen Wäsche und hielt es sich vor seine Blöße. »Wenn wir schon dazu verdammt sind, in einer Kammer zu hausen, sollten wir wenigstens die Grundregeln des Anstands beherzigen.«
    »Ich bin aber nicht anständig.« Sie griff nach einem trockenen Tuch und begann mit der größten Selbstverständlichkeit, ihm den Leib abzureiben. »Du wolltest doch wohl nicht nass in die neuen Kleider steigen?«, fragte sie vorwurfsvoll. »Damit machst du den Schnupfen nur noch schlimmer.«
    Er schwieg, denn natürlich hatte sie recht. Außerdem war es nicht unangenehm, von ihr umsorgt zu werden. Er würde sie gewähren lassen, sich dann in seine Koje legen und eine Mütze voll Schlaf nehmen. Spätestens morgen, so sah es aus, würde es zum Kampf mit den Dons kommen. Dann musste er wieder einsatzfähig sein.
    »Bleib, wie du bist«, sagte sie, »ich bin gleich wieder da.«
    Wohin willst du denn bei dem Wetter?, wollte er rufen, aber sie war schon draußen.
    Nur Minuten später war sie wieder da, jedoch nicht allein, sondern in Begleitung des Zwergs. Der Winzling hüpfte über das Süll und knallte eine irdene Kruke auf den Tisch. »Obacht un wahrschau, Örl«, fistelte er, »der Trank is hitzich wie’s Feuer im Funkhartl. Kräuter sin drin, Weidenrinde un Kamille un Sonnenhut, sollst schwitzich sein un warme Treter ha’m, bis der Schnüffler perdu is.«
    »Danke, Zwerg.« Vitus fühlte, wie ihm ein Kälteschauer über den Rücken fuhr. »Ich lege mich ein wenig hin, dann geht es wieder.«
    »Nix da! Blausinn. Sollst erst den Trank schmettern.«
    Vitus fügte sich. Er nahm auf der Koje Platz und sah zu,

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