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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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ihn persönlich zu begrüßen und in seine Kajüte schaffen zu lassen. Vitus überwachte den Transport und wies Stonewell an, die beiden Matrosen in die Behandlungsräume unter Deck zu bringen.
    In der Kajüte wollte Steel umgehend damit beginnen, Don Pedro nach den weiteren Absichten der Armada zu befragen, doch Vitus ging dazwischen: »Mit Verlaub, Captain, zuerst muss die Wunde des Patienten versorgt werden.«
    »Natürlich, natürlich.« Jetzt war es an Steel, beleidigt zu sein, doch immerhin zog er sich ohne weiteren Kommentar in den Hintergrund seiner Kajüte zurück, wo ein paar hochprozentige Tropfen seiner harrten.
    Vitus sorgte dafür, dass Don Pedro bequem, aber fest auf einem Stuhl saß, gestützt von zwei kräftigen Helfern. Dann begann er mit seiner Behandlung. Zunächst löste er den Notverband und griff zum Schermesser. Vorsichtig rasierte er großzügig den Wundbereich. Es folgte das Auswaschen der Verletzung mit klarem Wasser. Anschließend nahm er einen sauberen Faden, aus dem Darm des Hochlandschafs gemacht, und zog ihn auf eine gebogene goldene Nadel. »Ich werde jetzt die Wundränder mit mehreren Stichen zusammennähen, Don Pedro.«
    Der Spanier stimmte zu, indem er kurz die Lider senkte.
    Vitus setzte behutsam Stich für Stich und fragte zwischendurch: »Sind die Schmerzen auszuhalten, Don Pedro?«
    »Nicht der Rede wert.« Die Art, wie der Spanier es sagte, strafte seine Worte Lügen.
    Vitus ging nicht näher darauf ein, sondern konzentrierte sich weiter auf seine Arbeit. Als er fertig war, verknotete er den Faden an beiden Wundenden, strich Zinksalbe auf die Verletzung und verband sie sorgfältig. Don Pedro sah aus wie ein türkischer Turbanträger. Als würde er es ahnen, verlangte er kurz darauf nach einem Spiegel und betrachtete sich eingehend darin. »Ich sehe aus wie Ali Pascha während der Seeschlacht von Lepanto«, meinte er nicht ohne Humor.
    Steel erschien wieder auf der Bildfläche und wollte Wichtiges besprechen: »Don Pedro«, sagte er, »unsere beiden Flotten bekämpfen einander, und solange kein Sieger feststeht, werdet Ihr wohl oder übel an Bord meines Schiffs bleiben müssen. Wenn Ihr mir Euer Ehrenwort als Offizier gebt, weder Sabotage-, noch Spionage- oder irgendwelche Umsturzversuche zu unternehmen, könnt Ihr Euch an Bord der
Camborne
frei bewegen und seid auch abends an meiner Tafel willkommen. Nun, wie steht es?«
    Don Pedro blickte Steel aus seinen olivdunklen Augen an und sagte zunächst nichts. »Was passiert, wenn ich Euch mein Ehrenwort verweigere?«
    »Werde ich Euch in Ketten legen lassen müssen.«
    Wieder schwieg Don Pedro eine Weile. Er schien einen innerlichen Kampf auszufechten. Dann sagte er ruhig: »Ihr habt mein Wort als spanischer Edelmann und Offizier.«
    »Danke, das genügt mir, Don Pedro.« Steel schüttelte dem Spanier die Hand und wirkte erleichtert. »Die Frage nach einer Unterkunft für Euch ist leider weniger leicht zu lösen. Ihr werdet mit meinen Offizieren McQuarrie und Abbot eine Kammer teilen müssen. Leider kann die
Camborne
es an Größe nicht mit Euren riesigen Galeonen aufnehmen.«
    »Ich bin Soldat«, sagte Don Pedro knapp. »Für Luxus ist im Krieg kein Platz.«
    »Freut mich, dass Ihr das auch so seht!«
    Vitus sagte: »Für trockene Kleidung und eine warme Koje wird dennoch gesorgt werden, Don Pedro.« Er musste an die vergangene Nacht denken, in der Isabella ihn von hinten umschlungen und gewärmt hatte. Ihr verdankte er es, dass die Erkältung sich nicht entfaltet hatte und er sich schon wieder fast gesund fühlte.
    »
Gracias,
Sir Vitus«, sagte Don Pedro, nicht wissend, dass Vitus ein Conde war und korrekt mit »Mylord« angesprochen werden musste.
    »›Sir‹ genügt, Don Pedro«, sagte Vitus. »Wir wollen die Sache nicht komplizierter machen, als sie ist.«
    Der Spanier nickte ernst. »Wie Ihr meint – Sir.«
    Steel steckte die Nase aus seiner Kajütentür und rief nach einem Läufer. Als dieser erschien, erhielt er Weisung, den spanischen Admiral zu McQuarries und Abbots Kammer zu begleiten und ihm alles für seinen persönlichen Bedarf zur Verfügung zu stellen. Don Pedro – jeder Zoll ein Grande – bedankte sich für die Gastfreundschaft, wehrte jegliche Hilfe beim Gehen ab und folgte dem Läufer mit kleinen, kontrollierten Schritten. Steel schnaufte zufrieden, schenkte sich ein großes Glas Brandy ein und rief ihm leutselig hinterher: »Wir sehen uns beim Dinner, Don Pedro!«
     
     
     
    Das Dinner in Steels

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