Die Liebe des Wanderchirurgen
geglaubt. Er hatte geglaubt, sie habe sich geändert, er hatte geglaubt, sie wolle ein neues Leben beginnen, er hatte geglaubt, sie liebe ihn. Nichts von alledem traf zu. Sie hatte ihn auf das schändlichste hintergangen und lächerlich gemacht. »Ich danke Euch, Don Pedro«, sagte er nochmals. »Ihr wisst gar nicht, wie sehr Ihr mir die Augen geöffnet habt.«
»Da bist du ja endlich, Liebster.« Isabella lag in ihrer Koje und las im Ärztebuch
De morbis.
»Du darfst mich nicht so lange allein lassen, auch wenn es draußen stürmt und du dort sicherlich furchtbar Interessantes zu tun hast.«
Vitus stand in der Tür und sah aus wie ein Rachegott.
»Jesus und Maria, was machst du denn für ein Gesicht, Liebster? Ist irgendetwas passiert?«
»Du bist ab heute krank«, sagte Vitus kalt.
Isabella lachte. »Wenn das so ist, habe ich ja gerade das richtige Buch zur Hand. Aber im Ernst, Liebster, was ist denn los?«
»Du bist ab heute krank und wirst diese Kammer bis zum Ende der Mission nicht mehr verlassen.« Vitus hatte unter Abwägung aller Aspekte entschieden, dass es das Beste sei, Isabella auf dem Schiff zu isolieren. Eine Krankheit war dafür die geeignete Begründung.
Ihre fröhliche Miene verdüsterte sich. »Das ist nicht dein Ernst, Liebster?«
»Doch. Noch nie war mir etwas so ernst. Es wird in Zukunft nur noch zwei Personen geben, mit denen du Kontakt hast, und das sind der Zwerg und ich. Der Zwerg wird dich mit Essen versorgen, und ich werde dich als Arzt von Zeit zu Zeit der Form halber besuchen. Das ist alles, was du von dieser Fahrt noch erwarten kannst.«
»Jetzt hör aber mal auf …«
»Ich werde dich nach unserer Rückkehr in England vor ein Kriegsgericht stellen lassen, das dich als Spionin und Verräterin aburteilen wird.«
»Und warum, wenn ich fragen darf?«
»Weil du hinter meinem Rücken intrigiert hast und das Schiff in deine Gewalt bringen wolltest. Dafür wirst du hängen!«
Isabella sprang auf. Eben noch von liebreizender Freundlichkeit, schossen ihre Augen jetzt Blitze. »Gar nichts werde ich. Ich werde wohl noch für mein Land kämpfen dürfen! König Philipp II . würde mich …«
»Philipp II . ist nicht hier und kann dir nicht helfen. Auch Don Pedro, der ein Ehrenmann ist und dein abscheuliches Ansinnen abgelehnt hat, wird dir nicht helfen. Du wirst hier in der Kammer bleiben, bis wir in England sind. Du wirst das ansteckendste Fieber haben, das es auf dieser Welt gibt: das Schwarze Erbrechen. Du wirst damit schwer darniederliegen und völlig handlungsunfähig sein. Das werde ich Captain Steel zu meinem größten Bedauern mitteilen müssen.«
»Nein!«
»Doch!« Vitus konnte nicht umhin, eine gewisse Genugtuung zu empfinden. »Du wirst keinen Schritt aus dieser Kammer tun können, denn ich werde dafür sorgen, dass die Tür mit einem Wachtposten besetzt wird – im Interesse der Besatzung, die selbstverständlich nicht angesteckt werden darf.«
»Nein … bitte!«
Vitus begann seine Kiepe zu packen. Da er nicht viele Habseligkeiten besaß, war er schnell damit fertig. »Ich werde für den Rest der Reise nach unten ziehen, in die Behandlungsräume für die Kranken. In einer Kammer mit dir könnte ich nicht mehr atmen.« Er verschloss die Kiepe und ergriff den wehrhaften Wanderstock. Dann blickte er auf und erstarrte.
Isabella lag auf ihrer Koje, den Rock bis zur Taille gerafft und die Beine weit gespreizt. Sie lächelte mit halb geschlossenen Augen.
»Gib dir keine Mühe«, sagte er ungerührt. »Deine Waffen sind stumpf geworden.«
»Bitte … Liebster.«
»Und nenne mich nie wieder Liebster. Ich müsste dich dann Hure nennen.«
Er wandte sich zur Tür und ging hinaus in den Sturm.
Eine halbe Stunde später erschien Vitus in den Behandlungsräumen der
Camborne.
Das Rollen und Stampfen des Schiffs hatte nochmals zugenommen. Dennoch war Stonewell zugegen und versah seinen Dienst.
Nach einer kurzen Begrüßung und einem ebenso knappen Rapport von Stonewell über den Zustand der Kranken fing Vitus damit an, seine Sachen in den Regalen des Behandlungsraums unterzubringen.
»Wollt Ihr etwa hier einziehen, Sir?«, fragte Stonewell ungläubig.
Vitus erklärte ihm, dass seine Gattin das Schwarze Erbrechen habe und unter Quarantäne stehe. Captain Steel habe bereits einen Posten vor die Tür der Kammer beordert.
»Mein aufrichtiges Beileid, Sir«, sagte Stonewell. »Aber seid Ihr sicher, dass es sich um das Schwarze Erbrechen handelt? Wenn
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