Die Liebe des Wanderchirurgen
Entscheidung herbeizuführen.
Hauptangriffsziel war die
São Martinho,
die alsbald in ein mörderisches Gefecht mit der
Revenge,
der
Nonpareil
und der
Triumph
verwickelt war. Der Kampf wogte hin und her, die mächtige portugiesische Galeone wurde förmlich von englischen Treffern durchsiebt, doch sie kämpfte bravourös, und es gelang nicht, ihren siebenfach geplankten Rumpf zu zerstören. Im Gegenteil: Der Herzog von Medina Sidonia schaffte es, dem geballten Angriff zu widerstehen und sich mit den ihn begleitenden Schiffen abzusetzen.
Doch die Engländer ließen nicht locker und stießen nach.
Meile für Meile verlagerten sich die Kämpfe nach Nordosten; die flämische Küste mit dem Ort Grevelingen rückte schon näher, als es der
São Martinho
schließlich gelang, den Hauptteil der Armada wieder um sich zu scharen und abermals einen Halbmond zu bilden.
Eine Schlappe für die Engländer, auch wenn sich herumsprach, dass die
San Juan,
die Taggarts
Falcon
auf der Höhe von La Coruña so schwer zugesetzt hatte, vor Dünkirchen sank.
Lord Seymour mit seiner
Rainbow
griff unterdessen die
São Felipe
an und schoss sie aus kürzester Entfernung zum Wrack. Obwohl die Spanier in Bergen von Trümmern und in Seen von Blut standen, lehnten sie ein Angebot zur ehrenvollen Kapitulation ab. Statt sich zu ergeben, schrien sie den Engländern Beleidigungen zu, nannten sie Feiglinge, weil sie den Enterkampf mieden, schimpften sie Angsthasen und lutherische Hühner und ließen trotzig ihre Flagge auf dem einzig noch stehenden Mast auswehen.
Die
Vanguard
unter Sir William Winters feuerte Breitseite auf Breitseite in die
São Mateo
und schoss sie waidwund.
Die
Elizabeth Bonaventure,
die noch vor Cádiz unter dem Befehl von Drake gestanden hatte, wurde von Lord Cumberland gegen die
São
Marcos
geführt, mit dem Erfolg, dass die portugiesische Galeone nach weniger als einer Stunde die Segel streichen musste.
Weitere Schiffe, wie die
La Maria Juan
vom Biskaya-Geschwader und die
La Regazona
sowie die
San Juan de Sicilia
vom Levante-Geschwader wurden in stundenlangen Kämpfen niedergerungen und schwer beschädigt.
Doch der Halbmond hielt.
Er war nach wie vor eine schwimmende Festung. Von den ursprünglich hundertdreißig Schiffen hatten die Spanier keine zehn verloren. Der hölzerne Wall bewegte sich unaufhaltsam weiter, und seine wehrhaften Flanken mit den stärksten Kriegsgaleonen schützten unbeirrt Mensch und Fracht für die große Invasion.
Steel mit seiner
Camborne
kreuzte die ganze Zeit hinter den englischen Linien und war zu der Rolle des Zaungasts verdammt. Wieder stand er mit Vitus und Don Pedro auf dem höchsten Punkt seines Schiffs und beobachtete die verbissenen Kämpfe. Lord Seymour hatte nach der Vernichtung der
São Felipe
das Gefecht wieder aufgenommen und preschte mit seiner
Rainbow
einigen Nachzüglern hinterher. Drei oder vier Schiffe waren es, die den letzten Quadratzoll Tuch gesetzt hatten, um in den Schutz des Halbmonds zu gelangen, und sie schafften es auch – nicht so sehr wegen ihrer Schnelligkeit, sondern weil im Laufe der letzten Stunde ein Sturm heraufgezogen war, der den Engländern ein gezieltes Schießen unmöglich machte.
Steel dröhnte: »Halbmond hin oder her, solange die Dons auf See sind, sind sie nicht an Land, und das ist die Hauptsache.«
»Aber sie sind nicht in die Knie zu zwingen«, entgegnete Don Pedro. »Sie sind entschlossen, ihren Auftrag auszuführen, und das werden sie auch. Ich kenne den Herzog von Medina Sidonia. Er ist loyal und von unbeugsamem Willen, er wird bis zum letzten Atemzug kämpfen.«
»Aber nicht mehr heute«, brummte Steel.
»Womit wir wieder bei einem Unentschieden wären«, sagte Vitus.
»Das kann ich gelten lassen, Sir … Nanu, was hat das zu bedeuten?« Don Pedro blickte zum Fockmast, von wo aus plötzlich seltsame Geräusche, die den Sturm übertönten, an sein Ohr drangen. McQuarrie stand dort zehn Fuß hoch in den Wanten, unverwandt zum Halbmond hinüberblickend, und blies seinen Dudelsack. Es war ein Spiel des Triumphs, denn für ihn wie für seine Kameraden stand fest, dass die Engländer wiederum drei oder vier gegnerische Schiffe zu Havaristen geschossen und somit den Sieg an diesem Tag davongetragen hatten. Zu den quäkenden Tönen, die er seinen
pipes
entlockte, erklang von verschiedenen Stellen auf dem Schiff der Gesang:
»Brave bird,
Falcon,
brave bird, fights like an eagle, fights like a knight, fights by day and fights at night …«
Auf
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