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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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zusammengestellt, das sich nach Ersatzrahen bei den anderen Schiffen »umsehen« sollte, wie sie es nannten.
    Sie hatten einen Trupp unter dem zweiten Hilfsmaaten Jack gebildet, der sich auf die Suche nach jenem Kutscher machen sollte, der Vitus bereits zwei Fässer mit Nahrungsmitteln verkauft hatte. Ihn zu finden, konnte Gold wert sein, oder besser: das Ende aller Proviantsorgen bedeuten.
    Sie hatten mit Mahon und Reffles, den beiden Geschützführern, die Culverines inspiziert und besprochen, wie und in welcher Reihenfolge die schweren Feldschlangen an Bord zu hieven seien. Sie hatten ferner erörtert, wie die Ruß- und Schlackerückstände in den Rohren am besten zu entfernen seien.
    Sie hatten einen Befehl erlassen, dass es bis auf weiteres allen verboten war, die silberne Spange der
Falcons
zu tragen, denn keiner an Bord sollte sich etwas Besseres dünken als der andere.
    Sie hatten eine Bestandsaufnahme des Brandys und des Weins durchgeführt und bei der Gelegenheit festgestellt, dass Ebbe in sämtlichen Fässern herrschte. Eine bedauerliche Tatsache, die sie Jack und seinem Provianttrupp mitteilten, verbunden mit der Order, ebenfalls Alkoholisches zu »organisieren«. Gleiches galt für Bandeisen und Rundstahl, denn der bordeigenen Schmiede fehlte es an Rohmaterial. Gleiches galt ebenso für einen Heckanker, denn der alte war spurlos verschwunden, sowie für Munition – besonders an Kugeln für die Culverines fehlte es.
    Diese und weitere Maßnahmen hatten sie innerhalb weniger Stunden in die Wege geleitet und darüber hinaus ein paar praktische Vorschläge unterbreitet, deren Sinn Vitus sofort einleuchtete. Wie ein altes Ehepaar hatten sie sich dabei abgewechselt, und McQuarrie hatte den Anfang gemacht: »Mit Verlaub, Sir, die Malerarbeiten an Deck sind nicht so wichtig.« – »Aye, sie sind nicht so wichtig, weil man mit Farbe nicht segeln kann.« – »Er macht einen seiner üblichen Scherze, Sir, er meint, wir sollten zuerst die Segel instand setzen …«
    Es war noch eine Weile so weitergegangen, auch als über den geschnitzten Falken am Bug geredet wurde: »Über die Befestigung der Galionsfigur müssten wir sprechen, Sir.« – »Er meint, über das Huhn am Bug, Sir.« – »Hoho, wieder einer seiner Witze, Sir, wenn er ›Huhn‹ sagt, meint er natürlich die Galionsfigur.« – »Aye, Sir, im Moment sieht sie aus, als würde sie nach unten schielen und die Gischt von den Wellen picken.«
    Vitus hatte das eine oder andere Mal über die beiden schmunzeln müssen. Ihre Energie war herzerfrischend, und er hatte einen Hauch der alten Zeiten gespürt.
    Gegen sechs wachte er auf, mit hungrigem Magen und schlechtem Gewissen, denn er hatte tief geschlafen. Das allgegenwärtige Klopfen, Hämmern und Fußgetrappel war nicht in sein Bewusstsein gedrungen.
    Er sprang aus der Koje, streckte die Glieder und wollte hinaus auf Deck, um das Fortschreiten der Instandsetzungen zu beaufsichtigen, pfiff sich aber selbst zurück. Er vertraute McQuarrie und Dorsey vollends, und er wollte dieses Vertrauen auch zeigen – und nicht durch kleinliches Kontrollieren in Frage stellen.
    Was konnte er stattdessen tun? Natürlich, er konnte sein Lazarett einrichten, so wie es jeder umsichtige Cirurgicus an seiner Stelle tun würde. Nur wo? Die Kammer von Doktor Hall kam dafür nicht in Frage, sie war viel zu klein, obwohl sie wenigstens ein Fenster hatte, das bei Tag für Licht sorgte. Nein, es würde wohl wieder aufs Orlopdeck hinauslaufen.
    Das Orlopdeck war das unterste Deck im Schiff, ein Ort, zu dem kein noch so kleiner Sonnenstrahl hinabreichte. Ewige Dunkelheit herrschte hier, und das Licht, das der Wundarzt für seine Operationen benötigte, musste mittels einer Reihe von Laternen hergestellt werden.
    Vitus kannte den Behandlungsraum von früher, aber dass er so beengt war, hatte er nicht mehr in Erinnerung. In der Mitte stand nach wie vor der Operationstisch, der während einer Seeschlacht hauptsächlich zur Amputation von Körpergliedern diente. Der Tisch maß ungefähr sieben Fuß in der Länge und zweieinhalb Fuß in der Breite; an seinen Seiten befanden sich mehrere kräftige Gurte, mit denen der Patient angeschnallt werden konnte, damit er bei Schmerzen nicht den Operateur durch heftige Bewegungen störte.
    Auf dem Tisch lagen mehrere Beißhölzer. Das waren Holzstücke, die dem Patienten in den Mund geschoben wurden, damit sie im Augenblick der größten Qualen daraufbeißen konnten.
    Überdies gab es einen

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