Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
Scheiße? Oder heißt du am Ende
Mierda?
«
    Die Frau sagte nichts, aber ihre Augen sprühten vor Zorn.
    »Nun, vielleicht verrätst du mir irgendwann deinen richtigen Namen, Leben scheint jedenfalls genug in dir zu stecken«, sagte Vitus auf Spanisch. Er zwängte der Frau die Zähne auseinander und betrachtete die Zunge und den Rachenraum. »Das sieht ganz zufriedenstellend aus. Soll ich weiter spanisch sprechen? Wäre dir das lieber?«
    Die Frau antwortete nicht, aber das kannte Vitus bereits. »Ich will deine Schultern und deine Arme untersuchen, am liebsten auch deinen Oberkörper, um zu sehen, ob du irgendwelche Frakturen oder Prellungen hast. Nein, keine Angst, ich komme dir nicht zu nahe. Was ist das denn?«
    Vitus zog ein Stück Papier zwischen den Falten des verschmutzten Kleiderstoffs hervor, und die Frau wollte danach greifen. Es war die erste Bewegung, die sie machte.
    »Keine Angst, ich nehme dir nichts weg.« Vitus betrachtete die Zeichnung auf dem Papier und erkannte zwei Köpfe. Einer stellte zweifellos seine Patientin dar, bei dem anderen handelte es sich um einen Männerkopf. Vitus meinte, die Gesichtszüge schon einmal gesehen zu haben, brachte aber keinen Namen damit in Verbindung. Er legte die Zeichnung beiseite und beschäftigte sich mit den Händen und den Füßen der Frau. Die Nägel waren schmutzig und sehr lang, sie machten den Eindruck, als wären sie über Monate hinweg nicht geschnitten worden. Dann sah er der Frau abschließend unter die Arme. Die Härchen in den Achseln schienen – im Gegensatz zum Haupthaar – keinen Bewohnern Quartier zu bieten. »So weit scheint alles in Ordnung zu sein. Bleibt die Frage, ob du Schmerzen, Jucken, Stechen oder sonstige Beschwerden im Unterleib spürst. Wie steht es damit?«
    Die Frau versuchte wieder, nach dem Papier mit den Köpfen zu greifen. Vitus gab es ihr. »Wenn du mir schon die Antwort schuldig bleibst, hoffe ich, dass du an dem genannten Ort ohne Probleme bist. In diesem Fall brauchst du nur einen Zuber mit Wasser, Seife und eine Schere. Und natürlich kräftigende Nahrung, allerdings in wohldosierter Form, weil du sonst alles gleich wieder von dir gibst.«
    Er ging zu seiner Kiepe und entnahm ihr eine Schere. »Als Erstes werde ich dir die Haare abschneiden. Es ist die einzige Möglichkeit, rasch und wirksam das Ungeziefer loszuwerden.«
    Die Augen der Frau weiteten sich vor Schreck.
»No! No!«
    »Es muss sein. Hast du in meinem Behandlungsraum den Tisch mit den Haltegurten gesehen? Wenn du dich wehrst, werde ich dich nach unten tragen und dort festschnallen. Du kannst es dir aussuchen. Also?«
    Die Frau schien nachzugeben, sie schloss die Augen wieder. Vitus machte ein paar große Schnitte mit der Schere, was nicht sehr gekonnt aussah, aber wirksam war. Nach kaum zwei Minuten standen der Frau nur noch Stoppeln auf dem Kopf. Sie sah überraschend männlich aus. »So, Lady Unbekannt, ich lasse dich einen Augenblick allein. Bin gleich wieder da.«
    Vitus strebte zum Bug des Schiffs, wo er den Zwerg bei der Feuerstelle traf. »Hallo, Zwerg, wie geht’s?«
    »Wui, wui, recht knäbbig, un wie strömt’s selbst?«
    »Danke.« Vitus erzählte von der Frau, denn er wusste, dass Enano schweigen konnte, besonders, wenn man ihn ausdrücklich darum bat. »Ich will, dass der Captain der Erste ist, der von der Frau erfährt, jedenfalls soll er das glauben. Verstehst du das?«
    »Wui, wui.«
    »Gut, du Wicht. Du weißt doch, dass ich in Doktor Halls Kammer einen Zuber habe, den ich hin und wieder zum Baden benutze. Ich will, dass die Frau sich säubert, deshalb brauche ich heißes Wasser, am besten gleich mehrere Eimer voll.«
    »Wiewo, alle Welt will heißen Plempel.«
    »Wie meinst du das?«
    »Nix, nix, Örl. Kannst den Plempel haben.«
    Der Winzling besorgte vier Holzeimer, die er mit Vitus’ Hilfe aus dem großen Kessel befüllte. »Wui, wui, ’s wird die Schickse lenzen, wennse im Plempel sitzt, komm, ich helf dir karrieren.«
    Gemeinsam trugen sie die Eimer nach achtern. Vor Doktor Halls Kammer sagte Vitus: »Danke, Zwerg, du bist ein guter Freund.«
    »Gickgack, Blausinn!« Der Winzling stieß die Tür auf und watschelte mit den Eimern hinein. »Glatten Schein, schöne Schickse, Enano is der Name, sollst plempeln, hat der Örl gesacht. Nu, nu, mach zu!«
    Die Augen der Unbekannten weiteten sich vor Schreck angesichts des buckligen Gnoms und seines mit rotwelschen Brocken durchsetzten Spanisch, doch schien er etwas an sich zu haben, das sie

Weitere Kostenlose Bücher