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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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noch da un das Stroh un alles.« Odder trank einen weiteren Schluck und setzte sich erst einmal.
    Langsam wurde ihm klar, dass die Frau tatsächlich fort war. Und was das für ihn bedeutete. Trennungsschmerz stieg in ihm hoch, Angst, Verzweiflung, Einsamkeit, und er tat das, was alle Säufer tun, die sich verlassen fühlen: Er trank einen kräftigen Schluck. Der Schluck war vielleicht ein wenig zu kräftig gewesen, denn Odder fiel um. Aber er behielt die Besinnung. Und weil das so war, trank er noch einen kräftigen Schluck. Und noch einen. »Nu geht’s«, sagte er, und weil sein Körper vom Alkohol so sehr geschwächt war, lehnte er sich an die Wand. Das war bequemer, und es trank sich auch leichter. »Ich seh dich, ich seh dich genau«, murmelte er. »Du hast mein Bild inner Hand, ’s is das Bild von dir un mir, un ich will jetzt deinen Namen wissen. Sach mir’n Buchstaben, mit dem er anfängt. B? Hastu B gesacht? Hihi, B wie Buchstabe, das is lustich. B … B … Is gut, Bridget, ich wusste, dass de so heißt, ich wusst’s schon beim ersten Mal.«
    Odder nahm einen kräftigen Schluck. Es war bereits die zweite Kanne, die er sich an den Mund setzte. »Un nu bist du hier un heißt Bridget, oh, Bridget …«
    Odder wollte noch mehr sagen, aber ein großer Schwindel erfasste ihn, und sein Herz klopfte plötzlich sehr unregelmäßig. Er wollte noch einen Schluck trinken, aber es war ihm nicht mehr vergönnt. Seine Organe hatten ihren Dienst eingestellt. Sein Körper hatte den Kampf gegen den Alkohol aufgegeben.
    »B … Bridget …«
     
     
     
    »Feuerbereitschaft hergestellt, Sir!«, meldete Mahon zum Kommandantendeck herauf. »Drei Culverines geladen und auf Übungsziel ausgerichtet.«
    »Na endlich!«, bellte Taggart. »Wir versuchen es mit Einzelfeuer, für Salven fehlen uns die Kugeln! Lasst nach eigenem Ermessen feuern, Mahon.«
    »Aye, aye, Sir.« Der Stückmeister eilte zurück zu seinen Männern.
    Taggart steckte die Nase in den Wind. »Es braut sich was zusammen, Cirurgicus, die Dünung wird höher. Mahon wollte unter erschwerten Bedingungen üben, vielleicht werden sie bald schwerer sein, als ihm lieb ist.«
    »Aye, Sir.«
    »Bei allen Suppenschildkröten, ich höre nichts! Wird’s bald?«, brüllte Taggart zu den Crews hinunter.
    »Feuer!« Das war Mahons Stimme.
    Ein donnernder Schuss löste sich, die
Falcon
krängte leicht, und Taggart schaute wie gebannt auf das entfernte Ziel. »Komm schon, komm«, knurrte er.
    »Daneben«, sagte Vitus bedauernd.
    »Das weiß ich selbst!« Taggart schluckte seine Enttäuschung hinunter. »Weitermachen, Männer, ich will Treffer sehen!«
    Der nächste Schuss ging ebenfalls vorbei.
    Und der übernächste auch.
    Taggart brauchte seine ganze Kraft, um nicht vor Ärger zu platzen. Äußerlich ruhig, rief er: »McQuarrie, wo seid Ihr?«
    »Hier, Sir!« McQuarrie eilte herbei.
    »Lasst halsen, alles, was Hände hat, an die Brassen. Jetzt ist Reffles mit seinen drei Crews dran. Reffles!«
    »Aye, Sir! Feuerbereitschaft der Steuerbord-Culverines hergestellt.«
    »Ausrichten, sobald McQuarrie das Manöver beendet hat. Nach eigenem Ermessen feuern!«
    »Aye, aye, Sir!« Reffles verschwand.
    Taggart stand da, zur Untätigkeit verdammt. Vitus wollte ihn etwas aufmuntern und sagte: »Bei der See ist es wirklich nicht einfach, Sir.«
    »Pah! Wir können uns weder das Wetter noch den Feind aussuchen, oder meint Ihr, ich könnte zu den Dons sagen: ›Hört mal, Leute, die See geht ziemlich hoch, sollen wir nicht lieber warten, bis sie wieder glatt ist, damit meine Crews euch besser treffen können?‹«
    »Natürlich nicht, Sir. Aber wir dürfen uns immer noch auf unsere Schnelligkeit verlassen.«
    »Feuer!« Jetzt versuchte Reffles sein Glück, aber es war ihm nicht hold. Der Schuss ging daneben.
    Der nächste traf das Übungsziel, stanzte aber nur ein Loch in das Segel.
    Der dritte und letzte Schuss ging wieder daneben.
    Taggart schäumte. Er steckte wahrhaft in der Klemme. Dies war eine Situation, die nur durch häufiges und scharfes Üben verbessert werden konnte – und dazu fehlte es ihm an Munition. »Mister McQuarrie, ich will, dass jeder Mann, der einigermaßen entbehrlich ist, sich zusätzlich auf die Suche nach Kugeln macht. Wir brauchen Kugeln für die langen Culverines, Kugeln, Kugeln, Kugeln – und wenn wir jeden Quadratfuß des Ballasts durchpflügen müssten!«
    »Aye, aye, Sir!« McQuarrie eilte davon.
    »Tja, Sir«, sagte Vitus, der an die neue

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