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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Schicksal erzählt.
    Es war eine seltsame Situation gewesen, zwei Gestalten auf dem Operationstisch sitzend, die eine – Isabella – heftig gestikulierend, die andere – Vitus – mal staunend, mal ungläubig und immer wieder empört lauschend.
    »Du willst wissen, warum ich alle Engländer hasse?«, hatte sie beim funzeligen Schein einer Laterne gefragt. »Ich werde es dir sagen, und wenn du es weißt, wird es dir genauso ergehen wie mir!«
    »Ich will es jetzt nicht wissen. Es ist spät. Wie kommst du überhaupt hierher, bist du von Sinnen?«, hatte er geantwortet.
    »Es begann alles damit, dass deine verdammten Landsleute im letzten Jahr Cádiz überfielen. Sie kamen mit ihren Seglern in unsere Bucht und schossen unsere stolzen Schiffe zusammen. Ohne Grund, einfach so …«
    »Moment, das stimmt nicht. Sie hatten sehr wohl einen Grund …«
    »Sie schossen unsere stolzen Schiffe zusammen, die wehrlos im Hafen lagen! Sie schossen die halbe Stadt in Brand! Ich war zu dem Zeitpunkt in der alten Kathedrale. Ein Munitionsdepot flog in die Luft, Hunderte von Menschen starben. Auch meine arme Mutter, die in unserer Kutsche auf mich wartete. Unschuldige Bürger liefen brennend wie Fackeln durch die Straßen! Frauen und Kinder! Ich habe es selbst gesehen, denn ich war dabei.«
    »Du hast mein Mitgefühl. Aber ich glaube nicht, dass englische Seeleute absichtlich Frauen und Kinder töten«, hatte er eingewandt.
    »Aber sie haben es getan! Ich lief von der alten Kathedrale die engen Gassen hinunter zum Hafen, denn ich sagte mir, wo Wasser ist, ist kein Feuer, doch das Feuer holte mich ein. Sämtliche Schuppen standen plötzlich in Brand. Alles war voller Rauch. Leichen lagen auf den Straßen herum, gekrümmt, verkohlt, die Münder im Todesschrei geöffnet! Ich sprang in ein Boot, um dem Inferno zu entrinnen.«
    Vitus hatte kaum glauben können, was er da hörte. Die Kunde von der Vernichtung gewaltigen Schiffsraums in Cádiz war auf der gesamten Britannischen Insel wohlbekannt, die Begleiterscheinungen für die Einwohner jedoch keineswegs. »Krieg ist immer grausam und immer ungerecht, überall auf der Welt. Ich gebe zu, es war ein unverhoffter Angriff, aber er diente einzig und allein dem Schutz Englands.«
    »Schutz? Dieser Schutz hat mich fast umgebracht! Meine kostbare Robe war gänzlich verkohlt, meine Haare und meine Augenbrauen waren versengt, meine Haut verbrannt, ich muss furchtbar ausgesehen haben, wie die liederlichste Schlampe aus dem dreckigsten Armenviertel! Wie ich in die Bucht gekommen bin, weiß ich nicht mehr, ich weiß nur, dass der Alptraum irgendwann vorbei war, als man mich auffischte.«
    »Wer hat dich gerettet?«
    »Engländer. Männer dieses Schiffs unter Capitán Taggart.«
    »Was du nicht sagst! Da siehst du, dass man nicht alle Menschen über einen Kamm scheren kann«, hatte er erwidert.
    »Taggart mag eine Ausnahme sein. Er hat zwar ungehobelte Manieren und weiß sich einer Dame gegenüber kaum zu benehmen, aber insgesamt behandelte er mich recht anständig. Allerdings erst, nachdem ich ihm gesagt hatte, wer ich bin.«
    »So, so.«
    »Er weigerte sich doch tatsächlich, den Kurs zu ändern und mich umgehend zurück nach Cádiz zu bringen! Wenn ich meine Dienerschaft bei mir gehabt hätte, hätte ich ihn auspeitschen lassen.«
    »Aber so ist der Captain noch einmal davongekommen.« Vitus hatte sich ein Grinsen nicht verkneifen können. Die Vorstellung, der alte Seebär würde von irgendwelchen verweichlichten Lackaffen mit einer Peitsche bearbeitet, war zu komisch gewesen.
    »Er sagte mir, ich befände mich auf direktem Weg in Feindesland, und wies mir eine Kammer zu. Es war die Kammer neben deiner. Sie gehörte einem Ungeheuer namens Pigett. Pigett kehrte mir gegenüber zunächst den vollendeten Hidalgo heraus – ihr Engländer würdet wohl Gentleman sagen –, doch später versuchte er immer öfter, mich nachts zu ›besuchen‹. Ich beschwerte mich bei Capitán Taggart, aber Pigett beteuerte seine Unschuld. Sein Wort stand gegen das meine, und Taggart, dieser Barbar, unternahm einfach nichts.«
    »Na, na, Captain Taggart ist kein Barbar, immerhin hat er dich auffischen lassen. Ohne ihn würdest du nicht hier sitzen«, hatte Vitus entgegnet.
    »Capitán Taggart hat mir das Blaue vom Himmel erzählt! Seine Behauptung, ich befände mich auf direktem Weg in Feindesland, war eine Phrase – um nicht das Wort Lüge zu gebrauchen. Erst segelte die
Falcon
mit dem Geschwader nach Lagos,

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