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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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dann nach Sagres, dann zum Kap São Vicente, wo sie wochenlang weitere Schiffe unseres guten Königs vernichtete, immer vor Portugals Küste und immer nur wenige Meilen von Cádiz entfernt, dann machte sie einen Abstecher zu den Azoren, wo sie
El Dragón,
diesem Scheusal, half, einem Kauffahrteischiff aufzulauern.«
    »Es war die portugiesische Karacke
San Felipe
«, hatte Vitus eingeworfen. »Sie führte Waren im Wert von hundertfünfzehntausend Pfund mit sich und wurde von
El Dragón,
wie du Sir Francis Drake zu nennen beliebst, als Prise genommen. Unsere Königin erhielt davon einen nicht unerheblichen Anteil.«
    »Möge sie an dem Geld ersticken!«
    »Beherrsche dich! Unsere Königin Elizabeth ist eine starke, bewundernswerte Frau, die ihren Weg geht.«
    »Mag sein, ich kenne sie nicht. Vielleicht hätte ich sie kennenlernen können, als ich endlich in England war. Portsmouth heißt der Hafen, in dem die
Falcon
festmachte. Capitán Taggart, immerhin, war so großzügig und gab mir einen Betrag Geldes gegen einen Schuldschein, den ich ihm ausstellen musste. Zwanzig Pfund waren es.«
    »Zwanzig Pfund?« Vitus hatte gestaunt. »Das ist ein kleines Vermögen!«
    »Ich kaufte mir neue Kleider und stieg in der besten Herberge der Stadt ab. Gleichzeitig versuchte ich, Kontakt zu dem spanischen Gesandten in London aufzunehmen, aber sei es, dass er ein Bauerntölpel ist und mit dem Namen Pilar y Ribera nichts anfangen konnte, sei es, dass es ihn schon gar nicht mehr bei Hofe gab, in jedem Fall wartete ich mehrere Wochen vergebens auf Hilfe.«
    »Hast du dich nicht selbst um eine Passage nach Spanien gekümmert?«
    »Ich? Mich selbst gekümmert? Du machst wohl Witze?«
    »Nun ja, auch wenn du es versucht hättest, wärst du wohl nicht erfolgreich gewesen. Die Verbindungen zwischen deinem Land und meinem Land sind seit über einem Jahr gekappt, die einzige Chance wäre wohl ein neutraler Segler gewesen. Vielleicht ein Däne oder ein Schwede.«
    »Ich wäre niemals mit einem Segler aus Dänemark oder Schweden gefahren. Dort versteht man nichts von Seefahrt!«
    »Natürlich. Wenn du es sagst.«
    »Ich war vielleicht zwei oder drei Monate in Portsmouth, als ich mehr und mehr von raffgierigen Gestalten belästigt wurde, die behaupteten, sie seien Gläubiger von mir. Die Ersten warf der Herbergswirt noch vor die Tür, die Nächsten nicht mehr, denn er war selbst unter ihnen. Sie alle behaupteten, ich wäre ihnen etwas schuldig. Dabei hatte ich mich die ganze Zeit auf das Wenigste beschränkt.«
    »Das kann ich mir lebhaft vorstellen.«
    »Du brauchst dich gar nicht lustig über mich zu machen. Jedenfalls war meine Barschaft erschöpft, und da traf es sich gut, dass eines Tages ein Matrose von der
Falcon
bei mir in der Herberge auftauchte, einen Gruß von Capitán Taggart ausrichtete und mich an Bord zu einem Abendessen einlud.«
    »Nanu?« Vitus hatte sich gewundert. »Der Captain weilte doch zu jener Zeit auf der Isle of Wight, um seine Kniebeschwerden auszukurieren?«
    »Das sollte ich noch früh genug erfahren. Man hatte mich grausam getäuscht. Kaum war ich an Bord, zerrte man mich unter Deck, schlug mich brutal und … und …« Isabella hatte zu schluchzen begonnen. »Ich … oh, es war so furchtbar!«
    Vitus hatte den Arm um Isabella gelegt, denn sie tat ihm wirklich sehr leid, den Arm dann aber schnell wieder fortgenommen – aus Sorge, sie könne seine Geste falsch verstehen.
    »Man … man warf mich in den Raum, in dem du mich gefunden hast. Es war die Hölle, die Hölle …« Isabella hatte hemmungslos geweint, und Vitus hatte keine andere Möglichkeit gesehen, als den Arm wieder um sie zu legen.
    »Und dann kam er – Pigett. Plötzlich stand er mit einer Laterne vor mir, schmierig grinsend, die Hose schon heruntergelassen. Er … Er fummelte an seinem Ding und sagte, es wäre nun endlich an der Zeit, ihn als Besucher zu ›empfangen‹. Oh … es war so demütigend, so … so … widerwärtig!« Isabella hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und für Minuten die Fassung verloren. Vitus hatte sie nicht zu beruhigen vermocht, obwohl er sie wie ein Kind hin und her wiegte.
    Irgendwann hatte sie weitergesprochen: »Von da an musste ich allen Matrosen zu Willen sein, immer wieder, am meisten aber Pigett, diesem Schwein! Erspare mir, dir zu erzählen, was ich alles machen musste, um die niederen Begierden dieser Bestien zu befriedigen. Sie haben mich behandelt wie ein Stück Vieh, mich, Isabella del Pilar

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