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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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ich möchte meinen Beitrag leisten, wenn Euer Bein abgenommen wird.«
    »Woher wisst Ihr, dass mein Bein abkommt, hattet Eure Segelohren wohl schon wieder hinter der Tür aufgespannt?« Trotz der streitbaren Worte klang Taggart matt.
    Vitus sorgte dafür, dass Taggarts verletztes Bein mit größter Vorsicht vom Kartentisch heruntergenommen und auf einem bereitgestellten Schemel plaziert wurde. »Macht Euch keine Sorgen, Sir, entspannt Euch weiter, legt die Arme auf die Armlehnen Eures Stuhls. Alles andere überlasst mir.« Er klang sicherer, als er in Wirklichkeit war, denn es lag lange zurück, dass er ein Bein amputiert hatte. Am liebsten hätte er die Operation unten in seinem Behandlungsraum vorgenommen, aber er wusste, dass Taggart das rundherum abgelehnt hätte. Außerdem wäre der Transport über die vielen Niedergänge hinunter in den Bauch des Schiffs viel zu riskant gewesen.
    Vitus legte seine Instrumente zurecht und wies Tipperton und McQuarrie an, links und rechts hinter Taggart Aufstellung zu nehmen, um ihn notfalls packen und ruhighalten zu können. Dann trat er vor, das Skalpell in der Hand. Wie immer, wenn es ernst wurde, kam eine große Ruhe über ihn, die jeden seiner Handgriffe schnell und sicher gelingen ließ. »Ich werde drei Zoll oberhalb des Knies operieren, Sir«, sagte er, um einen sachlichen Ton bemüht. »Ich würde gern mehr von Eurem Bein erhalten, aber da die
Patella
und ein Teil des
Femurs
zerstört sind, bleibt keine andere Wahl.«
    Taggart grunzte nur, aber Vitus hatte auch keine Antwort erwartet. Seine Erfahrung war, dass es den Patienten stets beruhigte, wenn dieser wusste, was mit ihm geschah. »Ich werde Haut und Gewebe bis zum
Femur
durchschneiden, Sir.
Femur,
das ist der Oberschenkelknochen. Ich werde so schneiden, dass nach der Abtrennung drei große Hautlappen übrig bleiben, die es erlauben, den Stumpf sauber zu vernähen.«
    Taggart rollte wild mit den Augen. Vitus dachte, dass er vielleicht doch ein wenig zu ausführlich gewesen war, und wandte sich an den Zwerg: »Enano, bist du bereit?«
    »Wui, wui, Örl!« Die Äuglein des Winzlings leuchteten, und er begann mit fistelnder Stimme zu singen:
    »Bin Glücksbringer un Blutstiller …
    bin Glücksbringer un Blutstiller …!«
    Vitus hatte sich für ein Skalpell mit langer Schneide und langem Griff entschieden. Nachdem er den Oberschenkel unterhalb der Leiste mit einem Lederriemen abgebunden hatte, setzte er die Klinge entschlossen an und schnitt tief und gleichmäßig in Zickzackform ein. Taggart zuckte, aber Tipperton und McQuarrie hielten ihn fest. Gleichzeitig starrte der Zwerg unverwandt auf das Skalpell und sang:
    »Blutiges Blut, glutige Glut,
    fließ zurück über die Brück,
    sollst stehen, sollst stehen,
    sollst ruhen still nach meinem Will!«
    Tatsächlich bluteten die Einschnitte überraschend wenig, nur als Vitus die Oberschenkelschlagader durchtrennte, pulsierte der Lebenssaft heraus. Jetzt hieß es schnell sein. Vitus griff zur Knochensäge und setzte sie an, doch alsbald spürte er, dass er nicht vorankam, trotz gleichmäßigen Ziehens und Drückens. Die Säge taugte nichts! Ihm fiel ein, dass er mit ihr das Schloss zu Isabellas Bilgenverlies hatte öffnen wollen, wahrscheinlich waren dabei die Zähne stumpf geworden. Wie dumm er gewesen war! Hatte er wirklich geglaubt, mit einer Knochensäge Eisen bearbeiten zu können! Unnütze Überlegungen, der
Femur
musste durchtrennt werden, und mit diesem Instrument ging es nicht. Immerhin, es gab eine zweite Säge. Sie befand sich in seiner Kiepe, in Doktor Halls Kammer. Sie war zwar kleiner, aber besser als nichts. Er würde sie holen müssen. Es gab keine andere Möglichkeit.
    »Zwerg, sing weiter! Los, sing weiter!«
    »Wui, wui!
Bin Grücksbringer un Blutstiller … bin Glücksbringer und Blutstiller!
«
    Vitus stürmte hinaus aus der Kajüte und hörte hinter sich den erstaunten Ausruf Tippertons: »Aber Cirurgicus, Ihr könnt doch nicht mitten in der Opera …«
    In Doktor Halls Kammer rannte er Isabella fast um, als er sich auf seine Kiepe stürzte, darin herumgrub und schließlich die kleine Säge fand.
    »Was ist denn in dich gefahren?«, rief Isabella, die sich gerade die Nägel schnitt.
    »Keine Zeit!«, stieß er hervor, bevor er wieder verschwand.
    Zurück in Taggarts Kajüte, war gottlob alles beim Alten. Der Zwerg sang aus Leibeskräften, während Taggart halb ohnmächtig im Stuhl saß, gehalten von Tipperton und McQuarrie. Einer von beiden musste

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