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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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nicht gut.«
    John Fox erlaubte sich ein Grinsen. Er wusste, dass neun Minuten ein exzellenter Wert waren, und er wusste auch, dass Taggart das niemals zugeben würde. »Aye, Sir! Habt Ihr weitere Befehle?«
    »Meine Empfehlung an die Stückmeister Scott und Dilling. Von ihren Crews hängt heute alles ab. Sie sollen den Männern Feuer unter dem Hintern machen. Geschützpforten werden aber erst auf meinen ausdrücklichen Befehl geöffnet. Bis dahin tun wir so, als machten wir eine Ruderpartie auf der Themse.«
    »Aye, aye, Sir!« John Fox eilte persönlich hinunter ins Batteriedeck, wo die Culverines bereits fertig zum Ausrennen standen. Taggart beobachtete unterdessen die weitere Entwicklung. Steuerbord querab lag jetzt die Spitze der Landzunge, voraus grüßte eine Säule, auf der die Statue eines muskelbepackten Mannes stand.
»Good afternoon, Mister Hercules«,
knurrte Taggart. Er wusste, dass Herkules der Legende nach als Gründer der Stadt galt. Und er wusste auch, dass in unmittelbarer Nähe eine schwere Batterie postiert war. »Mister Pigett, meine Augen sind heute etwas entzündet, seht Ihr die Batterie dort?«
    »Aye, Sir, ich erkenne sie.«
    »Irgendwelche Aktivitäten?«
    »Nein, Sir, kein Mensch zu sehen.«
    Taggart grunzte: »Offenbar ist der Sohn des Zeus doch nicht so wehrhaft.«
    »Wie meint Ihr, Sir?«
    »Nichts, nichts.« Taggart musste sich konzentrieren, denn allmählich galt es, die Augen überall zu haben. Weiter voraus, auf einem Kliff, lagen die Altstadt von Cádiz und das Fort Matagorda, darunter, zum Hafen hin, eine weitere Batterie. So wie es aussah, befand sich das Fort außer Kernschussweite, die Batterie jedoch nicht. Sie konnte gefährlich werden. Drake schien das zu wissen, denn er ließ Backbordruder legen und vergrößerte die Entfernung. Auf diese Weise wurde die Sicht ins Innere der Bucht frei, und Taggart hatte Mühe, einen Ausruf des Erstaunens zu unterdrücken. Eine riesige Anzahl von Schiffen wurde erkennbar, ein Mastenwald von einem Ausmaß, wie er ihn nie zuvor erblickt hatte. Sechzig oder siebzig Schiffe lagen da auf Reede, Schiffe jeder Größe und Stärke. Kaum eines von ihnen trug Segel, was nichts anderes bedeutete, als dass sie wie der Fuchs in der Falle saßen. Die wenigen, die Segel trugen, darunter einige Kriegsbarken und Ausrüsterboote, machten sich eilig davon Sie strebten der Landenge zu, die in eine zweite Bucht führte.
    Und Taggart sah noch mehr: Er sah, wie unter den ankernden Spaniern Panik ausbrach, ein Chaos, das von Minute zu Minute größer wurde, denn das gesamte englische Geschwader zeigte mittlerweile die Zähne. Breitseite auf Breitseite schlug in die Armada ein. Masten brachen, Rahen splitterten, Feuersäulen schossen in die Luft. Als ein riesiger Kauffahrer aus dem sizilianischen Ragusa in Stücke geschossen wurde und sank, fluchte Taggart gotteslästerlich. Zwar spürte er angesichts der Zerstörung eine gewisse Genugtuung, doch es tat ihm in der Seele weh, mit ansehen zu müssen, wie so viele gute Schiffe zum Teufel gingen. Er liebte Schiffe, gleich welcher Nation, denn jedes für sich war ein großartiger Organismus aus Holz, Segeltuch, Kupfer, Teer, Farbe und menschlichen Muskeln und Gehirnen. Schiffe bewegten sich wie empfindliche Kreaturen über das Wasser, sie wiegten sich im Takt der Wellen, sie preschten vor oder glitten langsam dahin, sie ächzten, knarrten, heulten und sangen, waren stolz oder unscheinbar, jung oder alt.
    Und dennoch mussten diese hier vernichtet werden.
    Was war das? Zehn Galeeren schossen plötzlich in Linie auf das Geschwader zu. Sie kamen aus dem Hafen von Cádiz, und sie waren schnell, ihr Ruderschlag war kraftvoll. Noch wollten die Dons sich nicht geschlagen geben!
    Das hatte auch Drake erkannt, denn er ließ augenblicklich feuern. Sieben der Galeeren drehten schwer getroffen ab, passierten in großem Abstand die
Falcon
und suchten Schutz hinter den Untiefen von Puercas, zwei flüchteten tiefer in die Bucht, und die letzte trieb brennend und führerlos direkt auf sie zu. Taggart durchlief es wie ein Ruck. Zwar ging von dem schweren 24 -Pfünder an ihrem Bug keine Bedrohung mehr aus, doch ein Übergreifen des Feuers war jederzeit möglich.
    »John!«, brüllte er, doch John Fox war schon hinunter zu den Löschmannschaften geeilt.
    Statt seiner trat Pigett vor. Seine Augen glitzerten, Jagdlust stand darin. »Ich erbitte Feuererlaubnis, damit wir den verdammten Dons den Fangschuss geben können.«
    Einen Augenblick

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