Die Liebe einer Frau
Highschool, um möglichem Gespött vorzubeugen.
»Davor hatte er nie irgendeine Freundin«, sagte Mrs. Green.
Enid war mit Rupert in eine Klasse gegangen, obwohl sie das gegenüber Mrs. Green nicht erwähnte. Inzwischen war ihr das ein wenig peinlich, denn damals war er einer der Jungen – sogar der am meisten betroffene –, den sie und ihre Freundinnen geneckt und gehänselt hatten. »Gepiesackt«, wie sie immer sagten. Sie hatten Rupert gepiesackt, liefen ihm auf der Straße nach und riefen: »Hallo, Rupert. Hallo, Ru-pert«, bereiteten ihm Höllenqualen und sahen zu, wie sein Nacken rot anlief. »Rupert hat Scharlach«, sagten sie dann. »Rupert, du musst in Quarantäne.« Und sie taten so, als wäre eine von ihnen – Enid, Joan McAuliffe oder Marian Denny – in ihn verknallt. »Sie will dir was sagen, Rupert. Warum verabredest du dich nicht mit ihr? Du könntest sie wenigstens mal anrufen. Sie ist ganz verrückt danach, mit dir zu reden.«
Sie erwarteten eigentlich nicht, dass er auf diese Annäherungsversuche einging. Aber welche Freude, wenn er es getan hätte. Er wäre prompt abgewiesen worden, und sie hätten die Geschichte in der ganzen Schule herumtrompetet. Warum? Warum behandelten sie ihn so, wollten ihn unbedingt demütigen? Einfach, weil es in ihrer Macht stand.
Ausgeschlossen, dass er es vergessen hatte. Er behandelte Enid jedoch, als wäre sie eine neue Bekanntschaft, die Krankenpflegerin seiner Frau, von irgendwoher in sein Haus gekommen. Und Enid passte sich ihm an.
Alles hier war ungewöhnlich gut geregelt worden, um ihr zusätzliche Arbeit zu ersparen. Rupert übernachtete in Mrs. Greens Haus und nahm auch seine Mahlzeiten dort ein. Die beiden kleinen Mädchen hätten auch dort wohnen können, aber dann hätten sie die Schule wechseln müssen – und es waren nur noch etwa vier Wochen bis zum Ende des Schuljahres und dem Beginn der Sommerferien.
Rupert kam abends ins Haus und sprach mit ihnen.
»Seid ihr auch brave Mädchen?«, fragte er.
»Zeig Daddy, was du mit deinen Bauklötzchen gemacht hast«, sagte Enid. »Zeig Daddy deine Bilder im Malbuch.«
Die Bauklötzchen, die Buntstifte, die Malbücher wurden alle von Enid gestellt. Sie hatte ihre Mutter angerufen und sie gebeten, in den alten Truhen nach Brauchbarem zu suchen. Ihre Mutter hatte das getan und außerdem ein altes Buch mit Ausschneidepuppen mitgebracht, das sie sich bei jemandem abgeholt hatte – die Prinzessinnen Elisabeth und Margaret Rose und ihre umfangreiche Garderobe. Enid hatte die kleinen Mädchen nicht dazu bewegen können, danke zu sagen, bis sie all diese Dinge auf ein hohes Bord packte und verkündete, dort würden sie bleiben, bis sich bedankt wurde. Lois und Sylvie waren sieben und sechs Jahre alt und wild wie kleine Scheunenkatzen.
Rupert erkundigte sich nicht, woher das Spielzeug kam. Er schärfte seinen Töchtern ein, brav zu sein, und fragte Enid, ob sie etwas aus der Stadt brauchte. Einmal erzählte sie ihm, dass sie die Glühbirne über der Kellertreppe ausgewechselt hatte und dass er ihr neue mitbringen möchte.
»Das hätte ich doch machen können«, sagte er.
»Ich habe keine Probleme mit Glühbirnen«, sagte Enid. »Oder mit Sicherungen oder damit, einen Nagel einzuschlagen. Meine Mutter und ich kommen jetzt schon ziemlich lange ohne einen Mann im Haus zurecht.« Sie wollte ihn ein wenig necken, freundlich sein, aber es kam nicht an.
Schließlich erkundigte sich Rupert immer nach seiner Frau, und Enid berichtete dann, dass ihr Blutdruck ein wenig gesunken war oder dass sie am Abend ein paar Bissen von einem Omelett gegessen und bei sich behalten hatte oder dass die Eispackungen ihren Juckreiz zu lindern schienen und sie besser schlief. Und Rupert sagte dann, wenn sie schliefe, ginge er lieber nicht hinein.
Enid sagte: »Unsinn.« Ihren Mann zu sehen sei für eine Frau viel besser als ein Nickerchen. Dann ging sie mit den Kindern hinauf und brachte sie zu Bett, um den Eheleuten miteinander Zeit zu geben. Aber Rupert blieb nie länger als ein paar Minuten. Und wenn Enid wieder herunterkam und ins Wohnzimmer – jetzt das Krankenzimmer – ging, um die Patientin für die Nacht herzurichten, lag Mrs. Quinn in ihren Kissen und sah hektisch, aber nicht unzufrieden aus.
»Er drückt sich nicht lange hier rum, wie?«, sagte Mrs. Quinn dann. »Da muss ich doch lachen. Ha-ha-ha, wie geht’s dir? Ha-ha-ha, weg bin ich. Warum schaffen wir sie nicht raus und schmeißen sie auf den Misthaufen? Warum
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