Die Liebe einer Frau
Einziges werde auch ich dich bitten, mir zwei Dinge zu versprechen. Versprich mir, dein Trinkwasser immer abzukochen. Und keinen Farmer zu heiraten.«
Enid sagte: »Wie kommst du denn bloß darauf?«
Das war vor sechzehn Jahren. In den ersten dieser Jahre wurden die Leute immer ärmer. Immer mehr von ihnen konnten es sich nicht leisten, ins Krankenhaus zu gehen, und die Häuser, in denen Enid arbeitete, waren oft so heruntergekommen, wie ihre Mutter sie beschrieben hatte. Bettwäsche und Windeln mussten von Hand gewaschen werden, weil die Waschmaschine kaputtgegangen war und nicht repariert werden konnte oder weil der Strom abgestellt worden war oder weil es dort noch nie elektrischen Strom gegeben hatte. Enid arbeitete nicht ohne Bezahlung, denn das wäre den anderen Frauen gegenüber, die die gleiche Pflegearbeit leisteten und nicht ihre Möglichkeiten hatten, ungerecht gewesen. Aber das meiste dieses Geldes gab sie zurück, in Form von Kinderschuhen und Wintermänteln und Zahnarztbesuchen und Spielzeug zu Weihnachten.
Ihre Mutter ging herum und akquirierte bei ihren Freundinnen alte Kinderbettchen und Kinderstühle und Decken und durchgelegene Laken, die sie selbst in Stücke riss und umsäumte, um daraus Windeln zu machen. Alle sagten, wie stolz sie auf Enid sein müsse, und sie antwortete, ja, gewiss.
»Aber manchmal ist es ein teuflisches Stück Arbeit«, sagte sie. »Die Mutter einer Heiligen zu sein.«
Dann kam der Krieg, und die große Knappheit an Ärzten und Schwestern, und Enid war gefragter denn je. Wie auch noch eine Weile lang nach dem Krieg, als so viele Babys geboren wurden. Erst jetzt, da die Krankenhäuser erweitert wurden und auf vielen Farmen der Wohlstand einkehrte, sah es so aus, als könnten ihre Aufgaben auf die Pflege derer zusammenschrumpfen, die von absonderlichen und hoffnungslosen Leiden geplagt wurden oder die so absolut unausstehlich waren, dass die Krankenhäuser sie hinausgeworfen hatten.
In diesem Sommer gab es alle paar Tage einen kräftigen Wolkenbruch, danach kam die Sonne wieder glühend heiß hervor und glitzerte auf nassem Laub und Gras. Am frühen Morgen herrschte dichter Nebel – der Fluss war hier sehr nah –, und auch wenn der Nebel sich lichtete, konnte man in keiner Richtung sehr weit sehen, durch den Überfluss und die Dichte des Sommers. Die schweren Bäume, die von Ranken und wildem Wein überwucherten Sträucher, die Mais-, Gerste- und Weizenfelder, die Weiden. Alles war früher dran, wie die Leute sagten. Das Gras konnte schon im Juni gemäht werden, und Rupert musste sich sputen, um das Heu in die Scheune zu bringen, bevor der Regen es verdarb.
Abends kam er immer später ins Haus, denn er arbeitete, solange das Tageslicht vorhielt. Als er eines Nachts kam, lag das Haus im Dunkeln, bis auf eine Kerze, die auf dem Küchentisch brannte.
Enid eilte, um ihm die Fliegentür aufzuhaken.
»Stromausfall?«, fragte Rupert.
»Pst«, sagte Enid. Sie flüsterte ihm zu, dass sie die Kinder unten schlafen ließ, weil die Zimmer oben so heiß waren. Sie hatte die Stühle zusammengerückt und mit Decken und Kissen zu Betten gemacht. Und natürlich hatte sie das Licht ausschalten müssen, damit sie einschlafen konnten. In einer der Schubladen hatte sie eine Kerze gefunden, und mehr brauchte sie nicht, um für die Eintragungen in ihr Tagebuch sehen zu können.
»Sie werden sich immer daran erinnern, hier geschlafen zu haben«, sagte sie. »Man erinnert sich immer daran, wenn man als Kind woanders geschlafen hat.«
Er stellte einen Karton hin, der einen Deckenventilator für das Krankenzimmer enthielt. Er war nach Walley gefahren, um ihn zu besorgen. Er hatte auch eine Zeitung gekauft, die er Enid gab.
»Dachte mir, vielleicht wollen Sie wissen, was in der Welt vorgeht«, sagte er.
Sie breitete die Zeitung auf dem Tisch aus, neben ihrem Tagebuch. Auf einem Foto spielten Hunde in einem Springbrunnen.
»Hier steht, wir haben eine Hitzewelle«, sagte sie. »Ist es nicht schön, das zu erfahren?«
Rupert zog vorsichtig den Ventilator aus dem Karton.
»Der ist ja wunderbar«, sagte sie. »Jetzt hat es sich da drin abgekühlt, aber morgen wird er ihr große Erleichterung verschaffen.«
»Ich komme morgen früh vorbei, um ihn anzubringen«, sagte er. Dann fragte er sie, wie es seiner Frau an diesem Tag gegangen sei.
Enid sagte, dass die Schmerzen in ihren Beinen nachgelassen hatten und dass die neuen Tabletten, die der Arzt ihr verschrieben hatte, sie offenbar
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