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Die Liebe in Grenzen

Die Liebe in Grenzen

Titel: Die Liebe in Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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Ohne die Unfälle wiederum … «
    Â» Wären wir nicht hier. So sieht’s aus « , vervollständigte Martin die Gedanken seiner Frau.
    Carmen nickte bestätigend. » Teil unserer Vorgeschichte jedenfalls ist die Tatsache, dass Martin sich den Erwartungen seines Vaters hinsichtlich eines Medizinstudiums mit Facharztausbildung in Psychiatrie verweigerte und dadurch zunächst einmal aus dem familiären Rahmen herausfiel, während sein Bruder Hajo in die Bresche beziehungsweise in die etwas zu großen Fußstapfen des Alten sprang. Martin war sozusagen das schwarze Schaf, auch wenn das, nüchtern betrachtet, totaler Quatsch ist. Na ja. Vielleicht hat er deshalb auch so viel Verständnis für Konrads Situation … «
    Â» Ganz so schlimm wie bei Reichenbachs war es bei uns nun doch nicht « , protestierte Martin.
    Â» Das sehe ich anders. Der Alte hat dich wie einen Aussätzigen behandelt, nicht anders macht es der Graf heute mit Konrad. Ein Wunder, dass wenigstens du relativ heil da rausgekommen bist. «
    Gespannt lauschte ich Carmens Worten, hoffte, mehr über die Familiengeschichte des offenbar auch noch adeligen Dandys mit den Röntgenaugen und dem beängstigenden Zeichentalent zu erfahren, dem ich womöglich meine Einstellung verdankte.
    Sie wartete kurz, ob ihr Mann etwas auf ihre Bemerkung erwidern wollte, was dann aber nicht der Fall war. Schließlich fuhr sie mit ihrem Bericht fort.
    Â» Während Hajo zum Lieblingssohn und später zum Chefarzt avancierte, reiste Martin durch Südamerika, engagierte sich in einem Projekt zur Rehabilitation drogenabhängiger Jugendlicher, bis er sich bei einer Fachhochschule für Pädagogik einschrieb. «
    Â» Müssen wir das so ausbreiten, Carmen? «
    Â» Wer erzählt, du oder ich? «
    Â» Ich meine nur, wenn Katia vor Mitternacht hier raus sein will … «
    Â» … solltest du mich nicht andauernd unterbrechen. «
    Martin wandte sich ab, ging zu einem Schränkchen hinter dem Schreibtisch, holte eine Flasche mit goldgelber Flüssigkeit hervor und hielt sie in meine Richtung: » Auch ein Glas? «
    Mir fielen die eindringlichen Sätze ein, die meine Mentorin zum Thema » Annahme von angebotenem Alkohol bei Bewerbungen « von sich gegeben hatte.
    Â» Nein danke, ich trinke nicht. «
    Carmen und Martin grinsten einander an und sagten: » Sie hat ihre Hausaufgaben gemacht. «
    Ich fühlte mich wieder einmal ertappt. Um das zu überspielen, fragte ich: » Und wie ging es mit der Geschichte weiter? «
    Â» Martin hatte also Pädagogik studiert « , fuhr Carmen fort, » sich dabei aber seit seiner Zwischenprüfung zunehmend mit Themen beschäftigt, die den psychiatrischen Bereich betrafen. Eines Tages, Florian Albrecht war seit einigen Monaten tot, und die Klinik lief schon eine Weile unter Hajos Leitung, wollte Martin seinen Bruder abholen. Dabei lernte er ein Mädchen kennen, das dort seit fünf Jahren erfolglos behandelt worden war. Sie stand kurz vor der Einweisung in ein Landeskrankenhaus, will sagen, Endstation, und das mit neunzehn Jahren. Martin interessierte sich für den Fall, und sein Bruder, der mit seinem Schulmedizinerlatein am Ende war, gab ihm in einem Anfall von Ratlosigkeit oder Weitsicht, wie man’s nimmt, Einblick in die Krankenakte des Mädchens, was selbstverständlich nicht legal war. Zielsicher legte er den Finger auf die wunden Punkte. Er machte Hajo klar, was er zu verantworten habe, wenn das Mädchen nicht bald in ein nicht-klinisches Umfeld gebracht würde. Die Brüder kamen intensiv ins Gespräch, und da der Fall der jungen Frau kein Einzelfall war, überlegten sie, was man konkret tun könne, um solche diagnostischen Fehler wieder rückgängig zu machen. «
    Martin hatte sich auf dem Sofa hinter mir niedergelassen und blätterte in einer Zeitschrift, als ginge ihn die Geschichte nichts mehr an. Mir war es unangenehm, in seinem Beisein so viele persönliche Informationen über ihn und sein Leben zu erfahren, während Carmen sich selbst aus ihrem Bericht bislang herausgehalten hatte. Gleichzeitig gefiel mir Martins Vorgehen, konsequent war er seinen eigenen Weg gegangen, und womöglich hatte er erst dadurch seine besondere Fähigkeit entwickelt, den Menschen hinter dem aufgeklebten Etikett zu sehen und sich für seine Befreiung von ebendieser Etikettierung einzusetzen. Es musste

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