Die Liebe in Grenzen
einer Büchse von ebenfalls riesigen AusmaÃen, die sich über ihr im Regal befand. Mit Schwung kippte sie eine groÃzügig bemessene Menge Kaffee in den Filter, hielt kurz inne, schüttete noch etwas nach.
» Ich dachte, hier duzen sich bis auf den Professor alle. «
Helga Schäfer stöhnte entnervt auf: » Hier macht jeder, was er will. «
» Wie auch immer, ich bin Katia, die neue Jahrespraktikantin. « Ich lächelte und streckte die Hand aus.
Einen Augenblick lang betrachtete die Köchin mich mit zusammengekniffenen Augen und spöttisch gekräuselten Lippen, dann glätteten sich ihre Gesichtszüge, und sie schlug ein: » Was sollâs. Ich bin Helga. Freut mich, dass du hier bist, auch wenn mir ruhig mal jemand hätte Bescheid sagen können, dass du kommst. Hoffentlich hast du nicht zwei linke Hände wie dieser Theo, ich könnte nämlich Hilfe brauchen. «
Mein Arm wurde durchgeschüttelt.
Martin hielt mich später dazu an, auch die Köchin als Teil des pädagogischen Personals zu betrachten. Er sagte, er wolle keine Hierarchie unter den Mitarbeitern. Im Ãbrigen stecke er die einst als Hysteriker diagnostizierten Neuzugänge während ihrer Probezeit regelmäÃig zum Hilfsdienst in die Küche. Hätten sie sich ein paar Tage an Helgas ruppiger Art abgearbeitet, ohne die Nerven zu verlieren, seien sie Mühlen-tauglich.
Diese » Einbindung von lebenspraktisch statt nur psychologisch-pädagogisch geschultem Personal in den Betreuungs- und Behandlungsplan « , wie es in der offiziellen Beschreibung für Stifter und Spender hieÃ, war nur eine von vielen » alternativen Methoden « , die in der Goldbachmühle zur Anwendung kamen und um derentwillen Martin sich in regelmäÃigen Abständen Verbalschlachten mit seinem Bruder lieferte.
Theo, der Erzieher, hatte am Morgen meines ersten Dienstes verschlafen, wie sich bald herausstellte, und so blieben Helga und ich mit dem Frühstücksdienst zunächst allein.
» Was kann ich tun? « , fragte ich.
Die Köchin warf mir eine frische Schürze vor die Brust und sagte: » Der Frühstücksdienst macht immer die Kalte Küche, zweiter Kühlschrank links, Fleisch und Milchprodukte bitte auf getrennten Platten anrichten. «
Zwanzig Minuten später schob ich einen Servierwagen mit Aufschnitt, Käse, Brot, Quark und Marmeladengläsern in den von der Morgensonne durchfluteten Speiseraum. Ich richtete Tellerstapel und Besteck, stapelte Tassen auf einem weiteren Wagen, auf dem schon der Wärmebehälter mit dem für Heimverhältnisse erstaunlich starken Kaffee und die Kannen mit Teewasser abgestellt waren. Meine erste feste Stelle als pädagogische Fachkraft begann also als Kaltmamsell, was mir allerdings richtig Freude machte.
Gegen halb neun ging ich zu einem der Fenster, eine Tasse Kaffee in der Hand, den Blick auf die Treibhäuser gerichtet. Die Schubkarre mit den Gartenabfällen und die Harke standen noch genauso malerisch in der Gegend herum wie fünf Tage zuvor. Ich fühlte mich wohl, und die Zweifel an meiner Kompetenz zogen sich wieder in ihre Löcher zurück, während ich die Schönheit der Aussicht genoss. Die Wiese vor dem Haus glitzerte feucht, eine Krähe stolzierte über den Kiesweg, die Pferdekoppeln hinter den Treibhäusern waren leer und von Dunstschwaden verhangen. Carmen wollte mir heute den Garten und das übrige Gelände zeigen, aufgrund der hereingebrochenen Dunkelheit hatte ich all das bei meinem letzten Hiersein nicht mehr zu sehen bekommen. Ich fragte mich, ob ich sie daran erinnern durfte, wenn sie nicht von sich aus daran dachte.
In der Küche wurde die Spülmaschine zugeknallt, danach hörte ich Helga rufen: » Vergiss nicht, die Therme an die Steckdose anzuschlieÃen, der Kaffee wird sonst kalt. «
» Hab ich bereits gemacht. «
» Mal jemand, der mitdenkt. Sehr schön! «
Dankbar für das Lob beschloss ich, weitere Hilfe in der Küche anzubieten und die Köchin ein wenig auszufragen. So könnte ich mir einen Wissensvorsprung verschaffen, der mich vor dem einen oder anderen Fehlgriff bewahrte. Beschwingt von meiner Idee, drehte ich mich auf dem Absatz herum.
Da sah ich ihn. Lässig stand er an den Türrahmen gelehnt, in schwarzer Jeans und blütenweiÃem T-Shirt, mit einem Handtuch um den Hals, auf das sein noch vom Duschen feuchtes Haar
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