Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe in Grenzen

Die Liebe in Grenzen

Titel: Die Liebe in Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
Vom Netzwerk:
You Look Tonight, Come Fly With Me, I’ve Got You Under My Skin, They Can’t Take That Away From Me …
    Wie die Jungen es in der Schule für Manu gemacht hatten, so hatte auch er Lieder für mich ausgesucht. Die Auswahl allerdings hätte selbst mein Vater als » Oldie-Schmonzetten « bezeichnet, abgesehen davon waren Konrad und ich für solche Teenager-Nummern zu alt. Nichtsdestoweniger lauschte ich gebannt den schmierigen Geigenklängen, dem samtenen Gesang, der ganzen schmalzigen Soße, die an genau der Stelle einsickerte, wo meine Rüstung eine durchlässige Stelle hatte, von der ich bis dahin nicht einmal geahnt hatte, dass es sie gab. Ich kannte mich selbst kaum wieder, hörte diese Texte gierig auf Botschaften ab, die er für mich dort versteckt haben mochte. Nein, ich dachte kein bisschen daran, mich vor mir selbst in Acht zu nehmen, ließ mich einfach fallen, wog mich hin und her, als Sinatra Anything Goes sang, und ertrank in meinen eigenen Gefühlswallungen. Bis dahin hatte ich mich immer für solche Dinge immun gehalten.
    Wäre nicht völlig unvermittelt eine Frauenstimme mit Franz Schuberts » Totengräbers Heimweh « dazwischen montiert worden, hätte mich der Schlusstitel vielleicht gar nicht so erwischt. Es war erneut der alte Sinatra, aber er tänzelte oder taumelte jetzt über einen Abgrund und riss mir den Boden unter den Füßen weg: To Love And Be Loved – Lieben und geliebt werden.
    Irgendwann zog ich Jacke und Schuhe aus, schenkte mir ein Glas Wein ein und stellte die CD auf » Endloswiederholung « . Der Alkohol auf nüchternen Magen hatte sicher eine verstärkende Wirkung und beschleunigte mein Wegdriften in Emotionalitäten, die ich bis dahin als völlig inakzeptabel deklariert hatte. Nie hätte ich freiwillig derartigen Kitsch gehört, jedenfalls wurden meine gesammelten Selbstbildnisse Stück für Stück pulverisiert. Die coole Gefühligkeitsverweigerin, niedergestreckt von ein paar Liebesschnulzen. So sah das aus, eine halbe Nacht lang, keinen Monat nachdem ich in der Goldbachmühle angefangen hatte.
    Beim sechsten oder siebten Durchlauf setzte bei den Worten aus dem Schubert-Lied » Ich sinke, ich sinke! Ihr Lieben, ich komm! « , das ich Manu oft hatte üben hören, schlagartig Ernüchterung ein. Ich stand auf, schaltete den CD -Player aus und kochte mir eine Kanne Kaffee.
    Es war drei Uhr nachts, als ich bei Manu anrief.
    Â» Was würdest du davon halten, wenn dir ein Mann ›Totengräbers Heimweh‹ zwischen lauter Liebeslieder auf eine CD brennt? «
    Â» Sprichst du von einem Demo-Band? Ist der Typ Sänger? «
    Â» Weder noch. «
    Â» Dann – Finger weg! «
    Â» Sicher? «
    Â» Absolut! «
    Â» Hast du nicht einmal gesagt, ein Mann müsste dir erst Schubert zu Füßen legen, bevor du ihn ernsthaft in Erwägung ziehst? «
    Â» Zitier mich nicht, jedenfalls dann nicht, wenn ich Müll erzähle. Was sind denn das für Liebeslieder? «
    Â» Sinatra. «
    Â» Ernsthaft? «
    Â» Ja. «
    Â» Scheiße! «
    Â» Wie soll ich das jetzt verstehen? «
    Â» Du bist an einen Psychospinner geraten. «
    Die Kaffeetasse fiel mir beinahe aus der Hand, aber ich versuchte Manu zu beruhigen, indem ich sie zum ersten Mal in unserer langen Freundschaft offen anlog.
    Â» Ist auch egal. Es lohnt sowieso nicht, dass du dir darüber Gedanken machst. Ich werde den Typen nicht zurückrufen, und die Wahrscheinlichkeit, dass ich ihm je wieder zufällig über den Weg laufe, ist gering. So siehst du wenigstens, was einem hier im angeblich so langweiligen Niemandsland alles passieren kann. «
    Manu ließ sich erstaunlicherweise überzeugen, brummte, dann sei ja alles bestens, jetzt würde sie aber gern weiterschlafen. Und im Übrigen, das hätte sie mir schon oft gesagt, treibe die Provinz die Leute zu eigenartigen Auswüchsen, das bringe die Abgeschiedenheit mit sich.
    Völlig übermüdet wachte ich am Morgen auf, und auf dem Weg zur Arbeit hatte ich Mühe, einen Anflug von Panik in den Griff zu bekommen. Wie sollte ich auf ihn reagieren, wie das alles einordnen? Ich kann nicht, ich darf nicht, er meint es nicht so, ich muss mich dringend wieder einkriegen, all das ratterte durch meinen Kopf.
    Â» Bist du krank? « , fragte Carmen, als sie mich ins Erzieherbüro schleichen sah.
    Â» Möglich. Ich fühle

Weitere Kostenlose Bücher