Die Liebe ist ein Daemon
umschlingen würde.
Um mich herum herrscht das reinste Chaos. Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Alle schreien durcheinander und die Musik ist viel zu laut. Ich beschließe, wieder reinzugehen. Ich kann nur noch mit Mühe laufen, die Wände schwanken, werden unscharf, lösen sich auf. Ich kippe gleich um, schießt es mir in einem kurzen nüchternen Moment beunruhigend durch den Kopf.
Die Wand wird immer schiefer.
Tausende kleine Feuer flammen auf jedem Zentimeter meiner Haut auf.
|103| Ich spüre den Boden unter den Füßen nicht mehr.
Ich mache eine Tür auf und schließe sie hinter mir.
Das Zimmer ist dunkel. Ich lasse mich auf einen Sessel fallen und kauere mich dort mit angezogenen Knien zusammen.
Das Atmen fällt mir schwer, ich bekomme kaum noch Luft, die Feuerkrawatte zieht sich immer fester um meinen Hals. Ich spüre die Schweißperlen auf meiner Stirn.
Das Zimmer dreht sich und ich bete, dass das alles nur ein böser Albtraum sein möge, aus dem ich gleich erwachen werde.
Die Dunkelheit im Zimmer wird immer schwärzer. Sie scheint in meinen Augen zu pulsieren. Auch meine Schläfen hämmern wie verrückt. Ich fange an, sie zu massieren, und sage mir dabei immer wieder, dass es irgendwann vorbeigehen wird.
Es wird doch bald vorbeigehen, oder?
In meinem Kopf explodieren die Schmerzen, ganz so als ob sie mir widersprechen wollten.
Ich höre ein Knirschen auf den Parkettdielen.
Jemand ist hereingekommen.
»Ginevra?«, frage ich mit hauchdünner Stimme. »Lorenzo?«
Stille.
Ich versuche aufzustehen, aber falle wieder in die Kissen zurück.
Ein Lachen. Ein raues, gemeines Lachen, das in meinem konfusen Kopf widerhallt.
»Paride … geh weg«, flehe ich ihn an.
Er lacht immer noch genüsslich.
|104| »Mir geht’s schlecht«, flüstere ich fast wie zu mir selbst.
»Natürlich geht’s dir schlecht.«
Seine Stimme klingt jetzt näher.
»Du dumme Kuh, du hast es dir selbst zuzuschreiben«, zischt er mich an.
Ich spüre, wie mich endgültig die Kräfte verlassen.
»Du dumme Kuh«, wiederholt er wütend.
Er kommt noch näher.
»Hat dir der Cocktail geschmeckt, den ich dir habe zubereiten lassen?«
»Was? Was sagst du da?«
»Ah, natürlich, entschuldige«, fährt er ironisch fort. »Ich wollte deinen Verdienst nicht schmälern, den Cocktail hast du selber gemixt. Ich habe nur eine … persönliche Note hinzufügen lassen.«
»Du bist so ein Arsch!«
»Pass auf, was du sagst«, entgegnet er langsam. Durch die Wut und wegen der gedehnten Sprechweise klingt seine Stimme ganz gebrochen. Auch er hat getrunken.
»Erinnerst du dich, worüber wir gestern Vormittag gesprochen haben?«
Plötzlich habe ich Angst.
Mit einer brüsken Geste wirft er sein Glas zu Boden. Es zerbricht und der Boden wird mit messerscharfen Scherben übersät.
Er hält mich an den Handgelenken fest und schreit mir aus nächster Nähe ins Gesicht: »Erinnerst du dich?«
»Paride, du hast zu viel getrunken«, flüstere ich ganz |105| erschrocken von seinen unbeherrschten Gesten und dem säuerlichen Geruch seines Atems. Ich habe nicht einmal die Kraft zu schreien, und selbst wenn, würde mich hier sowieso niemand hören.
Er umklammert noch fester meine Handgelenke. Ich versuche, nicht das Bewusstsein zu verlieren, während das Zimmer um mich herum wie ein gewaltiges schwarzes Herz pocht.
»Sei still«, zischt er mit zusammengepressten Zähnen. »Wir haben darüber gesprochen, wie sehr du mir wehgetan hast, erinnerst du dich? Du erinnerst dich doch, oder?«
Ich nicke zitternd und versuche, mich von ihm loszumachen. Aber das würde mir, selbst wenn ich im Vollbesitz meiner Kräfte wäre, nicht gelingen.
Mein Kopf explodiert, die Tränen drücken mir in den Augen, ich presse die Zähne aufeinander und versuche, nicht zu weinen.
»Gut.«
Er lacht.
Er ist nicht mehr ganz bei Sinnen.
»Soll ich es dir beschreiben? Vielleicht verstehst du es dann besser …«
Mit einer Hand drückt er mir die Kehle zusammen.
Ich schnelle zu Tode erschrocken nach vorne, aber er ist sehr viel stärker als ich. Ich habe keine Chance.
Die Umrisse des Zimmers pulsieren immer stärker.
Ich schlage mit erstickten Schreien um mich.
»Ein dumpfer Schmerz, so ungefähr.«
Ich kriege keine Luft mehr.
|106| »Am Anfang fühlt es sich schlimm an, aber später tut es dann noch mehr weh.«
Er lässt meinen Hals los.
Ich falle keuchend auf die Knie. Er packt mich von Neuem so fest, dass ich mich nicht mehr rühren kann.
»Oder
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