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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
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mir nicht nur, ich bin verrückt danach.«
    Ich lächle. Da haben wir was gemeinsam.
    »Es ist wie ein Lebenselixier, wie eine Droge   … oder wie Magie.«
    Er blättert in den vergilbten Seiten eines Buches.
    »Wenn du liest, hört die Welt um dich herum auf zu existieren. Du kannst so tun, als ob das, was du gerade liest, absolut wahr wäre oder als ob die Realität einfach verschwinden würde. In einem Buch kannst du alles sein, was du willst   …«
    Ich ziehe meine Beine an und lege den Kopf auf die Knie.
    Er geht zu einem der Kamine und erst in diesem Moment bemerke ich dort eine kleine schlafende schwarze Katze.
    »Hier bist du also, Nero«, sagt Federico und nimmt sie vorsichtig auf den Arm. Das Kätzchen streckt sich in seinen Händen und er streichelt es. »Immer steckst du woanders   …«
    |126| Als Federico an dem großen Fenster vorbeiläuft, bricht gerade ein Sonnenstrahl durchs Glas. Ein bis zu ihm reichender Lichtkegel bildet sich, der die winzigen Staubspuren, die in der Luft leicht dahinschweben, aufblitzen lässt.
    Es ist ein irreales Bild.
    Das Licht bringt seine hellblonden Haare in einem feinen Schattenspiel zum Leuchten und das Piercing blinkt wie ein auf seiner Stirn eingefasster Diamant. Ringsherum kreisen kleine Staubkonfetti, die wie Kristallfragmente aussehen.
    »Du warst ehrlich zu mir«, sagt er und alles Sakrale an diesem Bild löst sich wieder auf. »Ich sollte auch ehrlich zu dir sein.«
    Er streichelt das pechschwarze Kätzchen. Es fixiert mich mit seinen bernsteingelben Katzenaugen.
    »Ich bin Noras Neffe. Meine Eltern sind gestorben und seitdem wohne ich bei ihr. Aber ich bin nicht wegen dem Tod meiner Eltern in diese Stadt gezogen, über die ich ganz sicher viel mehr weiß als du. Viel mehr, als du dir überhaupt vorstellen kannst.«
    Er hält einen Augenblick inne und die Katze verengt ihre Augen zu schmalen Schlitzen. Ich höre auf zu atmen.
    »Ich bin nicht der, der du glaubst.« Seine Augen dringen durch mich durch, so wie beim ersten Mal, als ich ihn gesehen und mit meinem Moped fast überfahren habe. Sie haben nichts Menschliches an sich, es sind zwei schwarze eiskalte Projektile, die sich mir ins Fleisch bohren. »Denkst du wirklich, dass die Engel die mächtigste Macht sind, die es |127| auf der Welt gibt? Dass sie das Einzige sind, was man zu fürchten hat?«
    Seine Stimme macht mir wieder Angst, so wie damals, vor ungefähr einem Monat. Und ich fühle wieder dasselbe wie bei unserer ersten Begegnung: Beklemmung, Verwirrung – keine echte Angst, aber etwas anderes, etwas, das sich viel schwerer begreifen und zuordnen lässt.
    »Man ist immer das, was man ist, und man muss einfach damit rechnen.«
    Ich sehe ihn stirnrunzelnd an. Ich verstehe nicht, was er mir damit sagen möchte, ich kapier nicht, was er von mir will, mit dieser Katze auf dem Arm und diesem seltsamen Gesichtsausdruck.
    Wer bist du? Was bist du?
    Da merke ich, dass ich genauso wie alle anderen bin. Ich habe auch Angst vor den Dingen, die ich nicht einordnen kann. Und ich habe auch das Bedürfnis, Menschen in Schubladen zu stecken. Besonders wenn sie überhaupt nicht so sind wie die Leute, die ich sonst so kenne.
    »Du brauchst keine Angst zu haben   … ich hoffe nur, dass   …«
    In diesem Moment klingelt mein Handy.
    Es ist meine Mutter.
    Ich soll sofort nach Hause kommen. Ihre Worte lassen keinen Widerspruch zu und ihr Tonfall beunruhigt mich. Es ist etwas passiert. Etwas sehr Schlimmes.

|128| DIE WAHRHEIT IST EINE ANDERE
    Die Zeit geht immer weiter und nichts kann sie aufhalten. Nicht einmal das Herz eines Mädchens, das aufgehört hat zu schlagen. Einfach so. Ein Herz, das so jung war – und so unschuldig.
    Ich weine nicht. Ich spreche nicht.
    Ich atme nicht mal mehr.
    Ständig quält mich dasselbe Bild.
    Ich sehe Alessia, wie sie leicht betrunken vor mir steht und mit mir spricht. Ich sehe, wie ich den Arm um sie lege und versuche, sie zu stützen. Das war vor wenigen Stunden.
    Eine meiner Freundinnen ist auf einmal nicht mehr da.
     
    Seit zwei Tagen habe ich mich in meinem Zimmer eingesperrt. Die Vorhänge sind ständig zugezogen und der einzige Unterschied zwischen Tag und Nacht ist der Traum, besser gesagt der Albtraum, der mich jeden Abend erwartet.
    Ginevra hat mich in Tränen aufgelöst angerufen, ich habe ihr schweigend zugehört, was hätte ich denn auch sagen sollen?
    Der Albtraum ist immer da.
    Er sitzt neben mir, grauenerregend und geduldig. Sobald |129| ich die Augen schließe,

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