Die Liebe ist ein Daemon
Lieblingssongs, so richtig Gute-Laune-Musik:
Time to dance
von
Panic! at the Disco
. Ich versuche, mich abzulenken, meinen Kopf irgendwie anders zu beschäftigen, aber heute will es mir einfach nicht gelingen.
Wie viele Menschen können jetzt auch nicht schlafen?
Wie viele Menschen haben jetzt auch das Gefühl, einen scheinbar bodenlosen Abgrund hinunterzustürzen? Ohne die geringste Möglichkeit, sich irgendwo festzuhalten?
Es gibt etwas, vor dem ich mich mehr als alles andere fürchte. Und weil ich eine solche Angst habe, mir das selbst einzugestehen, schicke ich den Gedanken daran ganz weit |137| fort. Jedes Mal. Nur leider vergeht keine Sekunde, in der ich nicht daran denken muss. Ich versuche dann, diesen Gedanken in irgendeinen Winkel meines Gehirns zu verbannen, dorthin, wo ich bereits das vertraute Gefühl, nicht dazuzugehören, versteckt habe.
Tagsüber ist es viel einfacher, da reicht es, ein bisschen Lärm zu machen, mit den Tellern zu klappern, ein Glas wegzuräumen oder den Fernseher anzuschalten. Aber in der Nacht … in der Nacht ist es still. Und die Stille ist viel schlimmer als der Lärm. Denn der Lärm überdeckt zumindest die unaufhörlich kreisenden Gedanken.
Ich weiß genau, welche Vorstellung mich so quält. Aber mir fehlen die Beweise. Das heißt, einen kleinen Beweis habe ich ja.
Na ja, so klein ist er in Wirklichkeit auch nicht.
Es sind verschiedene Puzzlestücke, die zusammengefügt nicht unbedingt dieses eine Bild ergeben müssen. Sie können auch zu einer komplett anderen Schlussfolgerung führen. Hoffentlich täusche ich mich, denn sonst würde es nichts anderes bedeuten, als dass ich gerade dabei bin, mich in meinen potenziellen Mörder zu verlieben.
Während ich unruhig durch das Haus irre, sehe ich, dass die Tür zum Arbeitszimmer meines Vaters offen steht. Sie ist nur leicht angelehnt und der schmale Spalt zwischen Tür und Türrahmen scheint mich einzuladen einzutreten.
Das Buch muss hier irgendwo sein. Und wenn ich Antworten auf meine bohrenden Fragen oder wenigstens ein paar Anhaltspunkte haben möchte, dann muss ich dieses Buch lesen.
Ich drücke mit den Fingerspitzen ganz langsam die schwere |138| Holztür auf. Der auf den Boden fallende Lichtstrahl wird breiter. Ich bleibe einen Moment lang unentschlossen auf der Türschwelle stehen.
Es ist, als ob ich mich am Rand einer Schlucht befinden würde. Um mich herum wachsen Gräser und Blumen und vor mir liegt nur der dunkle Abgrund. Eine mir unbekannte Welt. Wie hier. Aber jenseits der Tür könnte es auch eine Antwort geben.
Ich trete ein.
Das Buch liegt auf dem Schreibtisch. Ich gehe langsam darauf zu, voller Angst vor dem, was ich entdecken könnte. Dann starre ich es erst mal lange an. Ich betrachte es so eingehend, als würde es sich um ein unbekanntes und vielleicht gefährliches Wesen handeln.
Es ist ziemlich groß und wahrscheinlich auch sehr schwer. Der Einband ist schlicht, die Kanten leicht abgeschabt, die Seiten sind vergilbt und durch die Feuchtigkeit gewellt. Es scheint ziemlich alt zu sein. Jemand hat mit Tinte und in schöner Schreibschrift den Titel draufgeschrieben:
Mythische Kreaturen und Fabelwesen.
Ich schlage das Buch aufs Geratewohl auf. Ich blättere es so lange durch, bis ich auf die Abbildung stoße. Sie ist so minutiös gezeichnet, dass sie einem fast lebendig erscheint, so als ob die Figuren sich gerade vom Blatt lösen wollten. Mein Blick sucht ängstlich ihre Augen. Besonders seine. Sie sehen ganz genauso aus wie Federicos Augen. Nur ein wenig ausdrucksloser, aber das ist ja kein Wunder. Ich glaube, faszinierendere Augen als Federicos kann es gar nicht geben.
|139| Das in die Haut des Mädchens eingebrannte Zeichen ist ganz deutlich zu sehen. Und leider kommt es mir verdammt bekannt vor.
Ich seufze und hebe den Blick vom Buch. Aber meine Neugier ist größer als alle Qualen, die mir diese Entdeckung bereitet.
Ich klappe das Buch zu, aber sofort öffne ich es wieder. Und fange an zu lesen.
Nach Auffassung von Platon, Pythagoras und Xenokrates, die darin mit den mittelalterlichen Theologen übereinstimmen, sind die Dämonen sehr viel mächtiger als wir Menschen. Durch das Göttliche ihrer Natur stehen sie mit den Engeln auf einer Stufe. Doch das ihnen eigene göttliche Element zeigt sich niemals in reiner oder homogener Form. Der spirituelle Charakter und die Sensibilität der einzelnen Dämonen bestimmen es. Die Dämonen sind Mischwesen, göttlich und menschlich zugleich, und
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