Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)
waren schon seit ein paar Jahren zusammen, als er anfing, mit einer anderen Gruppe von Leuten herumzuhängen. Sie feierten gern Partys und nahmen ständig und ganz öffentlich Drogen, und hin und wieder nahm auch Gabriel welche. Ich hab nie mitgemacht, aber ich habe auch nicht wirklich etwas dagegen, wenn Leute Drogen zur Entspannung nehmen, daher habe ich auch kein großes Problem damit. Aber dann fing er an, immer häufiger zu Drogen zu greifen … und zum Alkohol. Es hatte also Warnsignale gegeben, doch ich hatte sie übersehen, denn am Beginn unserer Beziehung war das Trinken für uns beide etwas, das wir im Geiste unserer neuen, aufregenden Beziehung taten; wir gingen ständig aus, tranken Champagner oder Glühwein auf der Piste. Es gehörte einfach dazu. Doch auf einmal trank Gabriel täglich vor dem Essen, genauso wie er täglich Gras rauchte, nämlich immer während der Arbeit zwischen den Skistunden. Plötzlich war ich mit einem Mann zusammen, dessen gesamtes Leben unter dem Einfluss von Drogen zu stehen schien. Aber er war fit, und er war gesund. Er machte einen guten Job. Ich war immer noch verliebt in ihn, aber auch verwirrt angesichts dieses widersprüchlichen Nebeneinanders von Gesundheit, Vitalität und Sportlichkeit sowie dem heimlichen Drogen- und Alkoholkonsum, der irgendwie Teil unseres Lebens geworden war.
Ich versuchte, ihm meine Verwirrung zu erklären. Ich fand Studien und Bücher, in denen die Folgen von regelmäßigem Marihuana-Konsum geschildert wurden. Aber seine Persönlichkeit hatte bereits angefangen, sich zu verändern. Wenn ich versuchte, mit ihm darüber zu reden, verhielt er sich noch schlimmer. Er nahm dann noch mehr Drogen und blieb die ganze Nacht lang weg. Er kam gar nicht mehr nach Hause, wenn er glaubte, er würde zueiner enttäuschten und wütenden Freundin zurückkehren. Wenn ich ihm nicht versprach, dass ich über die Tatsache, dass er so betrunken gewesen war, dass er auf dem Fußboden in der Skischule eingeschlafen war, lachen würde, oder mich darüber amüsierte, dass er sein Auto an einem Zaunpfahl verbeult hatte, oder lachte, weil er an manchen Tagen morgens zu betrunken war, um zur Arbeit zu gehen, dann war ich nicht nett , denn alle seine Freunde lachten. Sie lachten gemeinsam mit ihm, aber ich, ich verdarb allen den Spaß, eine Vorstellung von Spaß, die ich absolut nicht begriff.
Ungefähr zwölf Monate lang lebte ich in diesem Zustand ständiger Verwirrung. Es war so, als würde ich mit zwei völlig verschiedenen Männern zusammenleben – einem charmanten, liebevollen Partner, mit dem ich eine Familie gründen wollte, und einem unangenehmen Trinker, der immer häufiger ausfallend wurde. Wenn wir uns stritten, konnte er sich am nächsten Tag meist nicht einmal mehr daran erinnern. Er wachte auf und war verwirrt, weil ich so sauer auf ihn war. Dann entschuldigte er sich für Fehler, an die er sich nicht einmal mehr erinnerte. Nicht ein einziges Mal stellte er jedoch sein Verhalten infrage oder dachte auch nur eine Minute lang daran, mit dem Trinken aufzuhören. Das stand überhaupt nicht zur Debatte. Für ihn war das alles ganz normal geworden. Ich war diejenige, die nicht richtig tickte.
Das alles ist sehr klischeehaft, ich weiß. Und noch immer ist es mir außerordentlich peinlich, dass ich in solch einer Beziehung festhing – denn normalerweise passiert so etwas doch immer nur anderen. Aber ich habe es einfach nicht kommen sehen. Auf dem Auge war ich sozusagen blind gewesen. Vielleicht war es mein ureigenstes Bedürfnis nach einer Beziehung, das meinen Verstand vernebelt hatte? Oder mein Festhalten an den Zukunftsträumen, die ich gehegt hatte? Oder vielleicht hatte Gabriel meine innere Leere gefüllt? Was auch immer es war, diese ungesunde Beziehung hatte sich heimtückisch wie ein Krebstumor in mein Leben geschlichen. Ich begann, an meiner Urteilskraft zu zweifeln, an mir selbst, was mich noch mehr lähmte und mich davon abhielt, ihn zu verlassen. Immer wieder fragte ich mich: Wie kann es angehen, dass ich insolch eine Lage geraten bin? Ich muss doch irgendetwas falsch machen. Vielleicht sehe ich die Dinge nicht klar genug. So hätte mein Leben mit ihm nicht ausgehen sollen.
Es war eine mathematische Gleichung, die ich einfach nicht lösen konnte. Ich überprüfte das Ergebnis immer wieder, so, wie es auch Jenny Sullivan getan hatte. Zu lange suchte ich die Antworten nicht bei mir, sondern versuchte, die Entscheidungen eines anderen zu verstehen, statt
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