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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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und sich umgezogen, in unglaublicher Geschwindigkeit, Isabelle hatte ihr geholfen. Anschließend war sie in umgekehrter Richtung wieder hinuntergestürmt und ins Théâtre des Trois-Colombes gelaufen. Dort war sie dann endlich für zwei Stunden eine andere geworden. Wieder zu Hause, hatte sie ihre Zöpfe erneut flechten müssen. Mehrere Wochen war das so gegangen.
    Die Jogar geht weiter. Ihre Puppe und der braune Bär sind immer noch da, in Sicherheit hinter dem Fenster. Wie zwei Posten, die die Straße bewachen.
    Sie wird Isabelle später umarmen.
    Sie geht den Bürgersteig entlang und biegt nach links, in die enge Rue du Mont-de-Piété. Das Viertel verwandelt sich in ein Labyrinth. Ein gewundenes Gässchen zwischen hohen Steinmauern. Ganz am Ende ein Portal aus lackiertem Holz. Dort wurde sie geboren, in dem schönen Gebäude mit dem Garten. Tonkrüge aus Anduze mit Zitronenbäumen. Vor dem Winter trug der Gärtner sie hinein, damit sie nicht erfroren.
    Die Fassade schaut nach Süden, die Fensterläden sind geschlossen.
    Eine Kletterrose bedeckt einen Teil der Mauer, kleine weiße Röschen blühen mit zerknitterten Blütenblättern.
    Nachts kämpften die Ratten und die Tauben um dieselben Mülleimer. Morgens fand sie Blut auf dem Pflaster, Federn, Kampfspuren, manchmal auch Kadaver.
    Ihr Vater wollte, dass sie Notarin würde. Er schickte sie ins Pensionat, damit sie ihm später dankte. Drei Jahre ohne Theater, ein ebenso heftiger wie sinnloser Entzug. Sie lernte Latein, Rhetorik, Disziplin. Sie las Seneca, Voltaire und die anderen. Vieles musste sie auswendig lernen, sie trainierte ihr Gedächtnis. Mit achtzehn schlug sie die Tür hinter sich zu.
    Sie atmet tief durch.
    Sie klingelt.
    Sie wartet.
    Nichts rührt sich. Es ist später Nachmittag. Insekten summen um die warmen Steine der Mauer. Zikaden zirpen. Es riecht nach Honig, Lavendel.
    Sie klingelt erneut.
    Fünf Jahre lang hat sie dieses Haus nicht mehr betreten. Das letzte Mal war sie da gewesen, um ihnen mitzuteilen, dass sie gehen würde. Sie hatte ihren ersten Vertrag bekommen, sollte in Ultimes déviances (Letzte Abartigkeiten) in Lyon, in der renommierten Salle de la Corbeille spielen. Ihr Vater hatte Kugeln aus Vogelfutter ans Fenster gehängt, die Vögel flogen herbei, die Katze lauerte. Sie fing einen Vogel und brachte ihn ins Wohnzimmer. Er musste lachen.
    Sie hört sein Lachen noch immer.
    Ihre Mutter stand neben der Tür.
    Sie klingelt ein letztes Mal. Das Geräusch hallt durch das Haus. Sie wirft einen letzten Blick zu den Fenstern hinauf.
    Ihr Vater kommt sicher spät nach Hause, jetzt, da das Haus leer ist.

O don hat einen Tisch hinten im Patio gewählt, eine ruhige Ecke, den Blicken durch zwei hohe Pflanzen entzogen.
    Er bestellt einen schottischen Whisky, einen Glenfarclas. Fünf Eiswürfel in einem Glas. Die Zeitung des Tages. Die Sitzgruppen sind rappelvoll. An der Bar reden Journalisten über das, was Didier Bezace gesagt hat. Es ist von nichts anderem die Rede als von der Notwendigkeit einer lebendigen Kultur, der Rückkehr eines Theaters, das näher an den Menschen dran ist. Ariane Mnouchkine ist bei ihnen, sie spricht von den langen Stunden, die nötig sind, von der Ausdauer, die man braucht, um ein Stück auf die Bühne zu bringen.
    Odon wartet auf Mathilde.
    Er wartet auf sie, ohne zu wissen, ob sie in ihrem Zimmer ist oder draußen, ob sie kommen oder gehen wird, allein oder in Begleitung.
    Sein Whisky duftet nach Nüssen und Schokolade. Er schmeckt nach Torf. Er trinkt ihn in kleinen Schlucken. Ein Journalist begrüßt ihn, sie wechseln ein paar Worte. Die Eiswürfel schmelzen im Glas.
    Eine Engländerin geht durch den Raum, gefolgt von einem kleinen hechelnden Hund.
    Draußen ist es wie in einem Backofen.
    Odon wartet bald eine Stunde, als sich am Eingang Gemurmel erhebt. Er dreht den Kopf. Die Journalisten lassen ihre Gläser stehen. Alles geht sehr schnell. Die Fotoapparate klicken.
    Sie kommt von der Straße, von draußen.
    Sie betritt den Patio. Obwohl er sie nicht sieht, obwohl sie kein Wort sagt, weiß Odon, dass sie es ist.
    Sie ist in der Meute verborgen, unsichtbar.
    Die ersten Fragen schwirren durch die Luft.
    Duras, Pirandello, sie hat alles gespielt, aber woanders, in anderen Städten, und jetzt ist sie zurückgekommen. Sie wollen wissen, warum sie so lange gewartet hat.
    Warum. Unausweichlich. Als gäbe es keine andere Frage.
    Warum sind Sie da?
    Sie antwortet, dass nur die Arbeit zähle. Die Aufgabe zu lernen, die

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