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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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»Ich arbeite.« Wenn er nachbohrte, drückte sie ihre Stirn an seine Schulter. »Bis später.«
    Isabelle legt eine Hand auf den Tisch.
    »Eines Morgens kam sie aus ihrem Zimmer nach unten, sie setzte sich dorthin, auf diesen Platz, schob einen Stapel Blätter vor mich und bat mich, sie abzuhören …«
    Odon nickt.
    Sie reden immer noch über Mathilde.
    Marie kommt. Auf der Türschwelle zögert sie kurz.
    »Darf ich?«
    Isabelle lächelt.
    »Ja, Marie, du darfst.«
    Marie füllt ein Glas mit Wasser und trinkt es im Stehen aus, mit dem Rücken zur Spüle. Auf einem Tisch an der Wand steht ein Computer. Sie blickt ihn an.
    »Du kannst ihn benutzen«, sagt Isabelle.
    Marie zieht den Hocker heran. Sie bewegt den Cursor, eine Meerlandschaft erscheint.
    Sie nimmt den Chip aus ihrer Kamera und steckt ihn in den Computer. Ihre Finger gleiten über die Tastatur, und im nächsten Augenblick öffnet sich ein Kaleidoskop von Fotos.
    Sie geht von einem Foto zum nächsten, vergrößert manche, löscht andere.
    Das Licht, das durch das Fenster scheint, beleuchtet ihren Nacken, die beiden Lederriemen, an denen der Beutel um ihren Hals hängt. Der schlaffe Ausschnitt ihres T-Shirts zeichnet einen Schatten auf ihre Haut.
    Isabelle nähert sich.
    »Darf ich sehen?«
    Sie setzt sich neben Marie. Auf dem Bildschirm erscheinen Gegenstände, ein Waschbecken, eine alte Lampe, ein gesprungenes Glas … Marie sagt, sie habe diese Dinge auf Bürgersteigen gefunden, abgestellt, kaputt oder verloren.
    Weitere Fotos. Menschen, Straßen, Plakate. Ein Bühnenarbeiter, der an einem Baum hängt, das Schwarzweißfoto eines einsamen Zuschauers, eine Demonstration mit Rauch im Hintergrund.
    Das Summen des Computers mischt sich in ihr Flüstern, das leise Klappern der Tasten.
    Odon vor seinem Theater, einen Schwamm in der Hand.
    »Komm und schau dir das an!«, sagt Isabelle.
    Er geht zu ihnen.
    Die Farbe rinnt über die Tür.
    Marie lässt weitere Fotos vorüberziehen, eine Laterne, ein freies Gelände.
    »Mein Bruder hat auf Baustellen gearbeitet. Morgens wartete er in einem Unterstand mit Kerlen, die kräftiger waren als er. Ein Kastenwagen kam vorbei. Wenn er nicht ausgewählt wurde, ging er in die Bar, zu Tony.«
    Sie klickt auf das Foto.
    »Das ist das Bistro der Aristos.«
    Sie kratzt die Haut an ihrem Arm mit den Fingernägeln. Anscheinend ist ihr gar nicht bewusst, dass sie das tut.
    Odon geht ans Fenster, betrachtet den Himmel und lauscht ihren Worten.
    »Sie schlossen Wetten ab, er gewann und verlor. Wenn er gewann, versteckte er das Geld unter dem Sitz des Lieferwagens. Er wollte mit mir nach Vietnam, angeblich gibt es dort einen Ort, den man gesehen haben muss, bevor man stirbt.«
    »Die Halong-Bucht«, sagt Odon.
    Marie dreht sich um, einen Arm auf der Stuhllehne.
    »Ja, kann sein.«
    »Bestimmt! Das ruhige Wasser, die Dschunken und die hohen Felsen, alle zieht es dorthin.«
    Isabelle legt ihre Hand beruhigend auf Maries Arm. Ein Foto gleitet ins Bild. Dann klingelt das Telefon, Isabelle entschuldigt sich, verlässt den Raum und nimmt den Anruf in ihrem Zimmer entgegen.
    Marie lässt andere Fotos vorüberziehen.
    »Aus dem Bauch da komme ich.«
    Odon nähert sich.
    Eine Frau im rosafarbenen Morgenrock sitzt auf einem Stuhl, sie trägt ausgelatschte Pantoffeln. Der hochgerutschte Morgenrock entblößt gewaltige Schenkel. Ihr Gesicht sieht man nicht.
    »Hast du das aufgenommen?«
    »Wenn sie Ihnen gefällt, verkauf ich es Ihnen.«
    Er lacht.
    »Ein braves Mädchen verkauft die Fotos seiner Mutter nicht.«
    Sie zuckt die Achseln.
    Dann lässt sie ein anderes Foto erscheinen. Pauls Gesicht vor einem Hintergrund aus Beton. Der gleiche blaue Blick. Die Ähnlichkeit ist verblüffend.
    »Wenn er abends nach Hause kam, fragte er, ob Sie angerufen hätten. Drei Wochen ging das so. Schließlich hat er nicht mehr gefragt und wieder mit seinen idiotischen Wetten angefangen.«
    Sie zieht ein Heft aus ihrem Rucksack und wirft es auf den Tisch.
    Das Heft rutscht, bis es von den Gläsern gestoppt wird.
    »Sie können es lesen, an einer Stelle ist von Ihnen die Rede.«

J ulie und die Jungs treffen sich mit den anderen auf der Place Pasteur. Über hundert Menschen scharen sich um den Fernseher und warten darauf, dass Chirac spricht. Niemand glaubt an diese Rede. Aus gutem Grund. Was er sagt, ist enttäuschend.
    Danach tobt der Volkszorn. Jeder nimmt, was er findet, Kasserollen, Dosen, es hagelt Schläge, mit äußerster Brutalität. Geräusche von Eisen,

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