Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
da spielt?“ Tanja trat vor Wut gegen einen Papierkorb.
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, versuchte einer der Kollegen sie aufzumuntern. „Irgendwann wird der Junior schon noch sein Fett weg kriegen.“
Da es Freitagnachmittag war, würde der Arbeitstag für Tanja ein Glück nicht mehr lange dauern. Samstags hatte sie immer frei, das war der Vorteil daran, dass sie eine Bürokraft und keine Verkäuferin in dem Elektrogeschäft war. Gerade als sie ihren PC herunterfuhr, kam Krause-Junior in ihr Büro und schloss die Tür hinter sich. Tanja saß wie erstarrt hinter ihrem Tisch. Er traute sich tatsächlich schon wieder, so eine Nummer durchzuziehen.
„Wenn Sie nicht sofort aus meinem Büro verschwinden, dann rufe ich um Hilfe.“ Etwas Besseres war ihr in diesem Moment nicht eingefallen.
„Jetzt hab Dich doch nicht so, ich tue Dir doch gar nichts.“ Ihr Chef grinste nur blöd und setzte sich auf das Eck ihres Schreibtisches, so dass seine Füße in ihre Richtung baumelten.
„Außerdem hört Dich eh niemand. Keiner ist mehr da.“
Langsam kroch Panik in ihr hoch. Sie sah sich Hilfe suchend um, und griff dann schließlich zum Brieföffner, der auf ihrem Tisch lag.
„Ich sage es noch einmal, verschwinden Sie oder ich ramme Ihnen das Ding in den Oberschenkel.“
„Das würdest Du nicht wagen.“
„Oh doch, das würde ich“, Tanja sprang vom Stuhl auf und hielt den Brieföffner fest umschlossen.
„Ich krieg Dich schon noch“, sagte der Chef mit einem spöttischen Gesichtsausdruck, rutschte dann aber langsam und vorsichtig seitlich vom Tisch herunter. Scheinbar war er sich nicht ganz sicher, ob Tanja nicht doch zustoßen würde. „Warte nur“, murmelte er noch beim Rausgehen.
Tanja sank auf ihren Stuhl zurück. Den Brieföffner hielt sie immer noch umklammert. Als die Anspannung nachließ wandelte sich ihr Schrecken in eine grenzenlose Wut um. Sie würde sich das nicht länger gefallen lassen. Ab sofort würde der Brieföffner immer griffbereit auf ihrem Schreibtisch liegen und am besten auch ihr Handy, damit sie es das nächste Mal auf Tonband aufnehmen konnte, wenn er wieder solche Sprüche loslassen würde. Der Senior Chef sollte endlich mal die Augen geöffnet bekommen.
Aber für heute war genug. Sie verließ so schnell es ging das Geschäft und fuhr erst einmal einkaufen. Sie brauchte länger wie sonst, das sie die Sachen für ihren Opa noch zusammen suchen musste. Im Krankenhaus packte sie dann stolz ihre Einkäufe vor dem Opa aus. „Leider habe ich Deinen Karottensaft nicht gefunden.“
„Das tut mir leid“, entschuldigte sich der Opa, „ich habe ganz vergessen zu sagen, dass ich den immer im Reformhaus hole.“
„Das macht nichts, dann hole ich ihn morgen. Dafür habe ich uns etwas anderes mitgebracht.“ Tanja griff noch ein letztes Mal in die Tüte und legte zwei Überraschungseier aufs Bett.
„Das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht“, die Augen ihres Opas leuchteten.
„Nicht wahr? Das dachte ich mir auch. Es wird höchste Zeit.“
„Aber versteck die Schokolade vor den Schwestern. Du weißt doch, meine Diabetes.“
Wie die kleinen Kinder packten Tanja und ihr Opa die Überraschungseier aus und bastelten ihre Spielzeuge zusammen. Tanja hatte ein Flugzeug, ihr Opa ein Auto. Und wie früher begannen sie, damit kleine Abenteuer zu erleben. Der Opa befuhr mit dem Auto die schier unüberwindbare Bettdeckenwüste und Tanja kreiste mit dem Flugzeug darüber, um seine Fahrt zu überwachen und ihm seinen Standort durchzugeben. Die beiden alberten mit so viel Spaß herum, dass sie gar nicht bemerkten, wie Frau Dr. Maus das Zimmer betreten hatte. Erst als Tanja ihr vor lauter Schwung mit dem Flugzeug fast die Nasenspitze gerammt hätte, legte sie das Spielzeug ertappt nieder.
„Ich will nicht stören, aber ich müsste kurz Herrn Bayer untersuchen.“ Sie deutete auf den Bettnachbarn von Tanjas Opa. „Würden Sie bitte so lange raus gehen?“, fragte sie Tanja freundlich.
„Kein Problem“, entgegnete Tanja, „ich warte draußen.“ Es dauerte nicht lange, bis die Ärztin wieder aus dem Zimmer kam.
„Es ist schön zu sehen, wie viel Spaß Sie mit ihrem Opa haben. Es trägt auch sehr zur Heilung der Patienten bei, wenn sie etwas zu lachen haben.
„Wissen Sie, als meine Mutter starb, war ich noch sehr klein. Meine Kindheit habe ich daher hauptsächlich bei meinen Großeltern verbracht. Mit meinem Opa habe ich sehr viel gespielt und Blödsinn gemacht. Das ist uns ein Glück
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