Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
Effekt aus. Gemeinsame Herausforderungen, lautet Arons Fazit, und mögen sie uns noch so einfach erscheinen, lassen ein Paar zusammenrücken. [352]
Dabei handelt es sich offenbar nicht um einen bloßen Laboreffekt. Er funktioniert auch in der Praxis. In einem zweiten Versuch bat der Psychologe Ehepaare, die im Schnitt seit über 14 Jahren verheiratet waren, Aktivitäten zu beschreiben, die sie als besonders »aufregend« und solche, die sie einfach nur als »angenehm« einstuften.
Als typisch aufregende Aktivitäten stellten sich beispielsweise heraus: Einen Berg besteigen, Skifahren, Theater, ein Konzertbesuch oder Tanzen. Als lediglich angenehm empfand man unter anderem: Freunde besuchen, gemeinsam etwas Neues kochen, im Restaurant essen oder ins Kino gehen.
Wieder teilte der Psychologe die Paare in zwei Gruppen. Den einen verschrieb er jede Woche anderthalb Stunden eine Aktion der aufregenden Kategorie. Die anderen sollten sich auf Aktivitäten der angenehmen Art beschränken.
Zehn Wochen später befragte der Forscher die Paare nach ihrem Eheglück. Es zeigte sich: Diejenigen, die in den letzten Monaten jede Woche etwas Aufregendes gemacht hatten, waren mit ihrer Partnerschaft eindeutig zufriedener als zuvor. Bei den anderen hatte sich so gut wie nichts getan. Aufregung kann also nicht nur die Verliebtheit, sondern auch die Liebe beflügeln. [353]
Aufregung – es gibt wohl kaum eine Liebesbeziehung, die nicht
damit beginnt. Das Kribbeln im Bauch, die zitternden Hände, man weiß gar nicht, was man sagen soll ... Dann vergeht die Verliebtheit, und für viele stellt sich das schönste Gefühl ein, das es gibt: Liebe.
Lässt sich dieses Gefühl erhalten? Oder muss es zwangsläufig der Gewohnheit weichen? Arthur Aron hat auf Grund seiner Versuche eine klare Meinung dazu. Mag ja sein, sagt er, dass mit den Jahren die Ehezufriedenheit im Schnitt sinkt. Das jedoch, davon ist der Psychologe überzeugt, muss kein unabänderliches Muster sein – die dauerhaft glücklichen Paare, die es gibt, beweisen es. [354]
Der Wissenschaftler hat Recht. Es fordert zwar ein bisschen Einfallsreichtum und etwas Disziplin, die Liebe vor dem Zerfall zu schützen. Doch wenn man sich wirklich um sie kümmert, kann sie lebendig bleiben. Die fünfte Formel dafür lautet: Suchen Sie gemeinsame Herausforderungen und Aufregung im Alltag. [355]
Epilog Liebe kann man lernen
»Die Liebe gleicht einem Fieber; sie überfällt uns und schwindet, ohne dass der Wille im Geringsten beteiligt ist«, schrieb der Romancier Stendhal. [356] Kein Romantiker könnte diesem Satz widersprechen. Hat nicht jeder von uns schon mal das Gefühl erlebt, der Leidenschaft wehrlos ausgeliefert zu sein?
Auch Goethe war fest davon überzeugt, dass wir der Liebe gegenüber machtlos sind: »Lieben heißt leiden«, sagte der Dichter an einem vertraulichen Abend in Karlsbad dem Philologen Friedrich Wilhelm Riemer. »Man kann sich nur gezwungen (natura) dazu entschließen. Das heißt: Man muss es nur, man will es nicht.« [357]
Die Leidenschaft ist stürmisch, unkontrollierbar, sie beherrscht uns, muss uns beherrschen, nicht wir sie, sonst ist es keine Leidenschaft. Und doch, so schön und grausam die Leidenschaft sein kann, sie stellt nur die eine Seite der Liebe dar.
Die Liebe ist ein Rausch, ja, aber sie bedeutet auch Arbeit. Die Liebe ist ein Glück, aber sie ist auch ein Entschluss, ein echter, freier Entschluss, den wir jeden Tag aufs Neue fassen können. Die Liebe ergibt sich von selbst, einerseits. Auf der anderen Seite müssen wir uns um sie bemühen. Wer die Liebe vernachlässigt, den verlässt sie. Liebe und freier Wille schließen sich also nicht aus, sie ergänzen sich, gehen Hand in Hand – das zeigen nicht zuletzt die Erkenntnisse der Wissenschaft.
Die Studien des US -Psychologen Arthur Aron beispielsweise belegen, dass aufregende Aktivitäten die Liebe beflügeln. Das trifft auf den Moment des Kennenlernens zu, gilt aber auch nach Jahren der Ehe noch. Gemeinsame Herausforderungen entfachen
in einer abgekühlten Liebe nachweisbar neues Feuer. Diesen Herausforderungen können wir uns stellen oder nicht. Das heißt, wir sind unseren leidenschaftlichen Gefühlen zwar ausgeliefert, bis zu einem gewissen Grad. Umgekehrt aber ist die Leidenschaft auf uns angewiesen: Ob sie bleibt oder schwindet, liegt auch in unseren Händen.
Liebe ist somit mehr als nur Schicksal. Wir müssen etwas dafür tun, damit sie gelingt. Liebe kann man lernen. Aber wie? Was
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