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Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Titel: Die Liebe zu Rosen mit Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Dilloway
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auf das Mädchen.
    Es hebt eine Handvoll silberner Totenkopfringe und Stachelarmbänder. »Hi, Tante Gal.«
    Mein Mund steht offen, und ich kriege ihn nicht wieder zu. Riley? Meine Nichte Riley? Tausend Gedanken schwirren durch meinen Kopf. Doch meine Stimme ist ruhig und emotionslos, als ich spreche.
    Â»Wo ist deine Mutter?«
    Â»New York, im Moment. Sie ist auf Geschäftsreise. Danach geht sie für zwei Monate nach Hongkong.« Riley schaut mir in die Augen, und ich erwarte, in ihrem Blick Angst oder Trauer zu sehen. Ihr Ausdruck ist leer. Ich schätze, sie sagt sich wohl, dass alles in Ordnung ist, und verdrängt alles andere. Oder vielleicht hat sie nur gelernt, die Auswirkungen ihres Tornados von einer Mutter nicht an sich heranzulassen, genau wie ich. Wieder mal packt mich die Wut auf ihre Mutter. Wie kann sie es wagen? Was hat Becky sich dabei gedacht? Die Antwort ist: Sie hat sich nichts dabei gedacht. Es hat keinen Sinn zu fragen.
    Â»Sie ist mit dem Bus gekommen.« Dr. O’Malley fährt mit der Hand durch seinen dichten Haarschopf. Diesmal sehe ich tatsächlich drei Haare ausfallen und habe direkt Mitleid mit ihm. »Von San Francisco.«
    Â»Das geht ja noch«, sage ich. Es kann nur ein böser Traum sein. Ich berühre Rileys knochige Schulter. Sie fühlt sich real an. Offenbar weiß sich meine Nichte im Zweifel selbst zu helfen. Schön für sie.
    Der Direktor sieht mich komisch an. Ich merke, dass meine Worte seltsam klingen. Tue ich so, als wäre es normal, dass eine Mutter ihr einziges Kind allein durch den ganzen Staat zu jemandem schickt, ohne denjenigen zu informieren?
    Â»Ich rufe ihre Mutter gleich an.« Meine Stimme klingt wie aus weiter Ferne. Ich überlege, ob ich unter Schock stehe oder nur benommen bin von der Nebenhöhlenentzündung.
    Ich gehe um den Stuhl herum, damit ich sie richtig ansehen kann. Obwohl sie sitzt und ich stehe, überrage ich sie kaum. Bei unserer letzten Begegnung war sie noch ein kleines Mädchen. Jetzt erkenne ich sie kaum wieder. Früher hatte sie dunkelblonde Haare genau wie Becky und trug die damenhaften Kleider, die Becky ihr kaufte. Jede Spur von Unschuld ist mittlerweile ausgemerzt.
    Wenn ich eine Tochter hätte, wenn Riley mein Kind wäre, wäre sie anders. Sie würde keine schwarzen Sachen tragen, und sie wäre bestimmt keine tausende Meilen von mir entfernt.
    Mir fällt auf, dass ich mir Rileys Geburtstag nur mithilfe meines Kalenders merken kann. Ich schäme mich.
    Â»Riley?« Unnötigerweise flüstere ich.
    Â»Ja?« Sie wendet sich leicht von mir ab.
    Â»Ich freue mich, dich zu sehen.« Ich meine es ernst. Ich überlege, ob ich sie umarmen soll, und beuge mich unbeholfen vor, doch sie weicht zurück.
    Ihre Augen – haselnussbraun wie die ihrer Mutter – werden dunkel, als sie den Kopf hebt. »Mom meinte, du wüsstest es.«
    Â»Was wüsste ich?« Ich zermartere mein Hirn.
    Â»Sie hat mit Oma gesprochen und es abgemacht.« Riley hält ihre graue Hello-Kitty-Tasche auf dem Schoß fest.
    Meine Eltern sind in den kommenden zwei Wochen in Frankreich. Ich erinnere mich an das Gespräch, das ich nach der Dialyse mit meiner Mutter geführt hatte. Sie sagte irgendwas davon, dass Riley nicht bei Becky bleiben und zu ihr kommen wolle, aber doch nicht zu mir. Und auch erst, wenn sie aus Frankreich wieder da sind. Nicht schon jetzt.
    Hatte ich mich auf irgendetwas eingelassen, woran ich mich nicht erinnerte? Selbst wenn ich bei dem Telefonat mit meiner Mutter unter Beruhigungsmitteln stand, hätte sie so etwas doch nie vorgeschlagen. Schließlich bin ich krank.
    Â»Mom meinte, du hättest gesagt, ich könnte herkommen und müsste kein Schulgeld bezahlen.« Sie atmet tief durch. Ich sehe, dass sie unter ihrem Mantel klapperdürr ist. Ihre blassen Finger zittern. »Da hat Mom wohl was falsch verstanden.«
    Das Schulgeld. Stimmt. Sprösslinge der Lehrerschaft sind vom Schulgeld befreit. Mündel auch. Hatte ich das Becky gegenüber jemals erwähnt? Wenn ja, dann nur nebenbei. Vor einiger Zeit hatte ich mich an Weihnachten mit ihr darüber unterhalten und beiläufig gesagt: »Schade, dass sie nicht meine Tochter ist. Sie müsste für die St. Mark’s nichts bezahlen.« Und das wurde mir als Einladung ausgelegt? Becky nahm das Angebot an, wie immer. Sie nahm alles, was sie kriegen konnte.
    Ich lege meine Hand

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