Die Liebe zu Rosen mit Dornen
breit weder Mann noch Ehering. Zu Männern ist sie immer netter als zu Frauen.« Er atmete tief. »Traurig, aber wahr.«
Ich sah mir die zahllosen Männer im Saal an. Mehr Männer als Frauen wählen dieses Hobby. Viele Wissenschaftler und Ingenieure. Man braucht eine bestimmte Art von Persönlichkeit und Geduld für die langfristigen Ergebnisse. »Dann verbringt sie also viel Zeit damit, nett zu sein.« Ich vermutete, dass sie zu Byron und seinen breiten Schultern besonders nett war. »Warum erzählen Sie mir das überhaupt?«
»Weil Sie es wissen müssen.«
Als sie an unseren Tisch trat, schenkte mir Miss Lansing ein missbilligendes Lächeln, dann schmolz ihre Miene, als sie Byron die Hand reichte. »Meine Güte, Byron, Ihre Rosen sehen wirklich bezaubernd aus! Genau wie Sie, wenn ich das hinzufügen darf.« Ein sahniges Glucksen drang aus ihrer Kehle.
»Nicht so bezaubernd wie Sie. Wie eine Rose aus Texas.« Byrons förmlicher Ton nahm einen weichen Südstaatenklang an. Er trug dermaÃen dick auf, dass ich das Gesicht verzog, und doch errötete Miss Lansing. Sie war ihm verfallen. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, woraufhin sie mich ansah. »Das ist Gal«, sagte Byron mit groÃer Geste.
»Neue Assistentin?« Ihr Blick war wieder auf ihn gerichtet. Natürlich. Ich war keine Konkurrenz für einen Mann.
»Neue Wettbewerberin. Die sollten Sie im Auge behalten.« Mit einem knappen Nicken trat er zurück, als sie weiterging, und wieder wechselte sein Akzent. »Juroren Honig um den Bart schmieren. Der anstrengendste Teil des Tages.«
Nachdem wir den ganzen Nachmittag über die Abstammungslinien meiner Hulthemia gesprochen hatten, wie ich die perfekte Hulthemia entwickeln wollte und welche Kreuzungen dafür ideal wären, schaute Byron mich an. »Sie gehen ausgesprochen intuitiv vor.«
Von den FüÃen bis zur Kopfhaut lief ich knallrot an. Komplimente sind selten.
Seine Assistenten packten die Rosen ein. Er gab mir die Hand und steckte mir wie ein Zauberer seine Visitenkarte zu. »Lassen Sie uns in Kontakt bleiben.«
Ich ging davon aus, dass er nur freundlich sein wollte. Aber er mailte mich zuerst an, hatte meine Adresse aus dem Internet. Es gibt nicht allzu viele Leute mit dem Namen Galilee.
Jetzt sind wir E-Mail-Freunde, stellen uns gegenseitig Fragen, erzählen von unseren Rosen. Byron wohnt weit weg, und wir müssen uns nicht regelmäÃig treffen, um zu plaudern. Er ist der einzige Internetkontakt aus der Welt der Rosen, dem ich persönlich begegnet bin.
Er schickt mir ausgewählte Samen, die für mich von Interesse sein könnten. Ich revanchiere mich. Natürlich behalte ich meine besten Rosen für mich, wie er es sicher auch tut.
Sein Rat hinsichtlich der Juroren hat sich ausgezahlt. Bei der nächsten Rosenschau, an der ich teilnahm, habe ich Miss Lansing ein Kompliment für ihr grauenvolles grünes Kostüm gemacht. Den Wettbewerb habe ich zwar nicht gewonnen, aber sie hat mich eingeladen, kostenlos einer Podiumsdiskussion von Rosenzüchtern beizuwohnen.
Ich öffne Byrons Mail. Vielleicht bietet er mir einen Job auf seiner Ranch an und steigt endgültig in das Geschäft mit den Rosen ein, was er sich ohne weiteres leisten könnte.
Habe eine getupfte Rose. Möchte die Tupfen behalten. Irgendeinen Vorschlag?
Er hat das Foto einer purpurroten Hulthemia mit kleinen, weiÃen Tupfen beigefügt. Der Fleck ist von dunklerem Purpur. Ich runzle die Stirn. Das ist doch offensichtlich. Er hat ein paar Semester Botanik studiert. Er ist nicht blöd. Er müsste nur eine Kreuzung ausprobieren, um zu sehen, ob die Tupfen bleiben. Manche glauben, die Tupfen seien auf einen Virus zurückzuführen, nicht auf die Gene. AuÃerdem weià er, dass ich mehrere getupfte Rosen habe, deren Tupfen nicht verlässlich wiederkehren.
Trotzdem antworte ich nicht gleich. Ich möchte es noch mal nachprüfen, um sicherzugehen, dass ich nichts Entscheidendes übersehen habe. Manchmal bekomme ich den Eindruck, dass er mich mit diesen Fragen auf die Probe stellt. Bei Byron möchte ich nur ungern Fehler machen. Sollte er sein Unternehmen jemals auf professionelle Beine stellen, heuert er mich vielleicht an.
Es wird Zeit fürs Gewächshaus. Ich muss mich auf den heutigen Unterricht vorbereiten, aber da ich das momentane Thema schon einige Jahre behandle, kann ich
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