Die Liebe zu Rosen mit Dornen
Gedanken gelöscht. Dann lese ich:
Duft. Das ist das fehlende Element, oder?
Das und Wuchsstärke. Ich werde meiner Freundin Dara eine Pflanze geben. Wenn sie sie nicht umbringt, dann schafft es keiner.
Gute Idee .
Er loggt sich aus.
Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und denke nach. Was für ein Ass hat er im Ãrmel? Wieso tut er so geheimnisvoll?
Nach der Schule suche ich Dara, da sie mittags schon wieder nicht aufzufinden war. Sie ist im Kunstraum.
Ich habe sie kaum zu sehen bekommen, seit sie mir eröffnet hat, dass sie nicht mit zur Rosenschau fahren kann. Vielleicht geht sie mir aus dem Weg. Ich jedenfalls muss zugeben, dass ich ihr aus dem Weg gegangen bin, ein bisschen zumindest. Hab gewartet, dass sie den ersten Schritt macht. Ich sage Hallo, geselle mich aber beim Mittagessen nicht zu ihr und Mr Morton. Ebenso wenig laufe ich nach der Schule herum und suche sie. Abgesehen davon, dass wir befreundet sind, gibt es kaum einen Grund für eine Interaktion zwischen unseren beiden Fächern. Und ich bin sehr beschäftigt.
Daras Kunstraum befindet sich in einem eigenen Gebäudetrakt mit groÃen Fenstern, sodass das Licht von beiden Seiten hereinscheint. Sie hat Zeichentische, die man kippen kann, und hohe Hocker. Staffeleien lehnen zusammengeklappt und griffbereit an der Wand.
Im kleinen Innenhof ist sogar Platz für ihre Keramikarbeiten. Unter dem Vordach stehen verdreckte leinenbespannte Tische und ein gemauerter Brennofen, den ein lang vergessener Förderer gespendet hat. Tontöpfe und Skulpturen trocknen auf hölzernen Regalen. Hier drauÃen finde ich sie beim Betrachten der Töpferarbeiten, die sie eine nach der anderen in die Hand nimmt. »Heizt du den Kiln heute an?« Ich gehe über den Rasen und setze mich im Schatten an einen der Arbeitstische.
»Du erinnerst dich! Ich bin beeindruckt.«
»Manchmal passe ich auch auf.« Vor mir liegt ein Klumpen feuchter Ton.
Sie setzt sich mir gegenüber. »Möchtest du was töpfern? Ich hab gerade die Luftblasen rausgeknetet.«
»Luftblasen?«
»Es ist wie Brot. Ich betrachte Ton als etwas Organisches.« Sie deutet auf den grauen Klumpen. »Mach ruhig.«
Ich nehme das Stück. Es ist schleimig. Ich verziehe das Gesicht. »Ich weià nicht, was ich kneten soll.«
»Knete einfach irgendwas.« Sie verschränkt die Arme auf dem Tisch. Heute trägt sie eine groÃe, fleckige Schürze über ihrer hochgekrempelten Jeans und dazu ein altes T-Shirt. Die Haare fallen lose auf ihre Schultern.
Ich denke an Mr Morton und überlege, wie ich das Thema zur Sprache bringen soll.
Dara bricht ein Stück Ton ab, formt es zwischen ihren Handflächen zu einer Kugel. »Wie geht es Riley?«
»Gut.« Ich überlege, ob ich Dara erzählen soll, dass Riley um ein Haar meine kostbarste Rose umgebracht und die anderen vergiftet hätte, aber schon wieder überkommt mich dieses merkwürdige Gefühl. »Es geht ihr gut.«
Dara nickt. »Freut sie sich schon auf die Wissenschaftsolympiade?«
Ich nicke. Was ist das denn für ein lahmer Smalltalk? Da könnte ich mich genauso gut mit der Mutter eines Schülers unterhalten.
Sie räuspert sich, und ich merke, dass sie zur Sache kommen will. »Ich habe mit Dr. OâMalley gesprochen.«
Ich knete den Ton mit meinen Händen. Langsam wird er trocken. Ich halte meine Finger in einen Wassereimer, bevor Dara mich dazu auffordern kann. »Er hat dir von seinem Ultimatum erzählt. Ich meine: von seinem Angebot .«
Sie nickt und hebt eine Hand. »Bevor du aus der Haut fährst, sollte ich dir sagen, dass ich es für eine gute Idee halte.«
Ich knalle meinen Ton auf den Tisch. »Wieso glauben immer alle, dass ich aus der Haut fahre?«
Sie sieht mich ganz ruhig an. Unter dem einen Auge hat sie einen kleinen Fleck von der Wimperntusche. »Weil du es tust.«
»Nun, tu ich nicht, aber es ist auch keine gute Idee. Ich möchte nicht auf irgendeinen Teilzeitposten abgeschoben werden, ohne kranken- oder rentenversichert zu sein. Schon mal daran gedacht?« Ich nehme den Tonklumpen, und meine Finger bewegen sich wie von selbst.
Sie beugt sich vor. »Gal, wenn du dieses Angebot nicht annimmst, wirst du vielleicht vor die Tür gesetzt, und dann kriegst du überhaupt nichts.«
»Das Risiko gehe ich ein.« Ich stehe auf. »Ich dachte, du wärst auf meiner Seite,
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