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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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einmal ein Spiel richtig spielen, das ist schon zu viel verlangt! Anstatt dass du es richtig machst, lässt du mich einfach in einem Käfig zusammen mit einem Büschel fremder Haare schmoren! Du elender Sadist.
    – Tessa, was willst du eigentlich von mir? Wie hätte ich das Spiel richtig spielen sollen? Du hast mir gesagt, ich soll deine Hilferufe ignorieren und dich wie eine Sklavin behandeln, und dann flippst du aus, wenn ichgenau das mache, weil du als Sklavin nicht bestimmen kannst, wie das Spiel –
    – Du bist so beschissen gut , weißt du das? Du bist so unwahrscheinlich gut darin, die Tatsachen zu verdrehen. Egal, worum es geht, wenn es durch dein Gehirn läuft, kommt es vollkommen verdreht und verquirlt wieder raus, wie Eiscreme aus einer dieser Maschinen.
    – Wie hätte ich mich denn deiner Meinung nach verhalten sollen? Du hast schließlich diesen verdammten Scheißkäfig ins Haus geholt.
    – Ah, sehr schön, natürlich ist es ein Scheißkäfig, wenn ich ihn ohne deine Erlaubnis bestellt habe, natürlich!
    – Ach, halt doch dein blödes Maul, Sklavin!
    Mit diesen Worten ließ ich sie stehen. Sie brüllte mir irgendetwas nach, dann steckte sie sich einen Finger in den Hals und übergab sich ins Waschbecken. Ich schob währenddessen den schweren Käfig aus der Küche. Immerhin würden wir hier an diesem Abend zusammensitzen und etwas essen. Das hässliche Foltergerät mit seinen klebrigen Stellen voller fremder Sklavenhaare hätte uns nur den Appetit verdorben. Ich schleppte und zerrte den Käfig auf den Balkon. Als er endlich draußen war, fühlte ich mich kein bisschen erleichtert. Nur ein wenig erschöpft. Und furchtbar hungrig.

Der Schläfer erwacht
1
    Frederik war ein strenger Mensch. Er schlug seine Frau regelmäßig und dachte sich für die täglichen Verfehlungen seines siebenjährigen Sohnes Robert immer neue Strafen und Zurechtweisungen aus. Einmal zwang er ihn, eine Münze, die Robert angeblich gestohlen hatte, in den Mund zu nehmen und zu schlucken. Wenn er die Münze so gerne haben wolle, dann solle er sie auch immer mit sich herumtragen. Als Robert später Bauchschmerzen bekam und in die Klinik gebracht werden musste, tadelte der Arzt zwar Frederiks Erziehungsmaßnahme, doch Frederik spürte, dass ihn der Arzt insgeheim für seine Konsequenz und Selbstbeherrschung bewunderte. Immer redete er ihn mit Herr Waggerl an, ein eindeutiges Zeichen für Respekt und Wertschätzung.
    Auf dem Nachhauseweg von der Klinik stieß Frederik mit einem Lastwagen zusammen, sein Körper wurde in anatomisch kaum mehr nachvollziehbarer Stellung unters Lenkrad gequetscht, und er erwachte zwei Tage später im Krankenhaus. Es war spätnachts. Er läutete nach der diensthabenden Schwester, und als diese endlich kam und ihn fragte, wie er sich fühle, konnte er ihr nicht antworten. Sein Mund versuchte, Wörter zu bilden, aber es ging nicht. Als Nächstes versagten sein Augenlicht und seine Atmung. Er erlitt einen schwerenAnfall, und die Schwester musste den Arzt wecken. Mit zerzausten Haaren trat der Doktor an Frederiks Bett und untersuchte ihn. Er schob die Lider hoch und leuchtete in die Pupillen, die ängstlich zusammenschrumpften. Kurz darauf fiel Frederik ins Koma. Seine Familie (sein Sohn war bei dem Unfall nur leicht verletzt worden) wurde verständigt.
    Drei Jahre lang lag sein Gehirn im Dämmerzustand. Er registrierte einige Dinge, die um ihn herum geschahen, die vertrauten Klänge einer Weihnachtsfeier, den ohrenbetäubenden Lärm von Umbauarbeiten, die im Krankenhaus vorgenommen wurden, die Stimme seiner Frau. Die meiste Zeit jedoch herrschte Stille.
    Dann kam die Nacht im September 2003, als er wie durch einen Stromstoß plötzlich wach wurde. Er blinzelte, versuchte, sich seine Situation zu erklären. Er hing an verschiedenen Geräten und wurde, wie es schien, auch künstlich beatmet. Warum war das nötig? Erst zwei oder drei Stunden nach seinem Erwachen bemerkte man seinen veränderten Zustand. Man sprach mit ihm, testete seine Reflexe, und er freute sich, wie nett und zuvorkommend ihn alle behandelten. Man erklärte ihm, wer er war und was mit ihm passiert war, und zu seinem großen Erstaunen musste er feststellen, dass er sich an früher erinnern konnte, an die Zeit vor dem Unfall, an seinen Sohn, an seine Frau, sogar an seine Wohnung im hässlichen Bezirk Straßgang. Er begann zu sprechen, und es gelang ihm, nach einigen Versuchen einen vollständigen Satz zu formulieren. Andere Sätze folgten, und

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