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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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um.
    – Da steht eigentlich alles, sagte sie.
    – Hm.
    – Doch. Ich hab jetzt alles durchgelesen, und es ist gar nicht so schwierig.
    – Bitte, Tess.
    Ich versuchte, ihre Stimme auszublenden und mich auf das zu konzentrieren, womit ich mich schon den halben Vormittag herumplagte. Zwei Tasten auf der TV-Fernbedienung, der Lautstärkeregler und die Null, waren durch wiederholtes Drücken so tief ins Gerät gerutscht, dass das entsprechende Infrarotsignal nun pausenlos ausgesendet wurde. Wenn man den Fernseher einschaltete, wechselte er sofort auf den Videokanal, ein schwarzer Bildschirm mit einem kleinen Kassettensymbol in der oberen rechten Ecke, und die fischgrätenförmige Lautstärkendarstellung schwoll bis zum Anschlag an, sodass die empfindlichen Boxen zu knistern begannen.
    – In dem Diskussionsforum steht alles, sagte Therese.
    – Mhm.
    Mit einem Zahnstocher versuchte ich, die Knöpfe aus der Fernbedienung zu pulen, aber der Erfolg war nur gering. Immer noch strömte das unsichtbare Lichtsignal aus meiner Hand in Richtung Fernseher.
    – Nur eine Minute, sagte Therese.
    – Du siehst doch, ich …
    – Aber es sind ganz einfache Regeln, die du befolgen müsstest. Sauberkeit, erste Regel, wichtigste Regel. Und einen Platz zum Urinieren und einmal am Tag das Essen in einem Napf. Das ist doch relativ einfach –
    – Herrgott!
    Die Null war nun ganz im Gehäuse der Fernbedienung verschwunden. Ich würde sie nie wieder herausbekommen.
    – Bitte, sagte Therese, ich wünsche es mir. Mir ist egal, ob du deswegen ein schlechtes Weltbild von mir hast.
    – Ein schlechtes Weltbild von dir?
    – Leg das Zeug einen Augenblick zur Seite, ja?
    – Okay.
    Ich warf die Fernbedienung auf das Sofa.
    – Ich hab dir das Wichtigste noch nicht verraten, sagte Therese. Das Wichtigste.
    – Und?
    – Der hier verkauft sogar seinen alten Käfig.
    – Oh Gott!
    Ich war aufgestanden.
    – Gebraucht, sagte Therese in etwas tieferer Tonlage. Gebraucht.
    – Aha.
    – Was hast du denn? Willst du mir nicht einmal eine Freude machen? Ich bezahle ja alles. Du verlierst keinen Cent. Der Käfig ist schon zu uns unterwegs.
    – Was? Wann hast du ihn bestellt?
    – Letzte Woche.
    Ich schnappte nach Luft.
    – Aber Tess, warum … ich meine … warum fragst du mich nicht vorher, warum erfahre ich das alles erst jetzt?
    – Ich habe ihn in den Keller gestellt, neben deine Winterreifen.
    – Was? Er ist schon da? Du meinst, hier im Haus? Du machst dich über mich lustig!
    – Nein, ich gehe die ganze Sache nur vorsichtig an, wie du siehst. Ist die Fernbedienung eigentlich immer noch kaputt?
    Am Abend schleppten wir den Käfig durch das Treppenhaus in unsere Wohnung. Er war ungewöhnlich schwer, wir stellten ihn in die Küche. Ursprünglich hatte sich Therese das Schlafzimmer gewünscht, damit das Bett immer in Sichtweite war, aber die Tür zum Schlafzimmer war etwas schmaler als die übrigen Türen, und so ließen wir ihn neben dem Kühlschrank stehen, zwischen dem alten Holztisch und den Küchenregalen. Ein echter Käfig, etwa zwei mal zwei Meter im Grundriss und gerade hoch genug, dass man darin kauern konnte. Als ich die Käfigtür aufmachte, klatschte Therese in die Hände und rannte ins Nebenzimmer. Sie kam nackt zurück.
    – Was … Ach, Tess, doch nicht gleich jetzt, nicht heute, bat ich sie. Komm, zieh dich wieder an.
    – Ich hab dir alles ausgedruckt. Liegt alles auf dem Bett. Du kannst nichts falsch machen.
    Ich ging ins Schlafzimmer. Tatsächlich lag auf demBett eine Menge Papier, auf einigen Blättern war nur der Rahmen einer Webseite gedruckt, auf anderen Teile von Texten, deren Sinn man nur durch einiges kombinatorisches Geschick erschließen konnte. Ganz oben auf dem kleinen Stapel lag eine Liste mit Regeln.
    Erste Regel (wichtigste Regel!): Wenn Sklavin darum bittet, dass du sie freilässt, egal, was sie sagt – ignoriere sie!
    – Tess!, rief ich. Ich hab’s mir überlegt. Ich mach das nicht.
    Keine Antwort.
    Zweite Regel: Es ist Sklavin nur dann erlaubt zu sprechen, wenn Gebieter es ihr befiehlt.
    – Tess?
    Ich glaube, so glücklich hatte ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Ihr kleines, mädchenhaftes Gesicht schwebte hinter den Gitterstäben, das Schloss war von ihr verriegelt worden. Der Schlüssel lag, für sie unerreichbar, in einer Ecke des Raumes.
    – Tess, das ist nur dann ein Spiel, wenn ich auch mitspiele. Ich will dich nicht einsperren, auch wenn dir das gefällt.
    Sie machte mit ihren Fingern eine

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