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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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Excel-Tabelle nach, in der die verschiedenen Titel seiner Aufsätze standen: Entwürfe von Männlichkeit in ausgewählten Briefen des späten neunzehnten Jahrhunderts ; Männlichkeit und Hindernis: eine Evaluation des phallozentrischen Weltbildes im Spiegel der Kunst behinderter Menschen ; Männliche Selbstwahrnehmung in Autobiografien von Bodybuildern .
    Professor Antonitsch sagte diese Titel immer wieder gerne auf. Es war eine Art von Musik. Er besaß sogareine Folie, auf die er die Statistik seiner wissenschaftlichen Veröffentlichungen als Diagramm gezeichnet hatte. Aber dieses Diagramm zeigte er nur selten her, da es ihn auf unangenehme Weise an die Statistiken auf Baseball-Sammelkarten erinnerte. Seine Liste der Buchveröffentlichungen war nicht so lang und musikalisch wie die der Aufsätze, tatsächlich enthielt sie nur einen einzigen Eintrag: Die Vertreibung aus dem Paradigma – Konzepte von Männlichkeit im post-freudianischen Universum.
    – Natürlich werde ich in der Klausur keine dieser Titel abfragen, sagte er, das sollte nur zu Ihrer Information sein.
    Enttäuscht legten einige Studenten ihren Bleistift hin. Andere schrieben unbeirrt weiter. Sie glaubten an solche Versicherungen schon lange nicht mehr.
    – Sie haben sich für das Seminar Der männliche Körper als Ausdruck in Therapie und Widerstand angemeldet. Und ich nehme an, Sie haben das aus einem bestimmten Grund getan. Ideal wäre natürlich, wenn Sie sich nicht nur aus Termingründen entschieden hätten und weil es in Ihren Stundenplan passt. Aus Erfahrung weiß ich allerdings, dass das in den meisten Fällen so ist. Wie dem auch sei, ich werde Ihnen trotzdem ein gewisses Vor-Interesse an dem Thema und meinen theoretischen Konzepten unterstellen. Anfangs wird Sie das möglicherweise irritieren und überfordern, aber gegen Ende des Seminars werden Sie mir bestimmt dankbar dafür sein.
    Professor Antonitsch sah, dass zwei Studentinnen sich sogar jetzt noch Notizen machten. Entweder sie waren von einer Art Graphomanie befallen (in jedemSemester gab es ein oder zwei solche Fälle), oder sie spionierten ihn aus und verfassten einen Bericht für jemanden, den es interessierte, welche Lehrinhalte er in seinen Seminaren vermittelte. Beides war ihm recht, beides war ihm egal.
    – Teil dieses Seminars wird der Besuch einer Ausstellung von Kunst geistig behinderter Menschen sein, was natürlich nicht zu den Seminarzeiten passieren kann, weswegen ich Sie bitte, einen dieser drei Termine wahrzunehmen.
    Seine große, schwarze Overhead-Hand schob eine Folie mit den Terminvorschlägen ins Bild. Ein Raunen ging durch den Seminarraum. Manche packten ihre großen Taschenkalender aus und begannen zu blättern.
    – Sollten Sie zu keinem dieser Tage Zeit haben, besteht auch die Möglichkeit, eine zusätzliche schriftliche Arbeit über ein von mir oder auch von Ihnen selbst vorgeschlagenes Thema zu verfassen. Aber ich würde Ihnen in jedem Fall empfehlen, diese – ja, bitte?
    Eine Studentin mit langen schwarzen Haaren und einem Blick wie ein hypnotisiertes Baby hatte die Hand gehoben.
    – Wie lang muss denn diese schriftliche Arbeit sein?
    Immer dieselben Kinderfragen. Wie lang soll die Arbeit sein? Wie viele Stunden werden mir angerechnet? In welcher Farbe soll ich meinen Namen unterstreichen?
    – Ich hatte an zehn bis fünfzehn Seiten gedacht, antwortete Professor Antonitsch.
    – DIN A4?
    – Ja.
    Einige Studenten lachten.
    – Und das Layout …?
    – Eineinhalbfacher Zeilenabstand, Schriftgröße zwölf, Deckblatt mit farbigem Passfoto, sagte er. War es das, was Sie hören wollten?
    Die Studentin schien zu überlegen, dann nickte sie, schrieb diese wichtigen Informationen auf und malte am Ende ein vierfaches Kästchen darum. Andere taten es ihr gleich.
    – Also, ich bitte Sie, sich für einen dieser Termine anzumelden. Und das tun Sie bitte über E-Mail. Hier meine Adresse.
    Er zeigte ins Leere. Die falsche Folie. Schnell wechselte er sie aus. Die Studenten schrieben die E-Mail-Adresse auf. Großartig, dachte Professor Antonitsch, dann kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen. Er fragte sich, ob er auch nur eine einzige Anmeldung per E-Mail bekommen würde.
    Er hatte begonnen zu schwitzen. Aber er hielt sich ganz gut. Trotz des furchtbaren Streits mit seiner Frau heute Morgen war er relativ entspannt. Natürlich hätte er alle Studenten, die gekommen waren, an seinem Seminar teilnehmen lassen können, aber warum sollten alle Menschen außer ihm

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