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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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zweihundert?, fragt er schüchtern.
    – Hör zu, du kleiner Nichtsnutz, sagt Agathe, mit Ulrike hier kannst du das vielleicht machen, aber nicht mit mir. Entweder dreihundert oder gar nicht.
    – Oh, sagt der junge Mann. Bitte. Ich …
    – Zweihundertsiebzig, sagt Agathe nach einigem Überlegen. Alles darunter wäre eine Beleidigung.
    – Kann ich, kann ich eventuell auch mit Karte zahlen?, fragt der junge Mann.
    Die drei Mütter lachen, Agathe am lautesten.
    – Ja, sicher, mein Kleiner, sagt sie. Das werden wir schon schaffen. Wir gehen einfach an einem Geldautomaten vorbei, versprochen.
    Das Gesicht des jungen Mannes hellt sich auf.
    – Okay, dann.
    – Kleines Dummerchen, sagt Agathe und hängt sich bei ihm ein.
    Sie gehen davon. Die anderen Mütter schauen ihnen nach, dann widmen sie sich wieder dem langsamen Auf-und-ab-Spazieren. Als es nach einigen Minuten zu regnen beginnt, spannt Irma ihren altmodischen Schirm mit dem lachenden Mondgesicht auf, und die anderen Mütter rücken eng zusammen, damit sie nicht nass werden.
    – Diese Agathe, sagt Ulrike. Es vergeht wirklich keine Nacht, wo sie nicht einen Sohn bekommt.
    – Das macht die Erfahrung. Wart’s nur ab, bei dir ist es bald auch so weit.
    – Schön wär’s. Für mich gibt’s ja nur das hier. Wo soll man sonst hin? Und Töchter betreuen mag ich nicht, obwohl ich gehört habe, dass man da wenigstens in einem Haus warten kann und nicht auf der Straße bei Wind und Wetter –
    – Ist schon gut, sagt Irma, die es nicht mag, wenn die anderen sich beklagen. Schau, es hat schon wieder zu regnen aufgehört. War nur ein kurzer Schauer.
    Die Mütter verteilen sich wieder. Irgendwo schlägt eine Turmuhr die Viertelstunde, und etwas später schreit eine Autosirene im Schlaf. Sonst bleibt es still. Der Abend schreitet voran, und ein paar vereinzelte Sterne werden sichtbar.
    Wenn der junge Mann lacht, hält er sich die Faust vor den Mund, als würde er husten. Agathe findet das niedlich. Um seine Hilfsbereitschaft zu prüfen, täuscht sie große Schwierigkeiten beim Treppensteigen vor. Philipp bleibt stehen und schaut ihr zu, dann fällt ihm ein, dass er ihr helfen sollte, und er tut es, so gut er kann. Zwar stellt er sich dabei ein wenig ungeschickt an, denkt Agathe, aber immerhin. Sein Klingelschild sagt: Uhlheim. Ein Name, der Agathe etwas sagt. Vielleicht ein früherer Kunde? Es gibt ja so viele Kinder, denkt sie.
    In der Wohnung nimmt er ihr den Regenmantel ab und hängt ihn auf den Kleiderständer. Agathe sieht sich ein wenig um. Eine typische Studentenbehausung, höhlenartig und muffig, wie die Bettwäsche von pubertierenden Kindern. Ein falsch zusammengeklapptes Bügelbrett liegt quer über dem Sofa.
    – So, sagt er. Hier wohne ich.
    – Ich hab gewusst, dass aus dir mal was wird, sagt Agathe.
    Philipp lacht. Es ist kein herzliches Lachen, eher ein nicht rechtzeitig unterdrückter Reflex seines Gesichts. Vielleicht fällt es ihm schwer, sich zu entspannen, bevor das Finanzielle geregelt ist, denkt Agathe. Sie beschließt, es ihm leichter zu machen, und hält einfach die Hand auf. Er blickt sie an, braucht ein, zwei Sekunden, dann versteht er und geht in ein anderes Zimmer. Er kommt zurück und drückt ihr zwei Hunderterscheine und einen Fünfziger in die Hand. Dann macht er sich auf die Suche nach einem Zwanziger und wird nervös, weil er keinen finden kann. Auf dem Nachhauseweg ist er gar nicht an einem Geldautomaten stehengeblieben, fällt Agathe ein.
    – Ist schon gut, sagt sie. Soll ich dir was kochen? So wie früher?
    Seine erleichterte Reaktion hilft auch ihr dabei, sich zu entspannen. Er fährt sich mit der Hand durch die Haare, grinst, blickt weg, blickt sie wieder an. Dann sagt er:
    – Ja. Ja, das wäre schön.
    Agathe geht in die Küche, findet eine Schürze, die sie sich umbindet, und inspiziert den Kühlschrank. Er ist beinahe leer. Das hat sie schon erwartet, aber dass es nicht einmal Butter gibt, ärgert sie ein wenig. Sie beschließt, ihm ein Omelett zu machen. Aus Erfahrung weiß sie, dass es den Kunden besser schmeckt, wenn sie nicht sagt, was es gibt, sondern einfach zu kochen beginnt, als hätte sie nie etwas anderes im Sinn gehabt. So entsteht Geborgenheit. Philipp hat sich auf einen Küchenstuhl gesetzt.
    – Also, sagt Agathe, während sie ein Ei aufschlägt und den dicken Dotter in einen großen Messbecher fallen lässt. Also, erzähl mir ein wenig, was du jetzt so machst.
    – Beruflich?
    Sein Tonfall ist auf eine

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