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Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes

Titel: Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Setz Clemens J.
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Jahren, kurz nach Regans Tod, wurden Auszüge aus Diskussionen auf Foren und Fan-Webseiten zum ersten Mal in Buchform veröffentlicht ( In Search of Lost Levels ,Oxford University Press, 2008). Darin findet sich die folgende bemerkenswerte Passage:
    Edgar11: u wont believe me what i just found
    JohnBrel4President: No you haven’t!
    Edgar11: just jump into the flames it’s real easy
    JohnBrel4President: Done that.
    ReganFan32: Tried that a million times. You just die.
    Edgar11: i’m not talking about the flames on the race track i mean real flames
    ReganFan32: WTF???
    JohnBrel4President: IDIOT IDIOT IDIOT IDIOT
    Edgar11: no listen. my house burned down yesterday and i said well that’s it so i jumped into the flames and there it was
    JohnBrel4President: Oh shut the fuck up
    Edgar11: and there it was. a narrow blue room filled with little brown animals
    Das Internet – jene eigenartige Parallelwelt, die gegen Ende der neunziger Jahre entdeckt wurde – ist die große Akademie, auf der Regan-Fans und -Experten miteinander streiten. Allein auf der offiziellen Homepage www.mdregan.com werden täglich bis zu 40.000 Hits verzeichnet.
    Alle Beteiligten des Symposions bewegten sich, auch wenn sie physisch in den Räumlichkeiten der Universität anwesend waren, während der Dauer der Veranstaltung im Web, sie verschickten E-Mails, sie stellten ihre neuesten Erkenntnisse auf ihre Profilseite, sie diskutierten in Foren, sie versteckten sich hinter ihren Laptops vor den Blicken ihrer Kollegen und Feinde.Der erste große Augenblick des Symposions kam, als Konrad Lauffer mit seinem Vortrag (um 9 Uhr früh, allerdings cum tempore, wie man es von einem ordentlichen Universitätsprofessor für Darstellende Kunst erwarten durfte) begann. Er brauchte sehr lange, um zum Punkt zu kommen. Zuerst erklärte und analysierte er einige bereits weithin bekannte Details zur grafischen Gestaltung des Spiels (die er immer noch für etwas einfach und epigonal hielt). Dann erwähnte er eine kleine, höchst interessante Entdeckung im Programmcode von Figures in a Landscape. Die entsprechenden Zeilen wurden mit dem Beamer auf eine Leinwand projiziert. Unter weitschweifigen Kommentarzeilen versteckt, waren ein paar Zeilen, die bisher niemandem aufgefallen oder aufgrund ihrer entmutigenden Kompaktheit ignoriert worden waren.
    Ein Murmeln ging durch den Hörsaal.
    Das Licht wurde ausgeschaltet, und auf der Leinwand erschien ein kleines Programmfenster. Konrad Lauffers Assistent vergrößerte es, sodass alle mit eigenen Augen sehen konnten, worum es sich handelte: einen schmalen Raum mit blauen Wänden. Der Spieler, erkennbar an den am unteren Rand des Bildschirms schwebenden Fingerspitzen, konnte nicht viel mehr tun, als sich vor und zurück zu bewegen. Zu erledigen gab es in dem Raum nichts, keine Objekte, die man aufheben, keine Lebewesen, mit denen man sich unterhalten oder zumindest die Zeit vertreiben könnte. 18 Die Lebensenergie des Spielers in diesem letzten Level war, wie den meisten Leuten sofort auffiel, zu einem grauen Balkenerstarrt, der niemals, auch nicht mit der Zeit, abnahm. Es war eine Welt ohne Tod, ein Jenseits, vergleichbar mit dem weißen Raum am Ende von Stanley Kubricks Film 2001: A Space Odyssey , in dem einer der Astronauten wohnt, isst, altert, sich zum Sterben hinlegt und dann wieder aufsteht.
    Nach seinem Vortrag gab Konrad Lauffer Interviews am laufenden Band.
    Als sich die Aufregung des Vormittags ein wenig gelegt hatte und sich die Diskussionsforen im Internet mit der Siegesmeldung Breakthrough in Blue Room 19 füllten, betrat Maggie Phillips das Podium. Sie benötigte etwa eine Viertelstunde, um ihren Beamer in Betrieb zu nehmen, währenddessen verließen einige Leute den Hörsaal. Als sie zu sprechen begann, befanden sich wahrscheinlich gerade einmal halb so viele Menschen im Raum wie bei dem Vortrag von Lauffer.
    Sie stellte sich vor, man hörte nichts. Sie tippte schüchtern gegen das Mikrophon, worauf es eingeschaltet wurde. Dann begann sie zu sprechen.
    Als sie sich eine halbe Stunde später für die Aufmerksamkeit bedankte und sich knapp verbeugte, stürmten einige Zuhörer aus dem Raum.
    Wenig später sah man Konrad Lauffer mit krebsrotem Gesicht umherlaufen.
    Die unscheinbare Frau aus Atlanta/Georgia 20 hatte inihrem Vortrag, der in erster Linie der Promotion ihrer Regan-Biografie gelten sollte, die Meinung vertreten, der blaue Raum aus dem Programmcode sei zwar ganz interessant, aber es gebe doch eigentlich

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