Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
Vom Netzwerk:
leiden hatten. Eine andere Erklärung konnte ich mir nicht denken. Aber so gut es sich im Falle der Doktoren Matthews und Frogley auswirkte, ich war nicht bereit, das Experiment meinerseits zu versuchen.
    Wenn man irgend jemanden als >Gegensatz< von Dr. Frogley bezeichnen konnte, so war es Dr. Dibdin. Er war ebenso schüchtern wie Dr. Frogley kaltschnäuzig, ebenso zurückhaltend wie Dr. Frogley überheblich.
    Als ich in das Kaminzimmer ging, um mich mit ihm zu unterhalten, konnte ich ihn zuerst nicht einmal entdecken, aber dann sah ich ihn. Er trug einen rehfarbenen Anzug und hatte sich in die Ecke eines gleichfarbigen Sessels gedrückt. Sein Haar und seine Augenbrauen stimmten mit der Farbe seines Anzuges überein. Er drückte sich aus dem Sessel hoch und blickte mich demütig an; sein Aussehen war, das schwöre ich, bambihafter, als ich es je an einem menschlichen Wesen gesehen habe.
    »Guten Morgen!« brummte ich jovial, um ihn nicht zu erschrecken, aber er sprang fast einen Fuß hoch in die Luft.
    Als er sich von dem Schreck erholt und sich wieder so knapp auf der Kante seines Sessels niedergelassen hatte, daß ich für seine Sicherheit fürchtete, nannte ich ihm, um mit dem Schlimmsten zu beginnen, die Höhe des Gehaltes, und daß ich bereit sei, ihm einen Wagen zur Verfügung zu stellen.
    »Leider fahre ich nicht selbst«, gestand Dr. Dibdin ängstlich; und mit einer so leisen Stimme, daß ich sie kaum verstehen konnte, fügte er hinzu: »Meine Frau fährt mich immer.«
    Als ich hereinkam, hatte ich vor dem Haus eine junge Frau in einem abgenutzten Ford gesehen. Ich überflog mit einem schnellen Blick die Gestalt des Dr. Dibdin, aber er schien über den vollen Gebrauch seiner Arme und Beine zu verfügen.
    »Mir fehlt nichts«, flüsterte er, meinen Blick richtig wertend, »es sind nur meine Nerven. Früher habe ich gefahren.«
    »Und was geschah?«
    »Ich hatte einen Unfall.« Er schüttelte sich.
    »Schlimm?«
    Er nickte.
    »Um Gottes willen«, fuhr ich auf, »haben Sie einen Mann totgefahren?«
    »Oh, nein«, wehrte er ab, »es war kein Mann.«
    »Was denn?« Ich sah im Geiste ein unschuldiges Kind tot auf der Straße liegen, und mein Herz verhärtete sich gegen den armseligen Dr. Dibdin.
    »Es war ein Huhn«, er schüttelte sich wieder, »es war fürchterlich. Sie glauben es nicht, wieviel Blut...«
    »Schon gut«, unterbrach ich ihn, »lassen Sie das Huhn und erzählen Sie mir von den Stellen, die Sie schon gehabt haben.« Ich warf einen Blick in den Brief, den er mir geschickt hatte. »Sie haben Dr. Aitkens Praxis in Luton geführt, während er krank war?«
    »Das stimmt.«
    »Sagen Sie mir, wie Sie sich Ihren Tag eingeteilt haben.«
    »Ich begann mit der Sprechstunde...«
    »Könnten Sie nicht ein wenig lauter sprechen?«
    »Komisch!«
    »Was?«
    »Dr. Aitkens konnte mich auch schlecht verstehen.«
    Ich gab es auf. »Weiter«, bat ich.
    »Ich begann mit der Sprechstunde um neun...« Er hatte seine Stimme nicht im geringsten gehoben, so daß ich mich Vorbeugen mußte, um seine leisen Worte nicht zu überhören. »... und nach dem Lunch machte ich meine Besuche. Dann...«
    »Einen Augenblick«, unterbrach ich ihn. »Aus welchem Grunde haben Sie vor dem Lunch keine Besuche mehr gemacht?«
    Er blickte überrascht auf. »Ich sagte es Ihnen doch. Ich habe Sprechstunde gehalten.«
    »Von neun Uhr an?«
    Er nickte.
    »Sagen Sie einmal Doktor Dibdin, wie viele Besucher hatten Sie durchschnittlich in der Morgensprechstunde?«
    Er dachte einen Augenblick nach. »Sechs, normalerweise. Wenn viel los war, hatten wir natürlich manchmal neun oder zehn.«
    Ich seufzte. Einen Assistenten zu finden, war nicht so leicht, wie ich es mir gedacht hatte.
    Nach Dr. Dibdin kamen noch drei weitere.
    Dr. Hunt roch nach Whisky, Dr. Gandy wollte zuviel Geld haben, und Dr. English sah aus, als wenn er ein Bad nötig hätte.
    Dr. Killingback, den ich nie zu sehen bekam, war der, den wir abschreckten. Es war sicherlich mein Fehler, da ich die Zeit der Verabredung verwechselt hatte. Ich dachte, ich hätte fünf Uhr gesagt, und Dr. Killingback hatte vier verstanden. Unglücklicherweise war es der Tag, an dem die Zwillinge ihre Geburtstagsparty gaben, und als er kam, war Sylvia gerade fortgefahren, um Eiscreme für die kleinen Gäste zu holen. Als sie dann zurückkehrte, lag Dr. Killingback unbeweglich in einer Ecke, mit einer Wäscheleine umwickelt und von einer schreienden Horde begeisterter Sechsjähriger umgeben. Als sie ihn befreit,

Weitere Kostenlose Bücher