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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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zwei Wochen des Gehaltes, das ich zu zahlen beabsichtigte, gekostet haben mußte, und handgearbeitete Krokodillederschuhe.
    Ich warf noch einen Blick in den Brief, den er mir geschickt hatte und aufgrund dessen ich ihn aus reiner Neugier um eine Vorstellung gebeten hatte. Das Schreibpapier war silbergrau und dick wie Pappe, die Handschrift übergroß und die Tinte tiefschwarz.
    »Wie kommt es, Doktor Kirby«, begann ich, »daß Sie mit Ihren sechsunddreißig Jahren erst seit zwei Jahren approbiert sind, obwohl ich hier lese, daß Sie im Alter von achtzehn Jahren bereits mit dem Studium begonnen haben?«
    Er wischte sein langes Haar mit einer gepflegten Hand, an deren kleinem Finger ein goldener Siegelring blitzte, zurück. Er war ein gutaussehender Mann.
    »Vermutlich habe ich etwas Zeit versäumt«, antwortete er lässig. »Henry lebte damals in Jamaika, und ich selbst bin ein wenig hedonisch.«
    »Henry?«
    »Mein alter Herr. Sein richtiger Name ist Marchmont. Marchmont Calthrop-Kirby.«
    »Doch nicht etwa der Holzhändler Calthrop-Kirby?« Der Mann war Millionär.
    »Doch, >Old Holz< persönlich!«
    »Warum nennen Sie ihn Henry?«
    »Weil er so viele Frauen gehabt hat. Natürlich hat er sie nicht köpfen lassen oder sonst eine grausame Geschichte. Er war ihrer einfach überdrüssig. Wir sind eine sehr männliche Familie.«
    »Kann ich mir vorstellen«, bestätigte ich. »Übrigens, falls ich das fragen darf, warum bemühen Sie sich um einen ärmlich bezahlten Assistentenposten, wenn...«
    »Ich muß was arbeiten«, erklärte er. »Dienst am Menschen und all das Zeugs... Das alte Parasitenleben sagt mir nicht mehr zu - auf jeden Fall nicht zu lange hintereinander. Unter uns gesagt, es verliert nach einer Weile allen Reiz, wissen Sie, die crème-bestrichenen, nerzbehangenen Frauen, sanft wie Daunen und natürlich ganz bequem, aber meistens schrecklich dumm, und dann diese armen, vertrockneten Ziegenböcke, die mit ihnen durch die Welt ziehen, um die Rechnungen zu bezahlen - Panamahut, Bermudashorts über Bäuchen, die sich nicht einziehen lassen, und extra angefertigte Zigarren... Nach einer gewissen Zeit merkt man, daß man die ganze Sippe nicht mehr ertragen kann. Man sehnt sich nach dem Anblick eines netten, schmutzigen, verarbeiteten, eiternden Fingers oder dem Geruch eines schön aufgeschnittenen Geschwürs. Sie brauchen keine Sorge zu haben, daß ich mich vor irgendeiner Arbeit oder sonst etwas fürchte. Da nehme ich es bestimmt mit jedem auf.«
    »Gut, das gefällt mir.«
    »Und was die Nachtbesuche anbetrifft, darum brauchen Sie sich nicht mehr zu bemühen.«
    »Wieso?«
    »Die werde ich für Sie erledigen. Nachts kann ich am besten arbeiten. Ich ziehe es vor, morgens lange zu schlafen, bis Mittag bin ich nicht gut zu gebrauchen. Sagen Sie mir, Doktor«, er nahm eine schwarze Zigarette heraus und steckte sie in eine goldene Spitze, »was werden Sie mit all Ihrer Freizeit anfangen, wenn Sie einen Assistenten haben?«
    »Was das anbetrifft, ich habe daran gedacht, mir eine kleine Landwirtschaft anzuschaffen. Nur so ein paar Schweine und Hühner, wissen Sie«, fügte ich bescheiden hinzu.
    »Aber das ist ja großartig.« Er beugte sich vor. »Wir haben ein Gut in Yorkshire, nur einige tausend Hektar, aber ich habe mich ohne ein paar Hühner oder Schweine noch nie richtig wohl gefühlt. Automatische Fütterung oder Streuung?«
    »Streuung.«
    »Mm. Ich bin mehr für automatische Fütterung. Bei der heutigen Marktlage muß man konkurrenzfähig sein. Wenn Sie sich faule Leger ’ranziehen wollen... aber das überlasse ich natürlich Ihnen.«
    »Vielen Dank«, gab ich zur Antwort, ohne daß er es beachtete.
    »Ich selber halte mehr von Schweinen. Wissen Sie, wonach Sie Ihre Säue auswählen müssen? Körperlänge, weibliche Wesensart, gut entwickelte Euter, d. h. zwei Reihen Zitzen mit wenigstens sechs Zitzen in einer Reihe... natürlich muß man während der Tragzeit vorsichtig sein, darauf beruht vor allem der Erfolg der Aufzucht. Das vergessen die Leute immer!«
    »Offenbar.«
    »Und wie wird da gefüttert? Handfütterung? Genaue Zuteilungen? Selbstfütterung, Weichfutter?«
    »Ich weiß wirklich nicht. Wir haben den Platz ja auch noch nicht gekauft, das liegt alles noch in der Luft. Hören Sie, Doktor Kirby, um zum Geschäft zurückzukommen, haben Sie schon Entbindungen vorgenommen?«
    »Gewiß«, erklärte er. »Es ist notwendig, daß man das genaue Deckungsdatum kennt und sie drei Tage vor dem Wurf in einen

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