Die lieben Patienten!
das Milchmixgetränk von seinem Anzug entfernt, die Papierfahne aus seinem Haar gezogen und den Eisstiel aus seiner Brusttasche beseitigt hatte, erinnerte sich Dr. Killingback ganz plötzlich an einen dringenden Besuch, den zu erledigen er vergessen habe, und entfloh mit dem Versprechen, später wiederzukommen. Zu Pennys und Peters Enttäuschung, aber nicht zu meiner Überraschung, sahen wir ihn niemals wieder. Es war schade, denn sein Name hatte mir gefallen.
Soweit war die Angelegenheit gediehen, als ich mich mit Sylvia aufmachte, um das Haus zu besichtigen. Ich hätte nur eine halbe Stunde dafür übrig, sagte ich ihr, da ich eine Verabredung mit Dr. Jaggers hatte, auf den ich die zusammengeschrumpften Reste meiner großen Hoffnungen setzte.
Wir waren nach Sylvias Anweisungen schon zehn Minuten lang in Richtung des Grüngürtels unserer Vororte gefahren, als ich bemerkte: »Du bist dir doch klar, daß unser Haus nahe genug liegen muß, daß ich jederzeit einen schnellen Besuch machen kann. Man muß ja an Notfälle denken.«
»Die nächste rechts«, sagte Sylvia.
Ich bog ein.
»Nun links, dann wieder links.«
Wir landeten in einem schlammigen Weg.
»Halt.«
Ich hielt an. Es war nichts zu sehen als eine Hecke, ein Graben und ein Weg.
»Sylvia«, stöhnte ich.
Sie faßte meine Hand. »Komm mit.«
Sylvia selbst hatte sich feste Schuhe angezogen, aber mich nicht gewarnt, deshalb waren meine Füße in den Sandalen bereits voller Schlamm, als wir auf der anderen Seite der Hecke angelangt waren. Außerdem hatte ich einen meiner besten Anzüge an, aber plötzlich störte mich das nicht mehr. Auf der anderen Seite der Hecke stand ein niedriges, weißes Haus inmitten grüner Felder.
»Süße«, sagte ich freundlich, »hast du den Verstand verloren? Ich bin nur ein einfacher praktischer Arzt...« Aber sie war schon den Weg entlang gegangen und hörte mich nicht.
Ein italienischer Diener in gestreifter Weste ließ uns in eine ländliche, gut proportionierte Halle ein, in der vier oder, ich bin nicht ganz sicher, auch fünf Hunde lagen.
Der Diener erklärte uns, daß Madama bei den Hühnern sei, es aber nicht lange dauern würde. Die Hunde schnüffelten, geiferten und knurrten.
Wir warteten in einem Zimmer wie aus einem Architektenmagazin, dessen Terrassentüren in einen wundervollen Garten führten, und ich blickte ungeduldig auf meine Uhr.
Als wir nach zehn Minuten immer noch dasaßen, öffnete ich eine Terrassentür und ging in den Garten, um Madama zu suchen. Sylvia, die mir nachrief, ich sollte nicht allein herumschnüffeln, blieb, wo sie war.
Ich folgte einem Weg, der um das Haus herumführte, kreuzte eine Auffahrt, überquerte einen Rasenplatz, auf dem Wäsche trocknete, schlug einen anderen Weg ein und kam dann zu einer Ansammlung von niedrigen, langen Nissenhütten. In der Tür einer der Hütten stand jemand, von dem ich annahm, daß es Madama sei. Sie trug einen braunen Filzhut, braunen Rock und Pullover, braune Gummistiefel und hatte eine Zigarette im Mundwinkel hängen.
»Guten Morgen«, grüßte ich und beabsichtigte, mich ihr gegenüber ein wenig hochnäsig zu benehmen, da sie uns hatte warten lassen. Immerhin hatten wir eine Verabredung getroffen.
»Kommen Sie ’rein«, rief sie mir zu und hielt mir die Tür der Hütte auf. »Ich muß nur noch füttern. Hopwood ist krank.«
Da sie mir schon den Rücken zugewandt hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als ihr in die Hütte zu folgen. Sie war lang und niedrig und elektrisch beleuchtet. Auf dem Boden liefen Hunderte und aber Hunderte von Küken herum.
»Alles Mist«, sagte sie, als sie sich mir wieder zuwandte. »Halte nichts von all den neumodischen Einrichtungen. Dies ist einfach, narrensicher und gibt viel Eier.«
»Was meinen Sie mit >alles Mist«
»Das, wo Sie drauf stehen. Bloß immer alles liegenlassen. Wird hart. Gibt warm.«
Ich blickte auf all die flatternden, piependen Vögel.
»Was machen Sie denn mit all den Eiern?«
Sie blickte mich an, als ob ich nicht recht gescheit sei.
»Verkaufen!«
Ich folgte ihr aus dem Hühnerhaus heraus und auf einem anderen Weg zu zwei Reihen niedriger Ställe. »Schweine!« erklärte sie. »Viel Profit. Kein Ärger. Züchten, füttern, verkaufen.«
Eine fette, rosige Sau blickte mich an und grunzte wohlig.
»Morgen, Annabelle!« Damit klapste ihr Madama liebevoll auf den Rücken.
Ich hatte plötzlich die Vision, wie ich selber in Gummistiefeln und Arbeitsjacke Schweine fütterte. »Was
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