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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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vor Schreck geweiteten Augen und las: »Bushfield-Park-Schule«.
    Ich kann mich nicht erinnern, daß ich aus dem Wagen stieg, sah nur noch Caroline auf dem Bürgersteig neben mir herrennen und den Schulhof überqueren. Die Schuhe hatte sie abgestreift, und ihre langen Haare flogen hinter ihr her, als sie den Bienenkorbhut abnahm.
    Nur die eine Hälfte der Schule schien in Flammen zu stehen, der Abschnitt oberhalb des Heizungskellers. Aus der anderen Seite wurden erschreckte Kinder klassenweise auf den Schulhof geführt. Einige weinten verstört. Im Hause selbst klingelten die Glocken immer noch Alarm.
    Feuerwehrleute, Lehrerinnen, Polizisten, Passanten von der Straße drängten sich gegen den Strom der Kinder durch die Korridore, hustend und spuckend, je näher sie der Hitze des Feuers kamen.
    Fieberhaft suchte ich die Reihen der Kinder ab. »Penny und Peter«, wiederholte ich unaufhörlich und höchstwahrscheinlich laut, »Penny und Peter«. Ich sah den kleinen Philipp Bradshaw, Ronnie Smith aus unserer Straße und Jennifer Hardy ernsthaft hinter ihrer Lehrerin einhertrotten.
    Wir rannten die Korridore entlang und blickten schnell in jedes Klassenzimmer, das die Kinder geräumt hatten, um sicher zu sein, daß keins zurückgeblieben war.
    Im Zeichenraum stand ein kleines Mädchen mit einer Schürze unglaublicherweise noch vor ihrer Staffelei und schmierte Temperafarben auf das graue Papier. »Ich habe Erlaubnis«, erklärte sie und blickte ganz empört, als sie von einem starken Arm ergriffen und fortgeschleppt wurde.
    Eine Frau schrie: »Myra, Myra!« Und irgend jemand sagte: »... das Schlimmste ist, daß es während der Pause passierte, als sie alle über die ganze Schule verteilt waren.«
    Wir fanden einen kleinen Jungen, der mit großen Augen im Eingang des Garderobenraumes stand, aus dem dichter Qualm herausdrang.
    »Ich habe meinen Kuchen in der Jacke vergessen«, wiederholte er immer wieder, »ich habe meinen Kuchen in der Jacke vergessen«; dann wurde auch er hochgehoben.
    Wir banden uns Taschentücher vors Gesicht, aber selbst dann war es unmöglich, die Stufen in die Garderobenräume hinunterzusteigen.
    Der gleiche Gedanke erfaßte uns alle, wir rannten den Weg zurück, den wir gekommen waren, überquerten den Schulhof, um vom Eingang her, an dem wir jeden Morgen die Kinder ablieferten, zu den Garderobenräumen zu gelangen.
    Die Kinder standen jetzt klassenweise im Schulhof aufgereiht und wurden von den Lehrern gezählt.
    Ich sah Miss Woodcocks Klasse, in der die Zwillinge waren, dicht am Zaun zusammengedrängt. Ich ließ meine Augen die Reihen entlangfliegen, aber von Penny und Peter war nichts zu sehen. Eine Lehrerin mit roten Haaren zählte die Reihen daneben.
    »Wo ist Miss Woodcock?« fragte ich sie.
    Die Lehrerin deutete auf einen Krankenwagen, der gerade aus dem Tor fuhr. »Sie hatte die Aufsicht im Garderobenraum«, gab sie zur Antwort und wandte sich wieder ihrer Klasse zu.
    »Habt ihr Penny und Peter gesehen?« richtete ich mich an die gesamte Klasse 2 a.
    Nach Art der Sechsjährigen starrten sie mich an.
    »Vorher waren sie hier«, äußerte sich hilfsbereit ein dickes Mädchen, das auf einem Bein stand.
    »Wann vorher?« Ich stand Seelenqualen aus, da ich jetzt das Holz splittern hörte.
    »Vorher.« Sie wechselte auf das andere Bein über.
    »Vor der Pause?«
    Sie nickte.
    Ich rannte zum Eingang des Geraderobenraumes, vor dem eine Reihe von Feuerwehrleuten ihre Schläuche arbeiten ließen.
    Hinter mir hörte ich die Stimme der Rektorin rufen: »Alles mir nach auf die Straße, marsch!«
    Sie hatten eine Leiter an die oberen Fenster gelegt, auf der gerade ein Feuerwehrmann mit einem Jungen von zehn oder elf Jahren über der Schulter herunterkletterte. Ein weiterer Krankenwagen nahm mit offenen Türen den Platz ein, von dem soeben der Wagen mit Miss Woodcock davongebraust war. Caroline erschien an einem Seiteneingang, sie trug ein Kind, das sie in ihren orangefarbenen Zeltmantel eingehüllt hatte. Ihr Gesicht war schwarz. Sie legte das Kind in ein Paar ausgestreckte Arme, und dann drehte sie sich wieder dahin um, woher sie gekommen war.
    »Sie können nicht mehr hinein, Miss«, schrie ihr ein Feuerwehrmann zu, »der Balken kommt ’runter.« Aber Caroline war schon verschwunden.
    Über den Schulhof lief die Frau, die immer noch nach Myra rief.
    Es wurde fast zu heiß, um hier zu stehen. Das Geschrei, das Rufen, der Lärm, der Geruch, der Rauch und die Flammen waren ein einziger Alptraum. Das

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