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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Feuer hatte nun auch auf den bisher unversehrten Teil übergegriffen. Ich konnte nicht mehr klar denken. Es wäre typisch für Penny und Peter gewesen, wenn sie sich während der Pause zu irgendeinem Streich im Garderobenraum aufgehalten hätten. Ich feuchtete in einem der Feuereimer mein Taschentuch an und entschloß mich, durch den Seiteneingang einzudringen, in dem Caroline verschwunden war, um nach ihnen zu suchen. In dem Augenblick kam der Feuerwehrmann triefendnaß wieder die Leiter herunter und hielt ein kleines Kind, das er in einem oberen Korridor gefunden hatte, wo es vom Rauch überwältigt wurde. Im Augenblick war kein Krankenwagen mehr da.
    Ich war gerade auf meinem Weg zum Seiteneingang, mir war übel wie noch nie in meinem Leben, als ich eine Stimme rufen hörte: »»Doktor! Bitte!« Es war Mrs. Lindsay aus unserer Straße, und das bewußtlose Kind war ihres.
    Ich lief hinter dem Feuerwehrmann her, der die Leiter heruntergekommen war, aber er schüttelte den Kopf: »Da sind keine Kinder mehr drin, Sir. Dies war das letzte.«
    »Aber meine Zwillinge«, stöhnte ich, »sie waren nicht bei ihrer Klasse...«
    Ein lauter Ruf erscholl: »Zurück! Alles zurück! Noch weiter zurück!«, und der Feuerwehrhauptmann sah besorgt zu dem brennenden Gebäude hinauf.
    Ich kniete auf dem Asphalt neben der kleinen Margaret Lindsay. Bis sie ihr Bewußtsein wiedererlangt hatte und ein weiterer Krankenwagen angekommen war, konnte niemand mehr in die Feuersbrunst eindringen.
    Ein Polizist, der seinen Helm verloren hatte, hielt die verzweifelte Mutter, die immer noch ihr »Myra« schrie, davon ab, sich selbstmörderisch in die Flammen zu stürzen, und die Rektorin kam mit rotem Gesicht von der Straße hereingestürzt und rief: »Wir vermissen zwei!« Dann sah sie mich.
    Ich wartete inmitten einer nach und nach abnehmenden Menge drei Stunden lang, die ich niemals wieder durchmachen möchte.
    Sie hörten mit dem Löschen auf, als von dem halben Gebäude nur noch eine Wand stand. Sie rauchte und triefte. Die Feuerwehrleute zogen die Schläuche wie Schlangen über den Schulhof zu den Feuerwehrwagen zurück. Die Reporter der Tageszeitungen tauchten auf und nahmen den halb wahnsinnigen Pförtner mit sich - er war es, der die Heizung zu versorgen hatte. Dann fand man Myra, die sich im unverbrannten Gebäudeteil in einem Schrank versteckt hatte.
    Von Penny und Peter war nichts zu finden, und ich ahnte nicht, was mit Caroline geschehen war.
    Ich weiß, daß ich endlose Fragen beantwortete, die mir von geduldigen Polizeibeamten gestellt wurden. Sie schrieben meine Antworten eifrig in kleine Bücher.
    Als sie fertig waren, ging ich heim.
    Das einzige, an das ich mich von dem Rückweg erinnere, war ein rosa Häufchen auf der Straße, über das ich hinwegfuhr. Tage später wurde mir klar, daß das Carolines Bienenkorbhut gewesen sein mußte. Ich brauchte viel Zeit, und ich wußte, daß Sylvia sich schon wundern würde, wo ich so lange geblieben war. Was sollte ich ihr nur erzählen?
    Jeder hat Augenblicke in seinem Leben, die er nicht zu ertragen glaubt. Jetzt war es für mich soweit. Meine Hände zitterten so sehr, daß ich den Schlüssel nicht ins Schloß stecken konnte, und der Schweiß lief mir kalt den Rücken herunter. Ich klingelte.
    Sylvia öffnete die Tür und blickte mich aufatmend an. »Es ist schon halb vier...« sagte sie und hörte wieder auf, als sie mein Gesicht sah.
    Da ertönte ein Lärm hinter ihr, als fiele eine Herde von Elefanten die Treppe herunter - es war der schönste Laut, den ich je in meinem Leben gehört habe.
    Penny und Peter warfen sich in meine Arme, »Wir haben die Windpocken, wir haben die Windpocken!« sangen sie. Ich konnte mich schwach erinnern, daß Peter mir einen Fleck auf seinem Rücken gezeigt hatte.
    Dann stoppten sie ihr freudiges Herumhüpfen, und Penny erklärte ernst: »Wir sind krank.«
    »Windpocken!« bestätigte Peter wichtig und zeigte auf seine Schwester. »Sieh dir ihr Gesicht an. Und ich habe auch drei.«
    »Miss Woodcock hat uns nach Hause geschickt.«
    »Sie sagte, wir hätten lieber gar nicht erst kommen sollen.«
    Ich ließ mich auf die Knie nieder und preßte beide an mich.
    »Daddy!« schrie Peter. »Du steckst dich an.«
    »Sylvia«, fuhr ich, mich erinnernd, auf. »Wo ist Caroline?«
    »Ausgegangen. Sie wollte den ganzen Tag fortbleiben, sie sagte...« Ich folgte ihrem Blick zur Haustür, die ich halb offengelassen hatte und durch die sich lautlos mit bloßen Füßen

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