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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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gerührt und völlig erschöpft. Er zog eine Zigarette aus der Tasche.
    Vova sagte: »Kannst du die nicht draußen rauchen? Tania verträgt Rauch im Haus nicht so gut.«
    Alexander steckte die Zigarette wieder weg und fluchte im Stillen. Aber bevor er etwas sagen konnte, spürte er Tatianas Hand auf seiner Schulter. »Du kannst hier ruhig rauchen, Alexander«, sagte sie.
    Störrisch warf Vova ein: »Aber Tania, der Rauch stört dich doch! Deshalb gehen wir doch alle nach draußen.« »Ich weiß, Vova«, erwiderte Tatiana, »aber Alexander ist unser Gast. Er darf rauchen, wo es ihm gefällt.« Kopfschüttelnd sagte Alexander: »Ich kann auch nach draußen gehen.« Er hätte gern weiter ihre Hand auf seiner Schulter gespürt. »Tania, brauchst du Hilfe?« »Nein, das Essen ist jetzt fertig.«
    Die anderen Frauen setzten sich an den Tisch, der von zwei Bänken flankiert war. »Für gewöhnlich sitzt Tatiana am Kopfende, damit sie schneller am Herd ist, weißt du?« Zoe lächelte. »Oh, das kann ich mir vorstellen«, erwiderte Alexander. »Ich setze mich neben sie.«
    »Normalerweise sitze ich neben ihr«, erklärte Vova. Achselzuckend blickte Alexander Tatiana an und zog die Augenbrauen hoch.
    Sie wischte sich die Hände an einem Handtuch ab und schlug vor: »Wie wäre es, wenn ich mich zwischen Alexander und Vova setze?«
    »Gut«, sagte Zoe. »Und ich setze mich auf der anderen Seite neben Alexander.«
    Tatiana hatte Gurken- und Tomatensalat gemacht und ein paar Kartoffeln mit Zwiebeln und tuschonka gekocht. Sie öffnete ein Glas mit eingelegten Pilzen. Es gab außerdem Weißbrot, etwas Butter, Milch, Käse und ein paar hart gekochte Eier.
    »Was soll ich dir geben, Shu...« Tatiana stockte. »Möchtest du Salat?«
    »Ja, bitte.«
    Tatiana gab das Essen auf seinen Teller. Sie stand ganz nah neben ihm, und er genoss es, dass ihr nacktes Bein ihn berührte und ihre Hüfte sich an seinen Ellbogen drückte. Am liebsten hätte er ihr den Arm um die Taille gelegt. »Gib mir bitte auch etwas Brot und Butter.«
    Alexander nahm an, Tatiana würde sich anschließend hinsetzen, doch stattdessen ging sie um den Tisch herum und bediente auch die Frauen.
    Zum Schluss füllte sie Vovas Teller. Alexanders Herz krampfte sich zusammen, als er sah, mit welcher Vertrautheit sie miteinander umgingen.
    Vova sah Tatiana ständig an. Er lächelte sie ständig an. Doch zum Glück konnte Alexander in Tatianas Augen keine tieferen Gefühle für ihn entdecken. Endlich setzte sie sich.
    »Tania«, sagte er, »ich bin so froh, dass du nicht mehr hungern musst.«
    »Ich auch«, erwiderte sie.
    Es war dunkel im Zimmer; aber er konnte dennoch sehen, wie Blut aus ihrem Mund tropfte, als sie das Schwarzbrot für ihn, für Dascha und erst ganz am Schluss für sich selbst aufschnitt. Jetzt aß sie Weißbrot und Butter und Eier. Zoe rieb immer wieder scheinbar unabsichtlich ihren Ellbogen an Alexander. Alexander fragte sich, ob Tatiana es wohl bemerkte.
    Er rückte von Zoe ab und setzte sich näher zu Tatiana. »Damit du ein bisschen mehr Platz hast, Zoe«, sagte er mit einem gleichgültigen Lächeln.
    Naira, die ihnen gegenübersaß, warf ein: »Aber jetzt wird die arme Taneschka fast erdrückt.«
    »Es ist schon gut«, sagte Tatiana. Unter dem Tisch berührten sich ihre Beine.
    Während Alexander hungrig das Essen verschlang, sagte er: »Inzwischen habe ich wirklich genug getrunken. Jetzt kannst du mir doch erzählen, wie es dir ergangen ist.« Die Frauen brachen abermals in Tränen aus. »Oh, Alexander, du hast bestimmt noch nicht genug getrunken, um dir alles anzuhören, «
    »Kann ich dann wenigstens schon einen Teil der Geschichte hören?«
    Naira sagte: »Tania hat es eigentlich nicht gern, wenn wir darüber reden. Aber; Taneschka, dürfen wir Alexander nicht doch erzählen, was geschehen ist? « »Na gut, erzählt es ihm.« Tatiana seufzte. »Ich möchte aber, dass Tania es mir erzählt«, beharrte Alexander.
    »Ach weißt du, es gibt gar nicht so viel zu erzählen. Wir waren in Kobona. Dascha ist gestorben. Danach bin ich hierher gefahren und war eine Zeit lang krank ...« »Dem Tode nahe, das kann ich dir sagen!«, rief Naira dazwischen.
    »Naira Michailowna, bitte«, sagte Tatiana. »Ich war ein bisschen krank.«
    »Krank?«, rief Axinja. »Alexander, dieses Kind ist im Januar zu uns gekommen und hat bis zum März mit dem Tod gerungen. Sie litt unter Skorbut...«
    »Sie ist förmlich von innen heraus ausgeblutet«, erklärte Dusia. »So wie

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