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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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was du dir denken würdest und ob du verrückt seiest. Seit Jahren hättest du von Amerika geträumt und dies sei jetzt deine Chance und seine auch.« Sie schwieg. »Wie nahe bin ich mit meiner Geschichte an der Wahrheit?«
    Alexander verbarg sein Gesicht in ihren blonden Haaren und erwiderte fassungslos: »Als ob du dabei gewesen wärst. Woher weißt du das?«
    Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände. »Weil ich - besser als irgendjemand sonst - weiß, wer du bist.« Tatiana schwieg. »Also seid ihr mit Stepanows Sohn in die Sowjetunion zurückgekehrt und habt auf eine andere Gelegenheit gewartet. Musstest du Dimitri versprechen, dass du ihn auf jeden Fall nach Amerika bringst, wenn du nicht stirbst?«
    Alexander schob ihre Hände weg und warf sich auf den Rücken. »Tania, hör auf. Ich kann nicht darüber reden. Es geht einfach nicht.«
    Sie schwieg nur so lange, bis sie ihre Stimme wieder in der Gewalt hatte. »Also, was jetzt?«
    »Nichts«, erwiderte Alexander finster. »Jetzt bleibst du hier, und ich gehe wieder an die Front. Jetzt ist Dimitri ein Krüppel. Jetzt kämpfe ich um Leningrad. Jetzt sterbe ich für Leningrad.« »Gott! Sag das nicht!« Tatiana umfasste seine Arme und klammerte sich weinend an ihn. »Sag das nicht, Shura, bitte. Bitte, lass mich nicht allein.«
    So aufgewühlt hatte Alexander Tatiana noch nie gesehen. Er wusste nicht, was er tun sollte. »Hör auf«, sagte er mit brüchiger Stimme, und es zerriss ihm beinahe das Herz. Hör auf, Tatiana, lieb mich nicht so sehr, lass mich gehen, lass mich los. Stunden vergingen. Mitten in der Nacht liebte Alexander sie noch einmal. »Komm, Tatiascha«, flüsterte er, »mach die Beine breit für mich, wie ich es liebe.« Als er sie küsste, schmeckte er ihre Tränen wie Nektar in seinem Mund. »Versprich mir ...«, sagte er und küsste die gekräuselten blonden Härchen zwischen ihren Beinen, »versprich mir, dass du in Lazarewo bleibst.«
    Sie gab nur ein ersticktes Stöhnen von sich. »Bist du mein braves Mädchen?«, flüsterte er und streichelte sie zärtlich. »Bist du mein liebes Mädchen? Schwör mir, dass du hier bleibst und auf mich wartest. Sei eine gute Ehefrau und warte auf deinen Mann.«
    »Ich verspreche es dir, Shura. Ich warte auf dich.«
    Später sagte sie: »Ich werde lange hier in Lazarewo einsam auf dich warten müssen.«
    Unendlich erleichtert drückte Alexander sie fest an sich und flüsterte: »Einsam vielleicht, aber in Sicherheit.« Sie merkten gar nicht, wie die nächsten drei Tage vergingen. Verzweifelt drängten sie sich aneinander und versuchten, beieinander Trost zu finden.

    An dem Morgen, als Alexander gehen musste, konnten sie sich nicht berühren.
    Während er packte, saß Tatiana draußen auf der Bank. Alexander zog seine Paradeuniform an, die sie für ihn gewaschen und gebügelt hatte, bürstete sich über die Haare und setzte seine Mütze auf. Dann vergewisserte er sich noch einmal, dass er nichts vergessen hatte. Als er fertig war, stand Tatiana auf, verschwand in der Hütte und kam kurz darauf mit einer Tasse Kaffee mit Milch und Zucker und seinem Frühstück heraus. Schwarzbrot, drei Eier und eine Tomate. Alexander nahm den Teller entgegen. »Danke«, sagte er mit erstickter Stimme.
    Sie presste die Hand auf ihren Bauch und setzte sich schwerfällig wieder hin. »Iss«, sagte sie, »du hast eine lange Reise vor dir.« Lustlos aß er ein paar Bissen. »Möchtest du, dass ich dich zum Bahnhof bringe?« »Nein«, erwiderte er. »Das halte ich nicht aus.« Tatiana nickte. »Ich auch nicht.«
    Alexander stellte den Teller ab. »Ich habe dir doch genug Holz vorbereitet, oder?«, fragte er und wies auf den Schuppen neben der Hütte.
    »Ja«, sagte sie. »Es sollte für eine Weile reichen.« Sanft zog Alexander ihr die weißen Satinbänder aus den Zöpfen. Er kämmte ihre glatten blonden Haare mit seinem Kamm durch und zog dann die seidigen Strähnen durch seine Finger. »Tania, wie soll ich dir am besten meinen Lohn zukommen lassen?«, fragte er. »Ich erhalte im Monat zweitausend Rubel. Das ist viel Geld für dich. Fünfzehnhundert kann ich dir schicken. Für Zigaretten brauche ich nur fünfhundert.« Sie schüttelte den Kopf. »Tu das nicht. Du bringst dich nur in Gefahr. Leningrad ist nicht Lazarewo, Shura. Pass auf dich auf. Sag niemandem, dass wir verheiratet sind, und nimm den Ring ab. Dimitri sollte es besser nicht erfahren. Ich brauche dein Geld nicht.« »Doch.«
    »Dann schick es mir in deinen Briefen.«
    »Das

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