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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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Aber diesmal gab es nichts, was sie hätte ablenken können. Ihr blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und gegen den Schmerz anzukämpfen, der sich ihrer bemächtigt hatte. Nach und nach übernahm sie wieder ihre Pflichten in dem kleinen Haushalt.
    Die alten Frauen liebten sie und schätzten ihre Arbeit, und das Gefühl, gebraucht zu werden, tröstete Tatiana.

    Nach drei Wochen traf der erste Brief von Alexander ein. Tatiascba,
    kann es etwas Schlimmeres geben, als von dir getrennt zu sein? Es bereitet mir körperliche Schmerzen, die mich auch nachts nicht verlassen.
    Mein einziger Trost in diesen letzten Sommertagen besteht in der Gewissheit, dass du in Sicherheit und bei guter Gesundheit bist. Allein deine schwere Arbeit bei den alten Frauen macht mir Sorge.
    Die leichten Holzstapel habe ich ganz nach vorn geschichtet. Die schweren Klötze sind für den Winter bestimmt. Nimm sie erst ganz zuletzt, und wenn du es allein nicht schaffst, lass sie dir von Vova ins Haus bringen. Es ist nicht gut, wenn du so schwer trägst. Pass bitte auf dich auf! Die Fahrt nach Leningrad war sehr beschwerlich, und kaum war ich angekommen, wurde ich auch schon wieder an die Newa geschickt. Dort waren wir mehrere Tage damit beschäftigt, unseren Angriff zu planen. Wir haben dann in Booten den Fluss überquert. Aber es war zwecklos, wir hatten keine Chance. Die Deutschen haben die Boote mit Mörsergeschützen beschossen. Sie sind alle gesunken. Dabei haben wir tausend Mann verloren. Jetzt suchen wir nach einer anderen Stelle, an der wir den Fluss passieren können. Mir geht es gut, wenn man einmal davon absieht, dass es seit zehn Tagen ununterbrochen regnet und ich die ganze Zeit bis zur Hüfte im Schlamm stehe. An Schlaf ist kaum zu denken. Wir ziehen uns die Mäntel über den Kopf und hoffen, dass der Regen bald aufhört. Alles ist schwarz und nass, und es ist schwer, nicht die Hoffnung aufzugeben.
    Aber dann rief ich mir ins Gedächtnis, wie es dir während der Blockade ergangen ist. Das hat mir wieder Kraft gegeben, dies alles zu ertragen.
    Ich habe mir vorgenommen, diese Strategie nun immer anzuwenden, wenn ich mich schlecht fühle. In den nächsten Wochen wird es relativ ruhig zugehen. Bis wir erneut angreifen müssen ... Gestern ist hier eine Bombe eingeschlagen, direkt in der Nähe des Lagers des Kommandanten. Glücklicherweise hielt er sich gerade woanders auf. Aber die Angst verlässt uns nicht. Wann wird die nächste Bombe fallen?
    Zum Zeitvertreib spielen wir Karten und Fußball. Ich rauche zu viel, aber es beruhigt mich. Und ich denke natürlich an dich.
    Ich habe dir Geld geschickt. Du solltest deswegen Ende August nach Molotow gehen. Und achte darauf, dass du genug isst! Ich küsse dich, Alexander
    Tatiana las Alexanders Brief unzählige Male und kannte bald jedes Wort auswendig. Sie schlief mit dem Brief unter ihrem Kopfkissen, und er gab ihr neue Kraft.
    Sie antwortete:
    Mein Liebster; mein lieber; lieber Shura, mach dir keine Sorgen um mich! Du hast es zurzeit ungleich schwerer.
    Ich weiß nicht, wie ich den letzten Winter überlebt habe. Aber beinahe wünsche ich mir; ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich habe gelebt, ich hatte so viel Energie - allein, weil du bei mir warst. Damals war ich wenigstens beschäftigt! Wir kämpften ums Überleben, und außerdem musste ich meine Liebe zu dir vor den anderen verbergen. Aber jetzt wache ich morgens auf und weiß nicht, wie ich den ganzen Tag überstehen soll.
    Damit die Zeit schneller vergeht, treffe ich mich mit den Dorfbewohnern. Außerdem kümmere ich mich um Irina Persikowa, die sich in Molotow das Bein abnehmen lassen musste, wegen einer Infektion. Inzwischen ist sie mir richtig ans Herz gewachsen.
    Ich denke oft an Dascha und kann es noch immer nicht fassen, dass sie tot ist.
    Aber bevor ich einschlafe, sehe ich dein Gesicht vor mir. Du bist mein Halt in dieser schweren Zeit. Ich sehne mich so nach dir!
    Wie sollen wir die Trennung nur noch länger aushalten? Ich habe solche Angst, dass dir etwas zustößt! Dieser Gedanke beherrscht mich in jeder wachen Minute. Das Schlimmste ist, dass ich nichts tun kann! Ich darf gar nicht daran denken, dass du verwundet werden könntest... Deine Tatiana
    Alexanders Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
    Tatia,
    es tut mir Leid, dass du dir solche Sorgen um mich machst. Versuche dich abzulenken! Du hast es ja geschrieben: Du kannst nichts für mich tun.
    Wenn wir in den Kampf ziehen, befiehlt der

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