Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
Vom Netzwerk:
»Mittlerweile geht es ihr wieder besser, aber sie ist im Grecheskij geblieben, und dort brauchen sie sie auch. Wie dem auch sei, ich kam als zeitweilige Assistentin von Dr. Sayers hierher. Sieh mal«, sagte Tatiana stolz und zeigte Alexander ihre weiße Armbinde mit dem roten Kreuz, »ich bin jetzt keine Krankenschwester der Roten Armee mehr, sondern eine Rotkreuzschwester. Ist das nicht großartig?« Sie strahlte ihn an. Dann fuhr sie fort: »Weißt du, wo Dr. Sayers hergekommen ist?« »Aus Amerika.«
    »Nein, ich meine, woher er mit seinem Rotkreuz-Jeep gekommen ist?«
    »Keine Ahnung.«
    »Aus Helsinki!«, flüsterte sie. »Und weißt du, wo er bald wieder hinfährt?« »Nein, wohin?« »Shura! Nach Helsinki!«
    Alexander schwieg. Langsam wandte er den Kopf ab und schloss die Augen. Als Tatiana seinen Namen rief, öffnete er die Augen wieder und sah sie an. Ihr Gesicht war leicht gerötet und sie war ganz aufgeregt. Er lachte.
    Eine Krankenschwester am anderen Ende des Saales drehte sich um.
    »Lach nicht«, sagte Tatiana, »Sei still.« »Tatia, hör auf. Ich bitte dich.«
    »Hörst du mir jetzt endlich weiter zu? Als ich Dr. Sayers kennen lernte, habe ich angefangen, nachzudenken.« »Oh, nein.« »Doch.«
    »Und worüber hast du nachgedacht?«
    »Ich habe versucht, einen Plan zu entwickeln ...«
    »Oh, nein, nicht noch ein Plan!«
    »Ich habe mich gefragt, kann ich Dr. Sayers vertrauen? Ja, dachte ich. Ich kann ihm vertrauen, weil er auf mich den Eindruck eines guten Amerikaners macht. Ich wollte ihm also von dir und mir erzählen und ihn bitten, uns beide irgendwie nach Helsinki zu schaffen, damit du wieder nach Hause kannst. Nur bis nach Helsinki, Alexander. Von dort aus können wir es allein nach Stockholm schaffen.« »Tania, ich kann das nicht mehr mit anhören.« »Doch, hör mir zu. Du weißt ja gar nicht, wie sehr Gott mit uns ist! Im Dezember ist ein verwundeter finnischer Pilot ins Grecheskij gekommen. Wir haben versucht, ihn zu retten, aber er hatte zu schwere Kopfverletzungen und ist gestorben. Ich habe seine Uniform und seine Identitätsmarke in Dr. Sayers' Jeep versteckt, in einem Verbandskasten. Und dort wartet beides jetzt auf dich.« Erstaunt blickte Alexander sie an.
    »Ich hatte zunächst Angst davor, Dr. Sayers zu bitten, sein Leben für einen völlig Fremden zu riskieren.« Tatiana gab Alexander einen Kuss auf die Schulter, »Aber dann hast du ja selbst eingegriffen, mein heldenhafter Mann. Du musstest ja dem Doktor unbedingt das Leben retten. Deshalb wird er dich garantiert hier herausholen - vermutlich sogar, wenn er dich auf dem Rücken tragen muss.« Alexander war sprachlos.
    »Wir stecken dich einfach in die finnische Uniform, du verwandelst dich für ein paar Stunden in Tove Hanssen und wir fahren in Dr. Sayers´ Rotkreuzjeep über die finnische Grenze nach Helsinki. Shura! Ich bringe dich aus der Sowjetunion hinaus!« Alexander konnte immer noch nichts sagen. Strahlend fuhr Tatiana fort: »Wir haben doch unglaubliches Glück, nicht wahr? Je nachdem, wie kräftig du bist, fahren wir dann entweder mit einem Frachtschiff oder in einem Lastwagenkonvoi nach Stockholm. Schweden ist schließlich neutral. Ist das nicht der beste Plan, den du jemals gehört hast? Viel besser als deine Idee, dich wochenlang in den Sümpfen zu verstecken.«
    Verwirrt und ungläubig blickte Alexander sie an. »Wer bist du eigentlich?«
    Tatiana stand auf und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund. »Ich bin deine geliebte Frau«, flüsterte sie.
    Die Hoffnung besaß eine erstaunliche Heilkraft. Plötzlich waren die Tage nicht mehr lang genug für Alexander. Er versuchte immer und immer wieder, aufzustehen und sich zu bewegen. Er konnte noch nicht aus dem Bett, aber er trainierte so lange, bis er sich schließlich zumindest allein aufsetzen konnte. Und er lebte für die Minuten, in denen Tatiana ihn besuchen kam.
    Die erzwungene Untätigkeit machte ihn schier wahnsinnig. Er bat Tatiana, ihm Holzstückchen und ein Armeemesser zu bringen. Während er Tag für Tag auf sie wartete, schnitzte er stundenlang an dem Holz herum und formte Palmen, Tannen, Messer und Figuren daraus.
    Mehrmals am Tag kam Tatiana vorbei, saß an seinem Bett und erzählte ihm aufgeregt von Helsinki und Stockholm und den Wundern, die es dort gab.
    Alexander hörte geduldig zu und bearbeitete seine Holzstückchen. Schließlich legte er das Messer fort, nahm Tatiana in die Arme und sagte: »Ja, meine Süße. Das werden wir uns

Weitere Kostenlose Bücher