Die Liebenden von Leningrad
entgegnete er müde und rieb sich die Augen. »Nicht von mir.« Tatiana stieß einen erleichterten Seufzer aus. Alexander tat das Herz weh. »Es tut mir Leid. Ich dachte, Dascha hätte es dir vielleicht erzählt.«
»Nein, das hat sie nicht«, erwiderte Tatiana. »Über diese Dinge hat sie nie mit mir geredet. Ich wusste zwar, dass meine Mutter ein halbes Dutzend Abtreibungen hinter sich hatte, dass Nina Iglenko achtmal abgetrieben hat, aber davon rede ich gar nicht ...«
»Was ist denn das Problem?«
»Alexander, bei dem, was ich für dich empfinde - glaubst du, da könnte ich jemals abtreiben?«
Alexander presste die Lippen zusammen. »Nein, natürlich nicht. Warum denn auch? Warum solltest du jemals etwas tun, damit ich Frieden finde?«
Ärgerlich flüsterte Tatiana: »Oh, entweder dein Friede oder dein Kind. Das ist eine schwere Entscheidung.« Sie stellte den Teller mit den Eiern hin und ging.
Sie kam den ganzen Tag nicht wieder. Alexander konnte es nicht ertragen, dass sie böse auf ihn war. Er bat Ina und Dr. Sayers, sie zu rufen, aber offenbar hatte Tatiana zu viel zu tun und konnte nicht kommen. Erst spät am Abend besuchte sie ihn schließlich und brachte ihm eine Scheibe Weißbrot mit Butter. »Du bist wütend auf mich«, stellte Alexander fest, als er das Brot entgegennahm. »Nicht wütend, nur enttäuscht«, erwiderte sie. »Das ist noch schlimmer.« Alexander schüttelte resigniert den Kopf. »Tania, sieh mich an. Wir machen alles genau so, wie du es willst. Wie immer.« Er seufzte tief auf.
Lächelnd setzte Tatiana sich auf die Bettkante und zog eine Zigarette aus der Tasche. »Sieh mal, was ich dir mitgebracht habe. Möchtest du rauchen?«
»Nein«, erwiderte Alexander und zog sie an sich. »Ich möchte deine Brüste an meinem Gesicht spüren.« Er küsste sie und knöpfte ihren Kittel auf.
»Und du zuckst auch nicht wieder entsetzt zurück?« »Komm her. Beug dich über mich.«
Es war dunkel im Krankensaal und alle schliefen. Tatiana zog ihr Hemd hoch. Alexander umfasste ihre vollen, warmen Brüste und drückte sein Gesicht hinein. Tief atmete er ihren Duft ein und küsste sie auf die weiße Haut über ihrem Herzen. »Oh, Tatiascha ...« »Ja?«
»Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch, Soldat.« Sie rieb ihre Brüste leicht an seinem Gesicht. »Ich muss dich rasieren«, flüsterte sie. »Du bist ziemlich stoppelig.«
»Und du bist ganz weich«, murmelte er und nahm eine ihrer Brustwarzen in den Mund. Sie stöhnte leise auf, dann wich sie zurück und zog ihr Hemd herunter.
»Shura, bitte, erreg mich nicht. Die Männer hier werden alle aufwachen, das garantiere ich dir. Sie riechen das Verlangend« »Ich auch«, erwiderte Alexander erstickt. Tatiana knöpfte sich die Uniform wieder zu und umarmte ihn. »Shura«, flüsterte sie, »verstehst du denn nicht? Unser Kind ist ein Zeichen von Gott. Sieh mal, wie oft haben wir uns in Lazarewo geliebt und nichts ist passiert. Und dann kommst du für zwei Tage nach Leningrad und schon bin ich schwanger.« Sie blickten einander schweigend an. Alexander wusste, was sie meinte. Sie hatten sich in Leningrad dem Tod so nahe gefühlt, und doch war in der Zeit neues Leben entstanden. Als ob sie seine Gedanken lesen konnte, fuhr Tatiana fort: »Gott will uns sagen, dass wir weggehen sollen. Spürst du das nicht auch? Er sagt, das ist euer Schicksal! Ich werde nicht zulassen, dass Tatiana etwas passiert, solange sie Alexanders Kind trägt.«
»Ach?« Alexander streichelte zärtlich ihren Bauch. »Sagt Gott das? Warum hast du das denn nicht auch der Frau im Lastwagen auf dem Weg nach Ladoga erzählt, die die ganze Zeit über ihr totes Kind im Arm gehalten hat?« »Ich fühle mich stärker denn je.« Tatiana ging nicht auf seine Bemerkung ein, sondern umarmte ihn. »Wo bleibt dein Vertrauen, großer Mann?«
Alexander wurde mit jedem Tag kräftiger. Mittlerweile konnte er sogar schon aufstehen und ein paar Schritte laufen. Allerdings tat es ihm noch weh, aufrecht zu stehen, denn das Morphium war völlig abgesetzt worden. Er wäre gern auf die Rekonvaleszentenstation verlegt worden, aber Tatiana redete es ihm aus.
»Weißt du«, sagte sie eines Nachmittags zu ihm, »du musst möglichst unauffällig gesund werden. Sonst schicken sie dich doch wieder an die Front zu deinem blöden Granatwerfer.« Sie lächelte ihn an.
Plötzlich sah Alexander, dass Dimitri auf sie zukam. »Pass auf, Tania«, flüsterte er.
»Tatiana! Alexander!«, rief Dimitri aus. »Na,
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