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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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mehr, doch überall waren noch Explosionen und Schüsse von Maschinengewehren zu hören.
    Am Bahnhof setzte Alexander Tatiana ab und sank neben ihr zu Boden. Sie rückte ganz dicht an ihn heran.
    »Müde?«, fragte sie ihn sanft. Er nickte.
    Der Bahnhof war voller Menschen - Frauen mit Säuglingen, alte Leute, alle mit ihren Habseligkeiten bepackt. Alexander nahm den letzten Kanten Brot aus dem Rucksack und teilte ihn mit Tatiana.
    »Nein, du musst es allein essen«, bat sie. »Du brauchst es nötiger als ich.«
    »Hast du denn gestern etwas gegessen?«, fragte Alexander. »Nein, natürlich nicht!«
    »Ich habe die Schokolade gegessen, die du mir gegeben hast.« Sie legte den Kopf auf seinen Arm und schloss die Augen. Alexander legte den Arm um sie. »Du wirst wieder ganz gesund«, versprach er und küsste sie auf die Stirn. »Du wirst schon sehen. Bald geht es dir wieder gut.« Der erste Zug, der kam, hatte nur Viehwaggons, in denen man nicht sitzen konnte. »Möchtest du auf den Personenzug warten?«, fragte er.
    »Nein«, entgegnete Tatiana schwach. »Mir geht es nicht gut. Je schneller ich nach Leningrad komme, desto besser. Lass uns fahren. Ich kann auf einem Bein stehen.« Alexander hob sie auf die Plattform und sprang dann selbst hinauf. Der Waggon war überfüllt von Menschen. Während der Fahrt standen sie ein paar Stunden lang eng aneinander gedrückt. Tatiana hatte den Kopf an Alexanders Brust gelegt und er tat sein Bestes, um sie zu stützen, obwohl er sie wegen der gebrochenen Rippen nicht allzu fest anfassen konnte. Einmal spürte er, wie sie zusammensackte. »Nein, bleib stehen! Bleib stehen!«, flüsterte er eindringlich und hielt sie fest. Die Türen des Waggons blieben während der Fahrt offen, für den Fall, dass jemand abspringen wollte. Der Zug fuhr an Feldern und schmutzigen Landstraßen vorbei, auf denen Ströme von Flüchtlingen mit Handkarren und ihrem Vieh entlangzogen. Alexander betrachtete Tatianas düsteres Gesicht. »Was denkst du, Tatia?«
    »Warum schleppen diese dummen Menschen all ihre Habe mit?
    Wenn ich weggehen müsste, würde ich nichts mitnehmen.«
    Er lächelte. »Und was ist mit all deinem Besitz? Es gibt doch Dinge, an denen du hängst, oder?«
    »Ja. Aber ich würde trotzdem nichts mitnehmen.«
    »Nicht einmal meinen Ehernen Reiter ? Das Buch solltest du doch zumindest immer bei dir haben.«
    Sie blickte ihn lächelnd an. »Ja, das vielleicht. Aber entweder will ich mich retten oder ich mache es dem Feind leicht, indem ich mich so voll packe und nur langsam vorankomme. Meinst du nicht auch, dass man sich genau fragen sollte, was das Ziel ist? Beginnt man ein neues Leben? Oder will man nur das alte irgendwo anders fortsetzen?« »Das sind gute Fragen.« Gedankenverloren blickte sie über die Felder. Alexander beugte sich hinunter, rieb seine Wange an Tatianas kurz geschorenen Haaren und drückte sie ein wenig fester an sich. Ihm war nur noch eins aus seinem früheren Leben geblieben und darüber hinaus existierte Amerika nur noch in seiner Erinnerung.
    »Ich wünschte, ich hätte meinen Bruder gefunden«, flüsterte sie. »Ich weiß«, erwiderte Alexander verständnisvoll. »Ich wünschte, ich hätte ihn für dich gefunden.« Tatiana seufzte schmerzerfüllt und schwieg dann. Am frühen Abend fuhr der Zug in den Warschauer Bahnhof ein. Sie setzten sich auf die Bank am Obvodnoj-Kanal und warteten auf die Straßenbahn Nummer 16, die sie zum Grecheskij-Krankenhaus in der Nähe von Tatianas Wohnung bringen würde. Als die Tram kam, fragte Alexander: »Möchtest du einsteigen?«
    »Nein«, antwortete sie. Die nächste Bahn kam. »Jetzt?«
    »Nein«, sagte sie.
    Auch die dritte Straßenbahn ließ Tatiana vorbeifahren. Sie legte den Kopf an Alexanders Schulter.
    Vier Bahnen kamen und fuhren ab und immer noch saßen sie schweigend dicht nebeneinander auf der Bank.
    »Mit der nächsten Bahn bringst du mich zurück in mein altes Leben«, sagte Tatiana schließlich.
    Alexander blieb stumm.
    Leise aufschluchzend flüsterte Tatiana: »Was sollen wir nur tun?«
    Er schwieg.
    »An diesem Tag bei Kirow, als wir uns gestritten haben, hattest du ... hattest du da einen Plan?«, wollte sie wissen.
    Er hatte sie aus Leningrad fortbringen wollen, weil sie in der Stadt nicht in Sicherheit war. »Eigentlich nicht.«
    Die nächste Bahn kam und fuhr weiter.
    »Shura, was soll ich meiner Familie über Pascha sagen?«
    Er streichelte ihr Gesicht. »Sag ihnen, dass du dein Bestes getan hast.«
    »Aber

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