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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch die Frage, die er nie laut stellen würde: Was hatte Irene diesem Bubrow erzählt? War im Bett wirklich nur von Liebe geredet worden? Waren Meldungen nach Moskau gegangen?
    Der Stachel des Zweifels saß tief. Mit ihm mußte Dr. Ewingk leben.
    Geduld ist die Kunst, zu hoffen, sagte Vauvenargues. Man darf vermuten, daß Ussatjuk diesen französischen Philosophen und Hauptvertreter der Moralisten, einen Freund von Voltaire und La Rochefoucauld, nicht kannte. Er hätte auch gar nicht in seine Ideologie gepaßt, denn für Vauvenargues war der Mensch von Natur aus gut, worüber Ussatjuk nur schallend gelacht hätte. Ein guter Mensch ist nur ein toter Mensch – das hörte sich für Sulfi Iwanowitsch viel vernünftiger und vor allem logischer an. Daß er für den Tod Bubrows viel Geduld investieren mußte, war ihm klar, und daß diese Geduld von der Überzeugung lebte, es werde ihm gelingen, Boris Alexandrowitsch irgendwo auf der Welt zu stellen und zu liquidieren, verstand sich von selbst.
    Nachdem man Bubrow zum Tode verurteilt hatte, sann Ussatjuk zunächst darüber nach, wie man Boris Alexandrowitsch diese lebenswichtige Nachricht zukommen lassen könnte. Nicht, um ihn zu warnen, sondern um ihm die Angst ins Herz zu pflanzen. Von Jahr zu Jahr würde diese Angst wachsen, bis sie zur Panik werden müßte, denn Bubrow wußte nur zu gut, daß Moskau einem Schuldspruch auch die Exekution folgen ließ. Die Zeit spielte dabei keine Rolle. Solange Bubrow lebte, würde er ein Gejagter sein.
    Am einfachsten war es, der CIA einen Wink zu geben. Am besten richtete man ihn an Ronald Cohagen, gleich verbunden mit der Mitteilung, daß auch er ab sofort im Visier lag. Das war zwar nicht die feine Art, aber Ussatjuk hatte keine Lust mehr, im Fall Bubrow auf Strümpfen zu gehen. Hinzu kam, daß ihm von allen Seiten bitterer Spott angetan wurde. So sagte General Butajew zu ihm:
    »Auf dem Papier ist er nun tot, der gute Boris Alexandrowitsch! Das beruhigt ungemein, nicht wahr, Genosse Ussatjuk? Nun darf man wieder schlafen …«
    Und General Nasarow vom Generalstab der Roten Armee, der die Spezialwaffen betreute, worunter auch B- und C-Waffen fielen, ließ sich vernehmen:
    »Ein gerechtes Urteil, nicht wahr? Aber, lieber Sulfi Iwanowitsch, wie wollen Sie es dem verfluchten Verräter zu stellen?«
    Der Mikrofilm, Bubrows Abschiedsgeschenk für sein Vaterland, war ausgewertet worden. Die Tagebuchseiten Irenes enthielten nichts Aufregendes. Interessant war gewiß die Kopulation verschiedener Bakterien zu der unentrinnbaren tödlichen Wirkung. Doch ihre Angaben waren zu ungenau, es fehlten die Laborberichte, die aufzeichneten, wie sich die verschiedenen Bakteriengruppen koppeln ließen. Was Bubrow da geliefert hatte, war nur ein Anfang, dem keine Fortsetzung mehr folgen konnte.
    Ussatjuk entschloß sich, zweierlei zu tun: Er gab tatsächlich der CIA einen Wink, und er bestellte einen Mann zu sich, von dem er wußte, daß man mit ihm alles machen konnte. Es handelte sich um einen jener Fanatiker, denen man nur zu sagen brauchte ›Es ist fürs Vaterland‹ – und schon sind sie bereit, sich beispielsweise als lebende Bombe einsetzen zu lassen.
    Leutnant Ruslan Michejewitsch Strelenko vom Sonderkommando I meldete sich bei Ussatjuk.
    Er war dreiundzwanzig Jahre alt, mittelgroß und geradezu mädchenhaft hübsch.
    Ussatjuk konnte, immer wenn er Strelenko anblickte, nie begreifen, daß wahr sein sollte, was man sich von ihm erzählte: Sag ihm, er soll seiner Großmutter den Hals durchschneiden, es wäre gut für Rußland – er tut es sofort! Bereits fünfmal hatte er als Liquidator gewirkt: in Cuba, wo er zwei unbequeme Politiker im Meer ertrinken ließ, einmal in Paris, wo man in einem Hausflur einen erschossenen Emigranten fand, und zweimal in London, wo Merkwürdiges geschah: Ein Dissident erlag einem Herzschlag im Bordell, ein zweiter stürzte vor die U-Bahn. Man war mit Ruslan Michejewitsch sehr zufrieden.
    »Man hat Sie unterrichtet, Genosse Leutnant?« fragte Ussatjuk, als Strelenko vor seinem Schreibtisch stand. Er wirkte wie ein Mädchen, das Männerkleider trägt. Das schwarze Haar war gelockt und sorgsam frisiert, seine Haut hatte einen leichten Bronzeton, als läge er viel in der Sonne, die schwarzbraunen Augen leuchteten, als streichle ihn gerade ein Liebhaber. Ussatjuk hatte sich genau erkundigt. Nein, Strelenko war nicht schwul, obwohl sein Anblick jeden Schwulen zur Ekstase treiben mußte. Genau das Gegenteil war der Fall;

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