Die Liebenden von Sotschi
weiß-goldener Barocksessel mit Damastbezug. »Das kann doch nicht sein …«
»Sie kannten Bubrow?«
»Sehr gut sogar. Er war oft mein Gast. Ein geistvoller, netter Mensch, der aus Liebe –«
»Sie meinen die Sache mit dem sowjetischen Flugzeug? Alles vom KGB getürkt. Damit sollte Bubrow eine lupenreine Weste kriegen – und das haben ja auch alle geglaubt!« Kommissar Burgstaller sah sich um. »Wollen wir hier in der Diele bleiben?«
»Natürlich nicht. Verzeihen Sie, ich bin total verwirrt!« Dr. Ewingk ging voraus, knipste in seinem Arbeitszimmer, das einer Bibliothek glich, die Lichter an und warf sich in einen tiefen Sessel. Burgstaller setzte sich; er nahm es Dr. Ewingk nicht übel, daß er ihm keinen Platz anbot. Der Mann war total fertig, das sah man.
»Bubrow ein Spion …« sagte Dr. Ewingk heiser. »Unglaublich! Und Irene Walther?«
»Sie ist bei ihm.«
Ewingk fuhr hoch. »Sie wollen doch nicht andeuten, daß Dr. Walther für den KGB tätig war?!«
»Nein. Aber wir wissen nicht, was sie Bubrow alles anvertraut hat.« Burgstaller grinste kumpelhaft. »Man weiß ja, was im Bett so alles erzählt wird. Mit dem Nachthemd fallen auch die Geheimnisse. Man kann sich sogar über Bakterienbomben unterhalten. Die Liebe stört das nicht …«
»Ich – ich halte das für unmöglich«, sagte Dr. Ewingk.
»Was wußte Frau Dr. Walther von den B-Forschungen?«
»Alles!«
»Das haben wir befürchtet. Wieso alles?«
»Bei ihr liefen alle Humanversuche zusammen. Es ist klar, daß wir in dauerndem Erfahrungsaustausch mit anderen Forschungsstellen stehen. Frau Dr. Walther wertete sie aus.«
»Sie war für die Sowjets also ein Spitzenziel?«
»Absolut.« Dr. Ewingk hatte sich etwas gefangen, aber sein Magen schmerzte vor Aufregung; er mußte aufstoßen. »Hat man nachrichtendienstliche Erkenntnisse über sie?«
»Nichts! Bubrow behauptet, von Frau Dr. Walther nichts erfahren zu haben.«
»Das nehme ich ihm ab! Irene würde so etwas nie preisgeben.«
»Könnten private Aufzeichnungen über ihre Forschungen in ihrem Besitz sein?«
»Das halte ich für unwahrscheinlich.«
»Warum?«
»Eben aus der Erkenntnis heraus, wie brisant und wie kriegsentscheidend für den Westen diese Forschungen sein können. Dr. Walther wußte genau, welchen Stellenwert sie hatte. Und sie stand genau am richtigen Platz. Sie hatte mein uneingeschränktes Vertrauen!«
»Und warum hat sie sich nicht Ihnen anvertraut?« fragte Burgstaller.
»Das weiß ich nicht. Ich weiß ja noch nicht einmal, was vorgefallen ist! Wer hat denn Bubrow enttarnt?«
»Niemand. Er ist von selbst gekommen.«
»Was?« Dr. Ewingk starrte Burgstaller fassungslos an. »Bubrow ist ein Überläufer?«
»Mit Dr. Walther im Gefolge. Die CIA hat sie sofort aus dem Verkehr gezogen. Wir hatten kaum Gelegenheit, Fragen zu stellen. Als es brenzlich wurde, griffen die Amis ein. Rüde Burschen! Deshalb hoffen wir, von Ihnen mehr zu erfahren.« Burgstaller beugte sich vor. »Womit experimentieren Sie in Ihren Labors?«
»Keine Antwort!« Dr. Ewingk erhob sich steifbeinig. Sein Magen schmerzte noch immer.
»Mit dieser Einstellung werden Sie sich keine Freunde bei uns machen.«
»Ich bin zu absolutem Stillschweigen verpflichtet. Bevor ich aussage, muß ich erst die Genehmigung des Bundesverteidigungsministers haben und auch das Limit meiner Aussagen. Ich muß wissen, wie weit ich gehen kann. Herr Kommissar, es kommt da etwas an die Öffentlichkeit, was nie an die Öffentlichkeit kommen sollte! Atombombe – gut! Neutronenbombe – auch gut. Da kann man sich die Köpfe zerreden. Aber B- und C-Bomben? Tiefes Schweigen auf allen Seiten! Da sind Ost und West bis auf den feinsten Nerv empfindlich. Denn was da hinter Panzertüren erfunden wird, ist für die meisten Menschen gar nicht mehr faßbar!« Dr. Ewingk ging zu seiner Hausbar, schenkte zwei Gläser mit Kognak ein und nahm mit Burgstaller erst einmal einen tiefen Schluck. »Ohne höchste Erlaubnis sage ich kein Wort.«
Zu Mittag dieses Tages war klar, daß Dr. Ewingk nur zur Person Dr. Irene Walthers aussagen durfte, mehr nicht. Und das war wenig. Er lobte Irene so hoch, daß der Polizeipräsident am Ende sagte:
»Ich bin gespannt, wann man die Dame seligspricht …« Damit war Dr. Ewingk aus dem Rennen. Er blieb zurück mit seiner tiefen Enttäuschung und der Frage, die auch Burgstaller gestellt hatte: Warum war Irene nicht zu ihm gekommen? An ihre wiederholten Urlaubsgesuche dachte er nicht.
Ungelöst blieb
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