Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst
horse, had to work one of the restaurants as well, it’s been a madhouse down there. And why is your thigh so blue, I meant to ask you last night.«
Sie öffnete ihren Morgenrock und musterte den Bluterguss, sie hatte ihn total vergessen, er verfärbte sich an den Rändern jetzt gelbgrün.
»Oh, I hit a door.«
»Someone hit you?«, fragte er und nahm ihr Gesicht fest in die Hände.
»No, no! I only … broke something. It’s not important. I get bruises all the time.«
»You are sure?«
»Yes.«
»You would tell me if you were not sure?«
»No. Kiss me.«
»After my shower.«
Da sie bereits geduscht hatte, setzte sie sich auf den Klodeckel und sah ihm zu, während er sich einseifte und wie ein nasser Hund den Kopf schüttelte. In einem Fünf-Sterne-Hotel gab es, Gott sei Dank, keine Spardusche, das Wasser strömte ungehindert in der mit Marmor gefliesten Duschecke. Er hatte wie ein Pferd gearbeitet und sah auch aus wie ein Pferd, aufrecht auf zwei Beinen, ein hellbrauner Mustang mit nach hinten gebogenem Haupt und wogender Mähne, sie mussten schreien, um sich zu verständigen, seine eingeseiften Hände bewegten sich wie schnelle, kleine Motoren über seinen Körper, rieben und streichelten.
»You … you are from Spain?«
»Yes!«
»How come you speak so good English?«
»Ich spreche auch Deutsch. I studied! Then she became pregnant, and since we are Catholics …«
»But how can you come to me two nights in a row when you have three children?«
»They are at home with their mother. In Madrid!«
Das Wasser sprudelte und gurgelte im Abfluss, der Spiegel war schon fast beschlagen.
»But then you can have as much sex as you want here in Berlin.«
»I don’t do that. I work and sleep. In the daytime I work in a café.«
»But still.«
»Impossible with girls my age! They get all these … feelings. Very dangerous for me! I can lose my job if they come screaming and crying into the bar at night! That happened to another guy working here, and he lost his job!«
Er drehte die Dusche ab, ihr war so schwindlig davon, ihn anzusehen, dass sie Mühe hatte aufzustehen und ihm das riesige Handtuch zu reichen. Er rieb sich die Haare und trocknete sich unter den Armen und im Schritt, dann ließ er das Handtuch zu Boden fallen.
»Are you ready?«, fragte er und schob die eine Hand unter den Morgenmantel.
»Yes. You are ready. Come on, Madam, let’s go to work. You and me are on the night shift.«
52
Sie kaufte im zollfreien Laden V œ rne Gin und Weißwein und Mentholzigaretten für die Nachbarin. Als sie unten die Haustür aufschloss, begegnete ihr einer der Hundenachbarn, mit Kalle. Kalle wedelte mit dem Schwanz und fiepte und wollte ihr das Gesicht ablecken. Er war so riesig, dass er lediglich die Vorderpfoten heben musste, um ihre Schultern zu berühren.
»Sag mal«, fragte sie. »Ist Kalle nett zu Hundebabys?«
»Kommt drauf an«, sagte der Nachbar. »Wenn sie ihn zu sehr nerven, kann er schon streng reagieren. Nichts Gefährliches, aber es kann schon ein bisschen bedrohlich aussehen.«
»Na dann.«
»Warum willst du das wissen?«
»Ach, nur, weil ich gerade etwas schreibe …«
»Ich dachte, du schreibst über Musik.«
»Who let the dogs out!«, sagte sie.
»Ach so. Dann einen schönen Abend noch.«
Von Værnes aus war sie direkt in die Redaktion gefahren, denn obwohl sie zwei Nächte fast nicht geschlafen hatte, war sie nicht müde. Sie schloss die Tür hinter sich ab, legte Pink Floyd ein und ließ Wasser in die Wanne laufen. Als sie sich einen Drink mixen wollte, stellte sie fest, dass sie weder Tonic noch Eiswürfel hatte, was für ein erbärmlicher Logistikfehler. Also mischte sie lauwarmen zollfreien Gin mit kalter Cola light aus dem Kühlschrank, die Willkommensmusik strömte ihr aus dem Wohnzimmer entgegen. Während die Wanne sich füllte, ging sie ins Netz und googelte Salvador Dalí. Sie vertiefte sich lange in den Anblick seiner surrealistischen Bilder und wusste, dass sie niemals an Salva denken würde, ohne zugleich an Dalí denken zu müssen.
Salva hatte nicht gewusst, dass sie an diesem Tag nach Hause fahren würde, er hatte auch nicht gefragt. Als sie am frühen Morgen gesagt hatte, sie müsse jetzt packen, hatte er ihr Gesicht zwischen die Hände genommen, sie auf die Stirn, beide Wangen und am Ende vorsichtig auf den Mund geküsst.
»You have to find love. Real love. Behind your great fucking there is love.«
Sie hatte sich losgerissen und ihren Morgenmantel
Weitere Kostenlose Bücher