Die Liebesfalle
Celestes Stirn. Der bewölkte Nachmittag roch nach Regen. Zielscheiben standen aufgereiht am Ende des weiten Rasens.
»Ich wette zwanzig Pfund, dass sie ins Schwarze trifft.«
»Netter Versuch, alter Junge, aber Sie sind nicht der Einzige, der ihr den ganzen Nachmittag beim Schießen zugesehen hat.«
Celeste belauschte mit einer Mischung aus Genugtuung und Triumph den Wortwechsel zwischen Colonel Halton und Lord Arrowood hinter ihr. Throckmorton hatte ihr nahe gelegt, sich etwas einfallen zu lassen, um ihre Identität zu verheimlichen und so Ellerys gesellschaftliche Stellung zu wahren. Das hatte sie getan, und als die Jäger aus dem Marschland zurückkehrten, bot sich ihnen ein höchst ungewöhnliches Schauspiel.
Celeste hob die Flinte an die Schulter und schoss noch einmal.
Die Kugel traf ins Schwarze.
Lord Townshend, ihr letzter Konkurrent, ließ entmutigt seine Flinte fallen.
Tosender Applaus folgte, durchsetzt von den Hurras einiger junger Herren, die sich wenig aus ihren Schießkünsten machten, aber dafür um so mehr aus ihrer geheimnisvollen Aura und ihren körperlichen Vorzügen. Das war fein. Comte de Rosselin hatte sie gelehrt, die Verblendung, die ihre Schönheit hervorrief, auszukosten, sich dabei jedoch auf ihren Verstand zu verlassen. Sie fand, dass ihr dies glänzend gelungen war, als sie einen Schützenwettbewerb vorschlug.
Lady Philberta hatte die Augenbrauen hochgezogen: »Und mit wem, Miss Milford?«
»Den Gentlemen, die sich nichts aus der Jagd machen«, setzte Celeste an.
»Kolossal!«, fand Colonel Halton.
»Und den Damen, die schießen können«, endete sie.
»Unweiblich«, schnaubte Lord Arrowood.
Sie entkräftete seinen Einwand, indem sie seinen Arm berührte und mit tiefer Stimme an seine Toleranz für jugendlichen Leichtsinn appellierte. »Außerdem«, fuhr sie fort, »hat keine der Damen die geringste Chance, gegen einen Meister wie Sie zu gewinnen.«
Arrowood hatte gedacht, damit läge sie richtig.
Zu Lady Philbertas unübersehbarem Vergnügen, stach Celeste Arrowood in der ersten Runde aus. Und dabei klimperte sie so bezaubernd mit den Wimpern, dass er über sich selbst lachen konnte. Er zog sich zurück, um dem Spaß zuzusehen, während in Zweier- und Dreiergrüppchen die müden Jäger zurückkehrten.
Celeste lächelte und knickste erst vor ihrem fähigen Gegner, dann vor der jubelnden Menge. Es waren wirklich ganz reizende Leute, wenn man sie erst näher kennen lernte. Sie war eine Unbekannte, die Schwächere, und hatte gewonnen – also drückte man sie ans Herz.
»Brava!«
, rief Hyacinth Celeste zu.
Celeste vergaß sich so sehr, dass sie Hyacinth zulächelte. Ihre kurze Bekanntschaft am Tag zuvor hatte Celeste aus der Ruhe gebracht. Nachdem sie zuvor ihre Abneigung gegen das Mädchen kultiviert hatte, mochte Celeste Hyacinth mittlerweile ziemlich gerne. Das war das Schwierige am Umgang mit Menschen. Die Wirklichkeit bekräftigte nicht immer die zuvor gehegten Aversionen.
Immer noch applaudierend trat Lady Philberta an Celestes Seite. »Eine vortreffliche Leistung, Miss Milford. Erzählen Sie uns, wo Sie so gut schießen gelernt haben.«
An Russland.« Celeste ließ sich von Lady Philberta umarmen und wunderte sich, dass Philberta ihr Erscheinen so leichthin akzeptierte. Celeste hätte sich nie träumen lassen, dass die aristokratische Lady Philberta es goutieren könnte, wenn eine Gärtnerstochter ihrem Sohn nachstellte, doch Philberta erwies sich als ausnehmend herzlich. Vielleicht hatte Celeste sich für Schwierigkeiten gewappnet, die es nie gegeben hatte. Sie tönte über den ganzen Rasen hinweg, damit jeder es hören konnte: »Als ich in Begleitung des russischen Botschafters und seiner Gattin nach Russland gereist bin, musste ich feststellen, dass das Land voller Wölfe und anderer, eher menschlicher Schreckensgestalten war.« Sie sah sich mit einem Lächeln um, das die Bedrohung durch Wegelagerer, Mörder und den einen oder anderen Revolutionär, in dessen Augen das Feuer des politischen Eifers leuchtete, herunterspielte.
Eine Bewegung am Rande des Schießplatzes zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Frisch von der Jagd zurück musterte Throckmorton sie eindringlich. Er war von den Stiefeln bis zu den Schenkeln mit Schlamm bespritzt. Sein dichtes, schwarzes Haar stand strähnig von seiner Stirn ab. Er hatte vor Müdigkeit Augenringe, und grimmige Falten umrahmten seinen Mund.
Celeste zog die Augenbrauen hoch und fragte sich, was sie wohl angestellt hatte,
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