Die Liebeslist
mit.“ Sie ging ihm voraus nach draußen in einen windgeschützten, sonnigen Winkel, wo man sich ein Weilchen aufhalten konnte, ohne allzu sehr zu frieren. Eng in den Mantel gehüllt, lud sie Hugh ein, neben ihr Platz zu nehmen. Die Hände in den Schoß gelegt, wandte sie ihm gespannt das Gesicht zu.
„Habt Ihr mich vermisst, Mylady? Seid Ihr zufrieden hier?“
„Ach, da wüsste ich schon, wo ich lieber wäre. Huch, das hätte ich wohl besser nicht gesagt.“
Gutmütig sah er ihr nach, dass sie seiner ursprünglichen Frage auswich. Als er ihre Hände behutsam mit seinen riesigen Pranken umfasste, stellte er erfreut fest, dass sie sich ihm nicht entzog. „Ich werde es auch niemand verraten. Wo wärt Ihr denn lieber?“
„In Salisbury“, gestand sie. „Das Stadtleben hat mir gefallen. Ich glaube sogar, ich würde lieber auf Lower Broadheath wohnen als hier. Hier ist alles so unbequem und rau. Schon während meiner ersten Ehe konnte ich diesem Landstrich nichts abgewinnen.“
„Ihr solltet mir mal in Hereford einen Besuch abstatten“, erwiderte er prompt, da sich die Gelegenheit bot. „Da Ihr das Stadtleben doch so mögt.“
Sie lächelte kläglich, blieb ihm aber eine Antwort schuldig.
„Könnt Ihr Eure Tochter nicht zu einem ehrenhaften Rückzug bewegen? Wo steckt sie eigentlich?“
Petronilla seufzte. „Sie redet, glaube ich, gerade mit der Köchin über etwas Abwechslung in unserem Speiseplan. Diese Woche gab es jeden Tag gesottenes Hammelfleisch. Doch was Eure Frage angeht: nein. Rose wird nicht nach Salisbury zurückkehren. Sie wird sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um sich dem Einflussbereich ihres Bruders zu entziehen. Womöglich ist sie nicht mal hier sicher …“ Stirnrunzelnd blickte Petronilla den Gast an, als wolle sie ihn wortlos bitten, ihre unvorsichtigen Äußerungen ja für sich zu behalten.
„Nicht sicher? Wovor?“
„Ich glaube, Rose sähe es nicht gerne, wenn ich mich Euch in dieser Sache anvertrauen würde.“
„Aber Earl Gilbert ist doch kein übler Bursche.“
„Nein, das nicht gerade. Ach, was kann es schon schaden!“ Unruhig knetete sie die Hände in seinen Pranken. „Da ich mir sowieso schon die Zunge verbrannt habe, kann ich Euch auch den Rest erzählen. Gilbert will Rose zur Ehe zwingen. Er und sein Vater planten die Verbindung schon vor dem Tod meines Gatten. Ein strategisches Bündnis sei das, so meinten sie.“
„Aber wäre das denn so schlimm?“, hakte Hugh nach. „Wie alt ist sie?“
„Bald vierundzwanzig. Es hat zwar auch schon Kandidaten gegeben, aber es wurde nie etwas daraus.“ Augenscheinlich bekümmert, presste die Countess die Lippen aufeinander.
Geschickt brachte Hugh die Rede wieder auf den Punkt. „Wen haben sie denn als Bräutigam auserkoren? Ist der denn gar so schlimm, dass das Mädchen Hals über Kopf die Flucht ergreifen muss? Dass es sich einen Trümmerhaufen wie Clifford als Bleibe aussucht?“
„Und ob!“ Lady Petronilla räusperte sich. „Ralph de Morgan.“
„Ach so!“ Hugh verzog für einen Moment das Gesicht. „Der ist mir bekannt.“
„Dann könnt Ihr Euch sicher vorstellen, dass sie nicht gerade angetan ist.“
„Der wäre auch nicht meine erste Wahl für eine aufgeweckte junge Frau“, räumte Hugh ein. „Und ein Leben auf Builth – au weia! Da sieht es ja noch trüber aus als hier!“ Kaum waren die Worte heraus, da bereute er sie auch schon, denn ein Schatten legte sich über das Gesicht der Countess. Daher verschob er die Fortsetzung des Gesprächs auf später und versuchte, die liebreizende Witwe wieder aufzuheitern. „Der Tag ist zu schön, als über jemanden wie de Morgan zu lamentieren“, meinte er, löste seine Hände von ihren und half Petronilla auf. „Also, zum Teufel mit ihm. Dass Ihr noch hier seid, Mylady, das betrachte ich als Gewinn.“ Er bedachte sie mit einem verschwörerischen Blick, der so gar nicht zu seinem wettergegerbten Äußeren passen wollte. „Die Sonne scheint, es ist kalt, aber herrlich. Wie wäre es mit einem Ausritt? Wir reiten den Fluss entlang bis zur Anhöhe, eine landschaftlich reizvolle Gegend. Wird Euch gewiss gefallen. Begleitet Ihr mich, Petronilla?“ Sie nahm es hin, dass er sie einfach beim Vornamen ansprach. Die Schatten wichen von ihren Zügen, verdrängt von einem warmen Lächeln, das Hugh zu einem jähen „Nein!“ veranlasste.
Erschrocken zuckte sie zusammen; das Lächeln verschwand wie die Sonne hinter den Wolken. „Was –
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