Die Liebeslist
Manieren! So gut es ging, wahrte sie äußerlich die Fassung und sprach das aus, was sie schon von Anfang an hatte sagen wollen. „Wenn es Euch hier nicht behagt – es steht Euch jederzeit frei, Clifford zu verlassen.“
Er zeigte wieder sein Raubtierlächeln. „Ihr werdet Euch noch wundern.“
„Ich weiß nicht, was Ihr meint.“
„Lügt mich nicht an, Rosamund.“ Wieder beugte er sich so weit über den Tisch, dass seine festen, männlichen Lippen nur einen Hauch entfernt waren. Reglos stand sie da. Er hatte sie ja schon in der Käserei geküsst; so gesehen gab es keinen Grund, warum er seine schändliche Tat nicht wiederholen sollte. „Denkt an meine Warnung: Die Tür zu Eurer Kammer ist nicht unantastbar.“
„Und ob sie das ist! Für Euch auf jeden Fall. Verriegelt und verrammelt!“ Allmählich fühlte sie die Angst in sich aufsteigen.
„Ach, meint Ihr?“
„Jawohl! Und von Euch küssen lasse ich mich auch nicht!“
„So? Und wie wollt Ihr das verhindern?“ Zwei wendige Schritte, und er war um den Tisch herum und stand vor Rosamund, ehe sie fortlaufen konnte. Die Hände zu ihren beiden Seiten gegen den Tisch gedrückt, hielt er sie gefangen. „Ich habe Euch gewarnt. Falls Euch meine Avancen nicht passen, geht mir aus dem Weg, und geratet mir nicht dauernd in die Quere.“ Er senkte den Blick auf ihre Lippen, als wolle er sie jeden Moment küssen. Heilige Muttergottes! Wenn er es doch nur täte!
Gervases Stimme wurde zu einem Raunen. „Also, Ihr wisst Bescheid, Lady. Werft Ihr mir weiter Knüppel zwischen die Beine, dann werde ich derjenige sein, der Eure Tür verriegelt. Aber während Ihr drinnen seid. Ich schließe Euch in Eure Kammer ein, wenn es sein muss. Aus Sicherheitsgründen.“ Das Grinsen wurde eine Spur anzüglicher, jedenfalls nach ihrem Gefühl. „Oder ich komme zu Euch herein und sperre von innen ab. Euer Bett reicht doch gewiss bequem für zwei, oder? Die Nächte sind lang und dunkel. Ich wüsste schon, wie man sich da die Zeit vertreiben könnte …“ Das Raunen verwandelte sich in ein Säuseln, für manche Frau sicher verführerisch, doch Rosamund zuckte zurück, denn der drohende Unterton war nicht zu überhören. „Das fände ich höchst … verlockend. Nehmt Euch in Acht, Lady Rosamund!“
Damit ließ er sie stehen und stiefelte davon.
Natürlich war sie für all die Widrigkeiten verantwortlich! Sicher, sie tat zwar immer wie ein Unschuldslämmchen, doch insgeheim war sie das schlechte Gewissen in Person. Das stand ihr regelrecht im hübschen Gesicht geschrieben, als er seine Vorwürfe vorgebracht hatte.
In der Abgeschiedenheit seiner eigenen vier Wände gestattete Gervase sich ein Grinsen, besonders bei dem Gedanken an seine Drohung, Lady Rosamunds Kammer in Beschlag zu nehmen. Kreidebleich war sie geworden – zu seiner diebischen Freude, wie er sich eingestehen musste. Allerdings hatte sie sich schnell wieder gefangen. Verlockend war es allemal, diese Ansage auch in die Tat umzusetzen, selbstverständlich dann, wenn sie gerade in ihrer Kemenate war.
Andererseits: So ganz ehrenhaft fand er sein Verhalten auch wieder nicht. Dass sie mit solcher Ausdauer versuchte, seine Stellung als Burgherr zu untergraben, das nötigte ihm durchaus Anerkennung ab. Dennoch durfte er sich keine Schwachheiten erlauben, mochte es noch so verlockend sein, sich vorzustellen, wie es wäre, sich mit Lady Rosamund in den Laken zu rekeln …
Jedenfalls hatte er ihr nun deutlich gemacht, dass sich etwas ändern musste. Sie würde schon bald merken, dass er weit wirkungsvoller austeilen konnte als sie. In diesem Zusammenhang musste er sich vor allem mal Master Pennard vorknöpfen und ihn ordentlich zusammenstauchen. Höchste Zeit, dass der Verwalter der Burg verstand, wer hier der Herr im Hause war.
Der Wind hatte gedreht. Von Norden brausten Stürme heran, die Schneegestöber und beißende Kälte mitbrachten. Warm angezogen saß Lady Petronilla beim Feuer in ihrem Gemach, wo sie über der Handarbeit ungestört ihren Gedanken nachhängen konnte. Die strebten nämlich beständig in eine Richtung. Mochte sie noch so angestrengt dagegen ankämpfen, so tauchte doch ständig das Bild einer untersetzten Männergestalt vor ihrem geistigen Auge auf. Nicht mehr der Jüngste, doch körperlich gut beisammen; wettergegerbte Haut, blaue Augen, denen kaum etwas entging, lustige Krähenfüße in den Augenwinkeln. Gelassen und humorvoll; das braune Haar schon etwas angegraut, was von Erfahrung und
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